ORF-BÜRGERANWALT, 03.03.2012 MIT VOLKSANWÄLTIN MAG. TEREZIJA STOISITS

9. März 2012

Verheiratet - aber wider Willen getrennt

 

Der Wiener Günter N. hat eine philippinische Staatsbürgerin geheiratet, muss jedoch ohne seine Ehefrau leben. Sie darf nicht nach Österreich einreisen, der Antrag auf Aufenthaltsbewilligung ist ausgesetzt – und das seit mehr als einem halben Jahr: Sie sei gar nicht wirklich von ihrem früheren philippinischen Ehemann geschieden, von Bestechung des philippinischen Richters, der die erste Ehe von Frau N. annulliert hatte, sei die Rede, so die Begründung der Österreichischen Botschaft Manila, welche die Ausstellung eines Einreisevisums verweigert.

Stehen die österreichischen Behörden zu Recht auf der "Bremse", wenn sie der Frau die Aufenthaltsbewilligung verweigern? In der Sendung diskutierte Volksanwältin Terezija Stoisits den Fall gemeinsam mit Herrn N., der Leiterin der für Aufenthaltstitel zuständigen Magistratsabteilung 35, Beatrix Hornschall, und dem Sprecher des österreichischen Außenministeriums, Peter Launsky-Tieffenthal.

Die Volksanwältin betonte, dass Günter N. alles richtig gemacht habe und das Paar an der Aussetzung der Verfahren auf Visum- und Aufenthaltsbewilligungserteilung kein Verschulden treffe. Darüber hinaus sei der Umstand, dass das Außenministerium seit 2006 unabhängig von der für die Aufenthaltsbewilligung zuständigen Behörde zusätzlich ein Einreisevisum erteilen müsse, ein Zusammenspiel zweier Behörden, welches Angelegenheiten wie den Fall von Günter N. und seiner Frau verkompliziere. Die Österreichische Botschaft Manila habe einen Vertrauensanwalt hinzugezogen, der die Annullierung der ersten Ehe von Frau N. und damit die Rechtsgültigkeit der Ehe mit Günter N. im Sinne des philippinischen Rechts überprüfen sollte, so die Vertreterin der MA 35 und der Sprecher des Außenministeriums. Volksanwältin Stoisits forderte, der Frau des Beschwerdeführers möglichst bald die Einreise und damit dem Ehepaar das Zusammenleben zu ermöglichen – der "Bürgeranwalt“ wird nachfragen.

Die Volksanwaltschaft blieb aber natürlich an diesem Fall dran, und berichtete in der Sendung vom 12. Mai 2012, in der Rubrik "Nachgefragt" über die neuen Entwicklungen:: Der Wiener Günter N. darf jetzt endlich seine Ehefrau in die Arme schließen und mit ihr in Wien leben.  Volksanwältin Stoisits ist erfreut, dass dem Eheleben der beiden nun keine Hindernisse entgegenstehen, ein schaler Beigeschmack bleibt jedoch: hätte sich Herr N. nicht an die Volksanwaltschaft gewandt, hätte die Lösung des Problems wahrscheinlich noch länger auf sich warten lassen.

 

Nachgefragt: Lehrlingsausbildung

 

Im vergangenen Jahr berichtete der Bürgeranwalt  über die Streichung der Förderung über 3.000,- Euro für den sogenannten Ausbildungsnachweis zur Hälfte der Lehrzeit. Die mit den geringeren Mitteln des Insolvenzfonds argumentierte Kürzung trifft besonders viele kleinere und mittlere Betriebe, welche damit auf kalkulierte Einnahmen verzichten mussten und den Anreiz verlieren, Lehrlinge in ihrem Betrieb zu Fachkräften auszubilden.

Die 3.000,- Euro Förderung gibt es noch immer nicht. Der Fall des Grazer Goldschmieds, welcher für seinen Goldschmiedlehrling im zweiten Lehrjahr keine Förderung mehr bekam, zeigt, dass keine Lösung oder zumindest Übergangslösung für solche Fälle gefunden werden konnte. Zwar wurde ein Ausschuss einberufen, der sich der Problematik annehmen sollte, Ergebnisse liegen noch keine vor.

Eine Weiterentwicklung in Richtung qualitätsbezogene Unterstützung der Ausbildung erfolgte allerdings mit der am 1. Jänner 2012 in Kraft getretenen Novelle zum Berufsausbildungsgesetz. Diese ermöglicht, einen Teil der aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds zur Verfügung stehenden Mittel durch eine (eigene) Richtlinie des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend für gezielte Maßnahmen zur Unterstützung der Lehrbetriebe und des dualen Ausbildungssystems insgesamt zu verwenden. „Die Volksanwaltschaft wird die Entwicklung genau beobachten“, so Volksanwältin Stoisits.