KOSTELKA: UNRICHTIGE GESETZESAUSLEGUNG BEHINDERT NICHTRAUCHERSCHUTZ

19. September 2011

Manchmal mahlen die Mühlen bei der Umsetzung des Tabakgesetzes besonders langsam. Im Jahr 2005 hatte sich Herr B aus Wien bei der MA 15 (Gesundheitsdienst) der Stadt Wien über die Nichteinhaltung des Nichtraucherschutzes im öffentlichen Bereich eines Einkaufszentrums beschwert. Konkret beanstandete er u.a. einen stark verrauchten Raum im Obergeschoß eines Lokals, das direkt in die Einkaufszone übergeht. Wann immer er vorbeigehe – zuletzt im Frühjahr 2011 - befänden sich Aschenbecher auf den Tischen und sind rauchende Gäste unübersehbar. Dieser illegale Dauerzustand sei der MA 15 schon seit Jahresbeginn 2005 bekannt und es werde nichts dagegen unternommen, so Herr B., der sich empört an die Volksanwaltschaft wandte.

Als er - betreffend des erwähnten und noch eines weiteren Lokals im selben Einkaufszentrum beim Bezirksamt vorsprach, wurde Herrn B. mitgeteilt, dass er genau belegen müsse, wann genau er welche Beobachtungen gemacht habe. Herr B. war hingegen der Auffassung, dass man behördlicherseits nach einigen gleich lautenden Beschwerden ein nur für Raucher gewidmetes Lokalobergeschoß doch nicht "übersehen" könne und ein fachkundiger Bediensteter vor Ort während der Öffnungszeiten jederzeit selber amtliche Wahrnehmungen machen kann und machen müsste.

Auf Betreiben von Volksanwalt Dr. Peter Kostelka wurde das Marktamt der Stadt Wien im Mai 2011 aktiv und verhängte gegen die beiden beanstandeten Lokale nach einem Lokalaugenschein jeweils Verwaltungsstrafverfahren. Die Magistratsdirektion Wien verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass den Magistratischen Bezirksämtern laut der Geschäftseinteilung im Bereich des Tabakgesetzes nur die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens, nicht aber die Kontrolle der Einhaltung des Tabakgesetzes  obliegt und sich die Situation in den Gastronomiebereichen des Einkaufszentrums XY aufgrund zahlreicher Anzeigen durchaus gebessert habe und nach konkreten behördlichen Anweisungen nun auch weiter bessern werde. Nichts unternehmen könne man gegen den Raucherbereich eines zweigeschossigen Cafes, weil in der Mall desselben Lokales mehr Verabreichungsplätze liegen als im abseitigen Raucherbereich.

Von Beschwichtigungsversuchen unbeeindruckt, stellte die Volksanwaltschaft fest, dass die Vorgangsweise teilweise nicht rechtens war und ein früheres sanktionierendes Einschreiten bei rechtsrichtiger Interpretation angezeigt gewesen wäre. Nach den Bestimmungen des Tabakgesetzes sind Räumlichkeiten entweder als öffentliche Orte oder als Räume der Gastronomie zu qualifizieren. Die Mall eines Einkaufszentrums ist definitionsgemäß ein öffentlicher Ort iSd § 13 Tabakgesetz und daher immer "rauchfreie Zone". Nur jene Räumlichkeiten, die in dem von der Mall abgetrennten Bereich liegen, sind als Räume der Gastronomie im Sinne des § 13 a Tabakgesetz zu qualifizieren und haben dann die für den Gastronomiebereich geltenden Nichtraucherschutzbestimmungen zur Gänze einzuhalten. Das bedeutet insbesondere, dass sie einen größeren, Nichtraucherinnen und Nichtrauchern vorbehaltenen Hauptbereich aufweisen müssen. Es ist entgegen der Rechtsmeinung und bisherigen Praxis des zuständigen Bezirksamtes aber unzulässig, davon auszugehen, dass der Nichtraucherbereich einer zweigeschossigen Gaststätte auch in der Mall eines Einkaufszentrums gelegen sein kann.

Die Magistratsdirektion Wien sprach auf diese Kritik hin von Auslegungsproblemen ihrer Behörden und sicherte aber künftig eine rechtskonforme Vorgangsweise zu.