Nummerntrikots für Kitesurferinnen und Kitesurfer

28. Juni 2014

Ein seit Jahren begeisterter Kitesurfer am Neusiedler See wandte sich stellvertretend für eine Mehrzahl an betroffenen Wassersportlerinnen und -sportlern an die Volksanwaltschaft. Er berichtet, dass für „Kiter“ bereits 2009 vom Landeshauptmann eine eigene Verordnung erlassen wurde. Danach ist das Kitesurfen nur zwischen 10. Mai und 20. September zulässig. Zudem gibt es für den gesamten Neusiedler See eine weitere Einschränkung, wonach das Kitesurfen im Bereich von weniger als 200 Meter zum Ufer verboten ist. Die Einführung dieses Mindestabstands zum Ufer soll die Sicherheit von Badegästen und anderen Nutzerinnen und Nutzern des Neusiedlersees gewährleisten. An der Sicherheit der Gäste des Neusiedler Sees sind auch die Wassersportbegeisterten interessiert und es halten sich nach Wahrnehmung des Betroffenen fast alle an diese Regelung. Eine vermehrte Dichte an Unfällen zwischen „Kitern“ und anderen Gästen des Neusiedler See gebe es nicht.

Anlass zur Kritik gibt, dass die Betreibergesellschaften, die den Zugang zum See in Podersdorf und Neusiedel verwalten, ausschließlich für das Kitesurfen eine zusätzliche personenbezogene Regelung geschaffen haben. Seit Beginn der Saison 2014 sind Kitesurferinnen und -surfer nämlich verpflichtet, gegen Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises und Erlegen einer Kaution ein Nummerntrikot zu erwerben, das während der Dauer der Ausübung des Kitesurfens getragen werden muss. Diese Nummerntrikots haben je nach Strandabschnitt und Kiteschule unterschiedliche Farben. Zudem sind die Trikots mit Nummern und diversen Aufdrucken versehen, sodass die Sportlerinnen und Sportler unfreiwillig zu Werbeträgerinnen und -trägern werden. Diese Ungleichbehandlung stößt auf Unverständnis. Sie sehen sich zudem mit gezielten Anzeigen der privaten „Sheriffs“ konfrontiert, da die Kitesurferinnen und -surfer beim Erwerb der Nummerntrikots ihre Personaldaten bekannt geben und Ihre Zustimmung zu weiteren Verwendung dieser Daten – insbesondere zur Strafverfolgung - erteilen müssen. Die selbsternannten „Sheriffs“ greifen auf diese Personaldaten zu, um Anzeigen zu erstatten. Kritisiert wird ebenso, dass für "Kiter" lediglich ein sehr kleiner Strandabschnitt ohne Sanitäranlagen zu Verfügung gestellt werde.

Diese Nummerntrikots, so das Argument der Betreibergesellschaften in Podersorf, wären nötig, um Verstöße gegen die Verordnung des Landeshauptmanns besser verfolgen zu können. Manche „Kite-Rowdys“ würden nämlich den Mindestabstand zum Ufer missachten und somit die übrigen Badegäste gefährden.

Dieses Argument lässt Volksanwältin Brinek nicht gelten. Es sei nicht zu rechtfertigen, dass lediglich die Ausübenden einer bestimmten Wassersportart zum Tragen der Trikots verpflichtet werden, wohingegen andere Wassersportlerinnen und -sportler von der Regelung ausgespart bleiben. Zudem ist es für Volksanwältin Brinek problematisch, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der privaten Betreibergesellschaften „als selbsternannte Sheriffs Anzeigen tätigen, die dann zu Verwaltungsstrafverfahren führen.“ Es obliegt nicht Privaten, sondern der Wasserpolizei für Recht und Ordnung auf öffentlichen Gewässern zu sorgen. Brinek fragt zudem, „welche Gegenleistung wird den Kitesurferinnen und -surfern für die Bezahlung des Eintrittspreises gewährt?“ Ein viel zu kleiner Strandabschnitt für hunderte Surferinnen und Surfer, an dem bis vor kurzem nicht einmal eine Sanitäranlage zur Verfügung stand, sei wohl keine adäquate Gegenleistung. Sie fordert die Gemeinde auf, ihre Vorgehensweise in Bezug auf „Kiter“ umgehend zu überdenken.

Wer zahlt Sachschaden nach Sturm?

Im März verursachten Stürme in ganz Österreich massive Schäden. In Niederösterreich wurde vor einer Reihenhausanlage ein großes Carport aus der Verankerung gerissen und dadurch ein Auto beschädigt. Der Autobesitzer wandte sich an die Gemeinde, da er den Abstellplatz von ihr gemietet hatte, und ersuchte um Übernahme der Reparaturkosten. Doch die Gemeinde bzw. deren Versicherung beriefen sich auf „höhere Gewalt“ und verweigerten die Zahlung des Schadens. Bleibt der Autobesitzer auf den Reparaturkosten sitzen?

Im März 2014 fegte ein Sturm über Österreich und richtete an vielen Orten verheerende Schäden an, so auch in der Gemeinde Breitenau in Niederösterreich. Ein Betroffener wandte sich an die Volksanwaltschaft, da das Carport, welches die Gemeinde errichten hat lassen und an ihn  vermietet hat, durch den Sturm aus der Verankerung gerissen wurde und das abgestellte Auto seines Sohnes stark beschädigte. Ein eingedrücktes Dach, diverse Dellen und Lackschäden an dem Auto des Betroffenen waren die Folgen des eingestürzten Carports. Ein Sachverständiger bezifferte den entstandenen Schaden an dem Fahrzeug mit einer Schadensumme von EUR 1.990,56.

Besagtes Carport war lediglich mit Eisenstehern in den Asphaltboden eingesetzt -  ohne feste Verankerung. Somit hatte der Wind ein leichtes Spiel, die Konstruktion aus dem Boden zu heben. Die Gemeinde weigerte sich jedoch den entstandenen Schaden zu ersetzen. Sie verwiesen darauf, dass der Schaden an dem Auto durch ein unabwendbares Naturereignis verursacht wurde, da am Unfalltag Windgeschwindigkeiten bis zu 105 km/h geherrscht hätten.

Das Verhalten und die vorgerbachten Argumente der Gemeinde konnten von Volksanwältin Gertrude Brinek nicht nachvollzogen werden. „In diesem Fall kann sich die Gemeinde nicht auf höhere Gewalt berufen“, so die Volksanwältin, „sondern muss für den entstandenen Schaden aufkommen, da das gegenständliche Carport augenscheinlich nicht fach- und sachgerecht errichtet wurde“. Entsteht ein Schaden aufgrund einer mangelhaften baulichen Anlage, wie im gegenständlichen Fall, haben die für den Bau Verantwortlichen den Schaden zu ersetzten. Es ist keinesfalls einzusehen, dass die Gemeinde unter Hinweis auf ein unabwendbares Naturereignis Schadenersatzzahlungen für Schäden verweigert.

Der Forderung von Volksanwältin Brinek wurde Recht gegeben: Die Gemeinde teilt mit, dass die Schadenersatzforderung vollinhaltlich anerkennt und dem Betroffenen die kalkulierten Reparaturkosten in voller Höhe erstatten wird.

In der Zwischenzeit hat die Gemeinde Breitenau ein neues Carport errichtet. Dieses wurde, im Gegensatz zu dem ersten Carport, mit einem massiven Betonfundament versehen und die Träger wurden zusätzlich mit jeweils vier im Zement eingelassenen Schrauben abgesichert.