ORF-BÜRGERANWALT, 14.04.2012 MIT VOLKSANWALT DR. PETER KOSTELKA

14. April 2012

Unheilbar krank:

 

Das Leben einer niederösterreichischen Familie hat sich von Grund auf verändert, als bei der damals 30-jährigen Mutter zweier Töchter „ALS“ diagnostiziert wurde. Bei dieser Krankheit namens Amyotrophe Lateralsklerose handelt es sich um eine heimtückische und fortschreitende Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die inzwischen 44-jährige Betroffene muss rund um die Uhr gepflegt werden, kann sich nicht mehr bewegen, nicht sprechen, und muss seit einem Luftröhrenschnitt vor sechs Jahren ständig beatmet werden. Dazu kommt, dass die Kommunikationsmöglichkeiten folglich weitgehend eingeschränkt sind, und die Frau auch künstlich ernährt werden muss.

Dem Wunsch der Betroffenen entsprechend wurden Pflege und Betreuung zu Hause eingerichtet. Seither wohnen zwei Pflegerinnen mit im Haus, um die 24-Stunden Pflege zu gewährleisten. Angesichts dieser umsichtigen Maßnahmen schien die Situation bestmöglich geklärt. Allerdings stiegen Miete-, Pflege- und Lebenserhaltungskosten im Lauf der Zeit beträchtlich, sodass den Einnahmen aus Pflegegeld sowie weiteren staatlichen Zuwendungen in Höhe von ca. 6.500 Euro monatlich ein Minus von 800 – 1000 Euro gegenübersteht. Zwar hatte die Familie versucht, den zuständigen Stellen bei Land und Bund, die schwierige Situation zu verdeutlichen, doch wollte niemand den erhöhten finanziellen Bedarf abgelten. Deshalb wandte sich die Betroffene, zusammen mit der jüngeren Tochter, die noch daheim wohnt, an die Volksanwaltschaft, die sich des Falles annahm. 

In der Studiodiskussion der ORF-Sendung BürgerAnwalt betonte der Vertreter des Landes Niederösterreich, dass es sich um einen einzigartigen Fall in Niederösterreich handle. Darum habe das Land alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um der Familie ein gemeinsames Leben zu Hause zu ermöglichen. Dabei sei diese Vorgehensweise nach Ansicht des Landes teurer als die Unterbringung in einem Pflegeheim, wobei sich die Differenz in den Kosten der einzelnen Maßnahmen auf rund 1100 Euro belaufen würde.

Genau das Gegenteil sei der Fall, kontert Volksanwalt Dr. Peter Kostelka und betont: „Das Bessere ist hier billiger“. Die Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung würde der öffentlichen Hand teurer kommen als die derzeitige Lösung. Deshalb solle das Land auch nach Möglichkeiten suchen, um die Familie weiter unterstützen zu können. Denn auch wenn die Zuwendungen von 6.500 Euro bemerkenswert hoch sind, bleiben der Familie im Moment nur 137 Euro um ihren Lebensaufwand für Essen und Bekleidung abzudecken.

Der Vertreter des Landes Niederösterreich erklärte noch im Studio, dass das Land bereits erste Schritte eingeleitet habe, um die Situation der Familie verbessern zu können. Zum einen könnten aus den Mitteln für die persönliche Assistenz weitere Zuwendungen gewährt werden, zum anderen habe man bereits mit der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Kontakt aufgenommen. Diese werde in den kommenden Tagen eine Fachkraft für Sozialarbeit zur Familie schicken und sich so die Kostensituation nochmals ansehen. Man sei hier also auf einem guten Weg.

Volksanwalt Kostelka verdeutlichte nochmals die schwierige Lage der Familie. Deshalb werde man weiter im Gespräch bleiben, so der Volksanwalt, der sich sicher ist, dass hier eine positive Lösung erzielt werden kann.

Die Volksanwaltschaft blieb aber natürlich an diesem Fall dran, und berichtete in der Sendung vom 23. Juni 2012, in der Rubrik "Nachgefragt" über die neuen Entwicklungen: Mittlerweile hat sich die Lage der Familie etwas entspannt, ist aber noch nicht vollständig gelöst. Das Land Niederösterreich hat seine Zusagen eingehalten und unterstützt die Familie mit weiteren 700 Euro. Für Volksanwalt Dr. Peter Kostelka ein positiver Schritt. Angesichts der weiterhin bestehenden Finanzierungslücke von 300 Euro verspricht der Volksanwalt aber „weiter an der Sache dranzubleiben“.

 

Nachgefragt: Wertlose Ausbildung?

 

Rechtssicherheit brachte die Novellierung des steiermärkischen Jugendwohlfahrtgesetzes im Jahr 2011 nicht, sondern eher Verwirrung bei vielen Personen, die in sozialen Berufen tätig sind. Daher hatte Volksanwalt Dr. Peter Kostelka bereits im Oktober 2011 zwei Fälle präsentiert, in denen die neue Gesetzeslage zum Problemfall wurde. Eine Lern- und Sozialbetreuerin sowie ein Berufs- und Sozialpädagoge, die beide als Erziehungshelfer gearbeitet hatten, konnten ihrer Arbeit durch die Neuregelung der Berufsqualifikation nicht mehr nachgehen. Das führte in beiden Fällen zu schweren finanziellen Einbußen und einer ungewissen Zukunft.

Jetzt berichtete Volksanwalt Kostelka erfreut, dass die beiden Betroffenen wieder als Erziehungshelfer arbeiten können. Seit der Sendung im Oktober wandten sich allerdings 30 weitere Betroffene mit der Bitte um Hilfe an die Volksanwaltschaft, wodurch Volksanwalt Kostelka dieses Thema auch in der Sendung „BürgerAnwalt“ nochmals aufgriff. In dieser Sendung liegt das Augenmerk auf zwei diplomierte Frühförderinnen und Familienbegleiterinnen, die aufgrund der bereits bekannten Verordnung nicht wissen, ob sie auch in Zukunft in ihrem Beruf werden arbeiten können.

Für die beiden Angestellten der Grazer Förderstelle „Humanistische Initiative“ war der Gesetzestext nicht nachvollziehbar. Einerseits steht die Frage im Raum, ob der Begriff „Kindergärtnerin und Horterzieherin“ mit dem Begriff „Kindergartenpädagogin“ gleichzusetzen ist – eine Frage auf die die Betroffene vier Monate lang vergeblich auf eine Antwort der zuständigen Stelle gewartet hatten. Andererseits die Frage, welche Folgen sich aus dem mutmaßlich willkürlich gewählten Datum 1997 - ab dem pädagogische Ausbildungen voll anerkannt werden – für jene Personen ergeben, die ihre Ausbildung bereits davor absolviert haben.

Der Studiodiskussion stellen wollte sich die verantwortliche Abteilung der steiermärkischen Landesregierung offensichtlich nicht, allerdings teilte sie ihren Standpunkt zu den neuen Fällen schriftlich mit. So sei zum einen Kindergärtnerin mit Kindergartenpädagogin gleichzusetzen, zum anderen bei Ausbildungen vor dem Jahr 1997 eine Zusatzausbildung bis 2014 zu absolvieren.

Die vielen offenen Fragen zu dieser Nachschulung sind mittlerweile hinfällig, da eine neuerliche Novellierung der entsprechenden Verordnung ins Haus steht. „ Wenn man vorher nicht nachdenkt muss man nachher mehr arbeiten,“ so Volksanwalt Kostelka zur fehlerhaften Gesetzeslage, die nunmehr bereits die zweite Korrektur erlebt. Dabei soll klargestellt werden, dass jeder Lehramtsabschluss, egal wann dieser absolviert wurde, als ausreichende Qualifikation gilt. „Damit sollten alle Probleme gelöst sein,“ freut sich Volksanwalt Kostelka und betont, dass die Volksanwaltschaft sich natürlich auch ein drittes Mal dafür zur Verfügung stelle sich, um sich für eine neuerliche Novellierung einzusetzen, sollten sich nochmals diesbezügliche Probleme ergeben.