Nationalrat diskutiert Jahresbericht 2010

21. September 2011

Die Volksanwaltschaft kümmerte sich 2010 um die Anliegen von mehr als 15.000 Personen; 6.600 Prüfverfahren wurden eingeleitet, um behördliche Entscheidungen zu kontrollieren. Der Jahresbericht 2010 wurde im Volksanwaltschaftsausschuss des Parlamentes behandelt und in der Plenarsitzung des Nationalrates am 21. September 2011 präsentiert.

Nach einer Einführung von Ausschussobmann-Stellverteter Fazekas, der sich ausdrücklich  bei den Volksanwältinnen und dem Volksanwalt als kompetente Ansprechpartner für legistische Anregungen bedankte, diskutierten die Abgeordneten des Hohen Hauses über die Leistungsbilanz der Volksanwaltschaft sowie über Sachthemen die im Jahresbericht 2010 besondere Aufmerksamkeit erfuhren. Insgesamt 15.265 Menschen wandten sich 2010 mit ihren Anliegen an die Volksanwaltschaft. Im Vergleich zu den bereits hohen Zahlen der Vorjahre bedeutet das einen neuerlichen Anstieg. Auch die Zahl jener Fälle, in denen sich Personen ganz konkret von einer Behörde schlecht behandelt oder unzureichend informiert fühlten, stieg signifikant um mehr als acht Prozent auf 11.198 (2009: 10.320). 

Die Volksanwaltschaft leitete insgesamt 6.613 Prüfverfahren ein, in 17,3 Prozent der Prüfverfahren stellte die Volksanwaltschaft einen Missstand in der Verwaltung fest. Auch hier ergab sich im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um sechs Prozent (2009: 6.235). In 59,1 Prozent aller Beschwerden über Behörden veranlasste die Volksanwaltschaft eine detaillierte Überprüfung. In knapp über 4.000 Fällen ging es im Berichtsjahr um Fragen außerhalb des Prüfauftrages der Volksanwaltschaft. In diesen Fällen gaben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rechtliche Auskünfte und standen für zusätzliche Informationen zur Verfügung.

Insgesamt konnten im Berichtsjahr 7.949 Prüffälle abgeschlossen werden – das sind 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Durchschnitt dauerte ein Prüfverfahren im Jahr 2010 46 Tage.

Insgesamt führte die Volksanwaltschaft 4.125 Prüfverfahren in der Bundesverwaltung durch. Wie auch schon in den vergangenen Jahren fanden die meisten Beschwerden und Prüfverfahren im Sozialbereich statt, für den Volksanwalt Dr. Peter Kostelka verantwortlich zeichnet. Mängel bei der Pflegegeldeinstufung, Probleme bei den Pensionszeiten oder Beschwerden rund um das Arbeitslosengeld betreffen besonders viele Menschen. Insgesamt fanden knapp über 30 Prozent aller Prüfverfahren im Sozialbereich statt. Zuständig sind hier neben dem Arbeits- und Sozialministerium die Versicherungsträger sowie das Arbeitsmarktservice.

Die Volksanwaltschaft begrüßte den Beschluss des Pflegereformgesetzes da das Thema Pflege im Zentrum der Beschwerden im Sozialbereich steht. Bezüglich der Jugendwohlfahrt wurden Defizite im Personalstand sowie der Weiterbildung festgestellt welche sich auf Dauer zu Lasten des Kindeswohles auswirken könnten.  

Insgesamt 708 Beschwerden über die Justiz wurden 2010 an die zuständige Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek gerichtet. Demnach fanden 17 Prozent aller Prüfverfahren in diesem Bereich statt. Somit ist hier zum zweiten Mal in Folge ein Rückgang der Beschwerden zu erkennen. Die Kontrollzuständigkeit der Volksanwaltschaft betrifft die Bereiche der Justizverwaltung, der Staatsanwaltschaften, des Strafvollzuges und die Prüfung von Verfahrensverzögerungen. Ein großer Teil der Beschwerden bezog sich aber auch 2010 auf Akte der unabhängigen Rechtsprechung. Volksanwältin Brinek betonte in ihrer Stellungnahme vor den Abgeordneten dass insbesondere Beschwerden zum Sachwalterrecht zunahmen was eine verstärkte Aufklärungsarbeit der Parlamentarier erforderte um eventuelle Falschauffassungen in der Bevölkerung zu vermeiden. Sie empfahl weiters die Volksanwaltschaft als unabhängiges Expertengremium bei der Ratifizierung des Zusatzprotokolles zur UN-Anti-Folter-Konvention (OPCAT) welche in Österreich für 2012 geplant ist.

Im Bereich innere Sicherheit, für den Volksanwältin Mag.a Terezija Stoisits verantwortlich zeichnet, kam es mit 781 Beschwerdefälle zu einem signifikanten Anstieg des Beschwerdeaufkommens um mehr als 60 Prozent (2009: 474). Hauptverantwortlich dafür ist wie in den vergangenen Jahren die Zahl der fremden- und asylrechtlichen Beschwerden. Diese betrafen nicht ausschließlich das Innenministerium und diesem unterstellte Behörden, sondern vor allem auch den Asylgerichtshof bzw. den Unabhängigen Bundesasylsenat. Volksanwältin Stoisits lobte in ihrer Rede im Hohen Haus die Sendung „Bürgeranwalt“ trotz großer Konkurrenz als Erfolgsmodell  des ORF, wies aber gleichzeitig darauf hin dass ein besserer Sendeplatz  noch mehr jüngere Zuseherinnen und Zuseher gewinnen könnte. Sie kritisierte dass das  Bundesministerium für Inneres auf eine kollegiale Missstandsfeststellung der Volksanwaltschaft bezüglich rechtswidriger Vorfälle in einem Asylverfahren mit einer Gesetzesänderung reagiert hatte welche im Nachhinein die unrechtmäßigen Amtshandlungen legitimierte.

Die Volksanwaltschaft kontrolliert in sieben von neun Bundesländern auch die Landes- und Gemeindeverwaltung und berichtet darüber den jeweiligen Landtagen in gesonderten Berichten. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr in der Landes- und Gemeindeverwaltung 2.487 Fälle geprüft, die Fallzahlen sind dabei konstant geblieben. Schwerpunkte waren wieder die Bereiche Raumordnung und Baurecht, Sozialhilfe und Jugendwohlfahrt so wie Gemeindeangelegenheiten.