Kritik an überlangen Asylverfahren

23. Februar 2013

Eine junge Familie flüchtete bereits vor zehn Jahren aus der Türkei nach Österreich. Dem Vater drohen in der Türkei eine mehrjährige Haftstrafe und Folter. Das Asylverfahren der Familie ist bereits seit 2003 anhängig.

Das Bundesasylamt lehnte ihren Antrag 2007 ab, worauf die Familie Berufung einlegte. Zu einer Verhandlung kam es erst im Oktober 2011. Seither wartet die nunmehr fünfköpfige Familie auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag. Die Mutter beklagt, dass sie in ständiger Angst vor einer Abschiebung und in Ungewissheit über ihre Zukunft leben müssten. Dabei hätten sie sich bestens im burgenländischen Güssing integriert. Die drei Kinder sind in Österreich aufgewachsen und kennen die Türkei nur mehr aus Bildern.

Die Situation der türkischen Familie ist kein Einzelfall. Bei diesen sogenannten Altfällen handelt es sich um Asylverfahren, die der Unabhängige Bundesasylsenat an den Asylgerichtshof, der 2008 eingerichtet wurde, weitergereicht hat. Nach dem Willen des Gesetzgebers hätte über diese Fälle bis Ende 2010 entschieden werden sollen. Dennoch warten noch immer hunderte Personen auf den Ausgang ihres Asylverfahrens.

In der Sendung begründet der Vizepräsident des Asylgerichtshofes, Mag. Volker Nowak, die lange Bearbeitungszeit mit der Schwierigkeit von Asylverfahren. Diese würden zu den aufwändigsten Ermittlungsverfahren im Verwaltungsbereich gehören. Denn Sachverhalte im Ausland sind nur schwer ermittelbar. Außerdem habe der Asylgerichtshof von der Vorgängerorganisation 25.000 unerledigte Asylverfahren geerbt. „Dazu kommen jährlich noch 10.000 neue Verfahren, die bearbeitet werden müssen. Insgesamt sind von den Verfahren bereits 83 Prozent abgeschlossen und von den Altfällen sind nur noch wenige hunderte offen“, erklärt Vizepräsident Nowak.

Volksanwältin Mag.a Terezija Stoisits kritisiert, dass das Präsidium des Asylgerichtshofes auf die möglichst schnelle Erledigung der Verfahren achten müsse. „Hunderte Menschen richten sich an die Volksanwaltschaft, da in ihren Asylverfahren über lange Zeit keine Fortschritte bemerkbar sind. Dabei sind wir nur die Spitze des Eisberges, denn nicht jede betroffene Person geht zur Volksanwaltschaft.“ Volksanwältin Stoisits betont, dass sich die Kritik nicht gegen die dort arbeitenden Richterinnen und Richter wende, die ohnehin mit Hochdruck an der Bearbeitung der Fälle arbeiten würden. Vielmehr bestehe ein Problem in der Struktur des Asylgerichtshofes. „Es liegt in der Verantwortung des Präsidiums zu sagen, dass mehr Personal und Unterstützung notwendig ist.“

Die Volksanwaltschaft appelliert an einen möglichst baldigen Abschluss der Altfälle. Für die türkische Familie wäre eine schnelle Entscheidung wesentlich. Dann könnte sie einen Antrag auf humanitäres Bleiberecht stellen, wofür die Familie die Voraussetzungen erfüllen würde. Volksanwältin Stoisits: „Die Familie wird vom Asylgerichtshof an ihrem Fortkommen gehindert. Eine Entscheidung über ihr Asylverfahren ist notwendig, damit sie ihre Zukunft planen kann.“

 

Nachgefragt: Schadenersatz für Unfallopfer

Ein 47-jähriger Mechaniker aus Wien ist seit einem Unfall im Jahr 2008 arbeitsunfähig. Sein Chef fuhr ihn in der KFZ-Werkstätte mit einem Kundenfahrzeug nieder und verletzte ihn dabei schwer. Die Polizei verabsäumte es jedoch, das Kennzeichen des Unfallfahrzeuges festzuhalten. Diese mangelhaften polizeilichen Ermittlungen hatten zur Folge, dass der Betroffene keine Ansprüche gegen die Haftpflichtversicherung des Unfallfahrzeuges geltend machen konnte. Der Dienstgeber und Unfalllenker ist durch das sogenannte „Dienstgeberhaftungsprivileg“ geschützt und würde nur bei vorsätzlicher Schädigung haften.

Der Betroffene kämpft deshalb seit viereinhalb Jahren um Schadensersatzansprüche. Neben den körperlichen Schmerzen plagen den Mechaniker Existenzängste. Denn er bestritt alleine den Lebensunterhalt für seine Frau und den zwölfjährigen Sohn. Die Familie lebt seitdem von einem befristet gewährten Pensionsvorschuss.

Der  „ORF-Bürgeranwalt“ berichtete erstmals im Oktober 2011 über diesen Fall. Volksanwältin Mag.a Terezija Stoisits kritisierte in der damaligen Sendung, dass die Polizei bei diesem Unfall den Sachbeweis, also das Kennzeichen des Unfallautos, nicht ermittelt und somit die Opferrechte geschmälert hätte.

Inzwischen bekam die Familie Unterstützung vom Fachverband der Versicherungsunternehmen. Dieser ist zu Entschädigungsleistungen verpflichtet, wenn die primär haftpflichte Person nicht ermittelt werden kann. Erst durch einen Brief der Volksanwaltschaft überprüfte der Versicherungsverband den Fall genauer und sagte schließlich die Auszahlung einer finanziellen Entschädigung zu.

„Die Entscheidung des Versicherungsverbandes ist sehr erfreulich. Auch das Innenministerium hat reagiert und will die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten durch Schulungen besser auf korrektes Handeln bei Unfällen vorbereiten“, so Volksanwältin Stoisits.


Die Sendung kann auch eine Woche nach Ausstrahlung in der ORF-TVTHEK abgerufen werden.