Kostelka: Teure Spezialnahrung

22. Mai 2010

ORF-Sendereihe "Bürgeranwalt" - Ausstrahlung vom 22.5.2010

Der 19 Monate alte Luca leidet unter schwerer Neurodermitis und an einer hochgradigen Nahrungsmittelallergie auf Hühnereiweiß, Milcheiweiß, Weizenmehl und Roggenmehl. Es besteht auch eine leichte Sensibilisierungsstörung auf Soja. Der Teufelskreis aus Juckreiz, Kratzen und Entzündungen ist schwer zu durchbrechen. Jede Berührung der Haut und jeder Kontakt kann allergische Reaktionen hervorrufen. Ein strenger Diätplan mit einer sehr eingeschränkten Lebensmittelauswahl aus dem Reformhaus muss deshalb eingehalten werden. Daneben wird dem Kleinkind auf ausdrückliche Empfehlung der Universitätskinderklinik Graz weiterhin eine teure Spezialnahrung verabreicht.

Neben der permanenten Beaufsichtigung des kranken Kleinkinds und der seelischen Belastung haben die Eltern 2009 und 2010 bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse auf die ihnen entstehenden krankheitsbedingten Kosten hingewiesen. Während ihnen belegbare Aufwendungen für den Säugling erstattet wurden, ist für 2010 der Zuschuss für die teure Spezialnahrung abgelehnt worden. Die Gebietskrankenkasse rechtfertigte ihr Vorgehen damit, dass Luca im Gegensatz zum Vorjahr nun kein „Flaschenkind“ mehr sei und im Rahmen der ihm verordneten Diät wie andere Kleinkinder mit Breikost uä. gefüttert werden könnte.

Volksanwalt Dr. Peter Kostelka kritisierte diese Haltung: „Die Universitätskinderklinik stellte von sich aus den Antrag auf Kostenzuschuss für die Spezialnahrung, weil Luca wegen anders nicht vollwertig ernährt werden kann. Eine Krankenbehandlung mit Arzneimitteln dieser Kategorie ist möglich, wenn und weil die Aufnahme von Nährstoffen in ausreichendem Maß durch die Regelernährung aus medizinischen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist." Ein Vertreter der Gebietskrankenkassa lehnte das ab. Ein Kostenzuschuss könnte der Familie aber aus dem Unterstützungsfonds der steirischen Gebietskrankenkasse zustehen. Volksanwalt Dr. Peter Kostelka: „Die Familie hat nicht die Zeit, sich das Recht bis zum Obersten Gerichtshof zu erstreiten. Daher ist das Angebot eines Zuschusses aus dem Unterstützungsfonds sicher gut für die Familie. Aber eigentlich handelt es sich in diesem besonderen Fall um eine Pflichtleistung.“

Finanzamt fordert von "Tourette"-Krankem 16.500 Euro Familienbeihilfe zurück

Der 24-jährige Thomas leidet seit seinem 14 Lebensjahr massiv unter dem Tourette-Syndrom, einer neuropsychiatrischen Erkrankung. Als Heranwachsender stieß er in der Öffentlichkeit und in der Schule auf viel Unverständnis und Ablehnung, was wiederum zu einer Verstärkung der Auffälligkeiten führte. Aufgrund dieser schwerwiegenden Erkrankung wurde den Eltern ab Juni 1999 die erhöhte Familienbeihilfe gewährt. Niemand glaubte, dass er trotz seiner 50% Erwerbsminderung den Berufseinstieg schaffen würde. Doch Thomas absolvierte eine Lehre als Gärtner. Er ergriff dann auch die Chance, in seinem Beruf zu arbeiten und zog aus dem Elternhaus aus.

Die Familie verständigte das Finanzamt von der Arbeitsaufnahme, wies auf die Selbsterhaltungsfähigkeit des Behinderten ausdrücklich hin und bat um Überweisung der gebührenden Leistung auf das Konto des Sohnes. Das Finanzamt hat in der Folge aber lediglich den Wohnsitzwechsel zur Kenntnis genommen und ohne Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen weiterhin die erhöhte Familienbeihilfe angewiesen.

Die Krankheit verschlechterte sich ab Arbeitsantritt zusehens. Thomas wurde gekündigt und zog wieder nach Hause. Von der Setzung von zwei Elektroden im Gehirn und mit einem Impulsgeber, der im Bauchbereich unter die Haut eingesetzt wurde, erwartet sich der Behinderte eine deutliche Linderung seines Grundleidens. Komplikationen im Zuge dieser Operation bewirkten aber eine Lähmung eines Beines. Thomas wird aktuell eine 100% Erwerbsminderung attestiert. 1.700 Euro kostet die Betreuung und die Therapien des „Tourett“-Kranken nun monatlich. Aus allen Wolken fielen die Eltern, als zudem das Finanzamt im Februar 2010 für 5 Jahre rückwirkend plötzlich 16.500,-- rückforderte und vermeinte, dass die Familienbeihilfe schon ab Jänner 2005 nicht mehr gebührt hat.

Volksanwalt Dr. Peter Kostelka ist empört: „Die Familie hat die Meldepflicht nicht verletzt und war nicht Schuld an der Überzahlung. Wäre man der Meldung der Eltern nachgegangen, hätte es das Finanzamt selbst in der Hand gehabt, Einkommensgrenzen zu prüfen. Jetzt auf die Rückforderung zu bestehen, obwohl die Eltern aktuell nicht wissen, wie sie die laufenden behinderungsbedingten Mehraufwendungen finanzieren sollen, ist unzumutbar.“ Kurz vor der Aufzeichnung erhielt die Redaktion des „Bürgeranwalt“ eine Nachricht vom Pressesprecher der Staatssekretärin Marek im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend: Der Meinung der Volksanwaltschaft werde gefolgt. Die Rückforderung sei tatsächlich unbillig und die Familie wird von jeder Rückzahlungsverpflichtung enthoben. „Das ist eine Zeichen dafür, wie wichtig diese Fernsehsendung in Notlagen letztlich ist“, sagte Volksanwalt Dr. Peter Kostelka.