ORF-BÜRGERANWALT, 05.11.2011 MIT VOLKSANWÄLTIN DR. GERTRUDE BRINEK

15. November 2011

Angst vor Raubkatzen als Nachbarn

Anrainer des Kameltheaters Kernhof, einem Tier- und Vergnügungspark, haben Angst. Sie leben in direkter Nachbarschaft mit weißen Tigern, den Publikumsmagneten des niederöster-reichischen Tierparks. Nicht auszudenken, wenn einmal eine Raubkatze auskommt, kritisieren die Anrainer vor allem den Umstand, dass der Park mit den Raubkatzen mitten im Wohngebiet steht. Laut Aussage eines Nachbarn sei es schon mehrmals zu „Spaziergängen“ von aus dem Gehege entwichenen kleineren Tieren gekommen. Nun geht im Ort die Furcht um dass eines Tages die ausgewachsenen Tiger dies gleichtun könnten.  Tierparkbesitzer Josef Eder wiederum versteht die Aufregung nicht: er halte sich an alle Vorschriften, die Tiger-Gehege entsprächen den Sicherheitsstandards. Die Anrainer wiederum vermuten, dass bei der Änderung des Flächenwidmungsplans die Behörden mehr als ein Auge zugedrückt haben. Sie wandten sich an Volksanwältin Gertrude Brinek, welche die rechtlichen Grundlagen des Erlebnisparks sehr genau prüfen hat lassen.

Vor einigen Wochen kamen im Park drei weiße Tigerbabies zur Welt – eine Sensation. Um den neuen Bewohnern den entsprechenden Lebensraum zu verschaffen und den zu erwartenden Gästezustrom zu bewältigen wurde das Gehege neuerlich vergrößert und eine zusätzliche Besuchergalerie errichtet. Unmittelbare Nachbarn beklagen sich über die Lärmbelastung durch die Tigershows und die verminderte Lebensqualität durch die hohe Betonwand welche den Tierpark von den angrenzenden Privatgrundstücken trennt. Auch von Geruchsbelästigung war die Rede.

Die Grundstimmung in der Bevölkerung ist pessimistisch: man fühlt sich vom Land und der Gemeinde im Stich gelassen. Bauverhandlungen seien stets einseitig parteiisch entschieden und niemals auf die Einsprüche eingegangen worden. Der Besitzer des „Kameltheaters“, Herbert Eder, agiere dank seiner guten Beziehungen zur Landespolitik selbstherrlich und vollkommen eigennützig – nachdem er in den Anfängen seines Projekts noch versprochen hatte sich für den Fremdenverkehr und somit das allgemeine Wohl der Gemeinde einzusetzen. Einige der Anrainer haben sich zur „Initiative Kernhof“ zusammengeschlossen, eine Unterschriftenaktion ergab 215 Protestbefürworter unter 360 Bürgern. Einige der Häuser in der Umgebung hätten bereits wesentlich an Wert verloren bzw. seien gar unverkäuflich. Ziel sei es sich mit Herrn Eder zusammenzusetzen und über eine Lösung der Probleme zu verhandeln – der erste Mediatonstermin ist jedoch geplatzt. Der Tierparkbesitzer zeigt sich irritiert über die Vorwürfe da er nicht wisse was man ihm denn zur Last lege, was er nicht rechtens gemacht haben solle. Dennoch betont Herr Eder, keinen Nachbarschaftsstreit vom Zaun brechen und sich an einen „Runden Tisch“ setzen zu wollen. In einer solchen Diskussionsrunde im ORF-Studio betonte der Bürgermeister der Gemeinde dass er nicht verstehen könne warum der Konflikt dermaßen eskalieren konnte da seit 1999 ein gültiger Gemeinderatsbeschluss vorliege bezüglich der Flächenumwidmung des Geländes auf dem sich nun der Tierpark befindet. Ein Jurist der NÖ-Landesregierung meinte dazu dass es ein positives Gutachten gegeben habe wodurch der Genehmigungsbescheid erteilt wurde.

Dieser einhelligen Ansicht widersprach Volksanwältin Brinek: die Flächenwidmungsänderung zur Nutzungsart Grünland-Park mit der Ergänzung „Tier- und Freizeitpark“  sei im Gesetz so nicht vorgesehen. Weiters hätten es die Entscheidungsträger verabsäumt, bereits bei der Einreichung des Projekts Grundlagenforschung zu betreiben sowie Maßnahmen zu setzen die in so einem Fall zu prüfen gewesen wären bezüglich eines möglichen Interessenskonflikts mit den Anrainern. Der Bürgermeister entgegnete dass er damals der Umwidmung zugestimmt habe im Sinne der Ankurbelung des lokalen Fremdenverkehrs. Einer der Fürsprecher der „Initiative Kernhof“ erwiderte dass er ursprünglich auch dafür war, allerdings sei im damaligen Betriebskonzept von einer „maximalen Tierhaltung“ die Rede gewesen und keineswegs von gefährlichen Raubkatzen.  Zum Vorwurf der fehlenden Grundlagenforschung meinte der Landesjurist dass der Verfassungsgerichthof klären müsse ob dies der Fall gewesen sei. Herbert Eder sprach im Zusammenhang mit den Gehegezubauten auf dem Gelände von zeitgemäßen Weiterentwicklungen seines Betriebs. Die Anschuldigungen der Anrainer gegen ihn seien haltlos, außerdem bestehe die Unterschriftenliste der Initiative überwiegend aus nichtortsansässigen Personen.  „Wir haben kein Gehege aus Jux und Tollerei gebaut“, kontert Eder, „es gibt sehr strenge Vorschriften, die haben wir eingehalten.“ Volksanwältin Gertrude Brinek empfiehlt eine Mediation um künftig die ärgsten Spannungen zu verhindern.

Begräbniskosten als Absetzposten

Eine allein stehende und vom Existenzminimum lebende Grazerin wandte sich vor sechs Jahren an die Volksanwaltschaft, weil das Finanzamt von ihr Geld zurückforderte. Sie hatte ihre Ausgaben für das Begräbnis ihrer unerwartet verstorbenen Tochter als „außergewöhnliche Belastung“ von der Steuer abgesetzt. Zunächst hatte die Finanz dies akzeptiert, 2 Jahre später wollte man aber von Frau Sch. das Geld zurück.

Jetzt ist klar: sie muss nichts zurückzahlen, und auch die generellen Regeln sind nun genau definiert. Somit ergab sich für die Beschwerdeführerin eine doch noch halbwegs versöhnliche Lösung, nachdem sie seit 2002 mit dem schweren Schicksalsschlag und den damit verbundenen finanziellen Belastungen konfrontiert war. Sie musste ein eigenes Urnengrab anmieten nachdem auf dem Grazer Friedhof keine Familienbegräbnisstätte bestand und hatte zudem die Kosten für Grabstein und Überführung der sterblichen Überreste zu tragen. Frau Sch. hatte erfahren dass sie diese Ausgaben von der Steuer absetzen könne, demnach reichte sie den Betrag von rund 7300 € als „außergewöhnliche Belastung“ beim Finanzamt ein. Durch den Einkommenssteuerbescheid einige Wochen später erfuhr sie dass ihr knapp ein Viertel der Summe rückvergütet wurden. Nach drei Jahren bekam sie einen Bescheid woraus hervorging dass nach einer neuerlichen Überprüfung rund 365 € zurückzuzahlen seien. 

Frau Sch. fühlte sich durch diese inkonsequente Verhaltensweise seitens der Finanzbehörden vor den Kopf gestoßen und legte sowohl beim Finanzamt Graz als auch beim Unabhängigen Finanzsenat Berufung ein - jedoch wurden beide Beeinspruchungen abgewiesen. Zu diesem Zeitpunkt war die Beschwerdeführerin bereits arbeitsunfähig und durch Privatkonkurs bis aufs Existenzminimum gepfändet worden. In einer Bürgeranwalt-Sendung von 2007 kündigte der damalige Sektionschef im Finanzministerium an dass im Einzelfall aus „Billigkeitsgründen“ der Steuerrückstand von Frau Sch. nachgelassen werden könne.

Generelle Klarheit, welche Ausgaben für ein Begräbnis steuerlich absetzbar sind gibt es allerdings erst seit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. Volksanwältin Brinek begrüßte diese, da sie die Haltung der Volksanwaltschaft unterstütze. Entscheidend sei dass wenn Familien die Kosten für eine Bestattung übernehmen dies nicht allein aus sittlicher Verpflichtung sondern auch aus rechtlicher Verpflichtung geschieht. Daraus sei abzuleiten dass die Angehörigen die Begräbniskosten bis zu einem Betrag von 4000 € beim Finanzamt geltend machen können. Dies tritt dann ein wenn die Summe im Nachlass der/des Verstorbenen nicht abgedeckt sei, ansonsten wäre es aus dem Erbe zu bestreiten. Somit sind künftig solche Kulanzlösungen aus „Billigkeitsgründen“ von vornherein nicht mehr erforderlich und die Rechtslage eindeutig.