Gute Betreuung, aber kein Familienanschluss

1. September 2012

Mitten in der Nacht musste ein zwölfjähriges Mädchen aus Oberösterreich mitansehen, wie die eigene Mutter zusammenbrach und mit dem Rettungshubschrauber ins Spital gebracht wurde. Bei der erst 35-jährigen Mutter wurden schwere Gehirnblutungen diagnostiziert, die eine ganze Serie von Folgeschäden hervorriefen und die Frau zum Pflegefall machten. Nach der Behandlung im Krankenhaus wurde die Oberösterreicherin in einer Spezialeinrichtung untergebracht, die an sich perfekt auf ihre Bedürfnisse abgestimmt wäre. Allerdings wurde sie dadurch von ihrer Familie getrennt. Über eine Stunde Fahrzeit mit dem Auto oder sogar zweieinhalb Stunden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln trennen Mutter und Tochter, die Volksanwalt Dr. Peter Kostelka wieder zusammenbringen will.

„Assista – Synapse Gallspach“ nennt sich der neue Wohnort einer 35-jährigen Mutter die nach Gehirnblutungen zum Pflegefall wurde und in besagter Einrichtung mittlerweile in Langzeitrehabilitation lebt. Die Einrichtung ist speziell für Personen mit Schädel-Hirnverletzungen ausgerichtet, und betreut insgesamt nur 19 Patientinnen und Patienten, die sich nicht nur von Krankheitsbild, sondern auch vom Altersschnitt ähneln. Insgesamt also von außen gesehen eine positive Situation. Dennoch kämpft die Familie der Betroffenen für ihre Verlegung, weil der Familienanschluss ansonsten verloren gehen würde.

Noch im Krankenhaus waren tägliche Besuche der erst zwölfjährigen Tochter möglich gewesen, doch durch die Überstellung in das rund eine Stunde Fahrzeit entfernte Gallspach wurden die häufigen Familienbesuche unmöglich – obwohl die Betroffene naturgemäß auf die Anwesenheit ihrer Tochter extrem gut reagierte und sich nicht zuletzt dadurch erste Behandlungserfolge einstellten. Während die Familie von der Wichtigkeit einer möglichst nahe gelegenen Unterbringung überzeugt ist, um sich auch weiterhin um die schwer Behinderte Angehörige kümmern zu können, sehen sowohl Landes- als auch Bezirksverwaltung keinen Anlass die Situation zu ändern. Sie lehnten den Antrag auf Überstellung in ein näher gelegenes Heim ab.

In der „BürgerAnwalt – Studiodiskussion“ stellten sich sowohl eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft als auch der Oberösterreichischen Landesregierung einer Diskussion mit Volksanwalt Dr. Peter Kostelka und der Familie der Betroffenen. Dabei stellten die Vertreter der Verwaltung besonders heraus, dass Utnerbringungsfragen nicht leichtfertig gehandhabt werden und ein Team aus Pflegeexperten hier die bestmöglichen Therapieplätze bestimme. So sei im Fall der Betroffenen nicht nur auf die notwendigen pflegerischen Möglichkeiten der Einrichtung, sondern auch auf die altersgerechte Unterbringung der erkrankten Frau Rücksicht genommen worden.

Dass in Oberösterreich besonders gute Therapieeinrichtungen vorhanden sind, unterstreicht auch der Volksanwalt. Kostelka kritisiert dabei allerdings die Unnachgiebigkeit gegenüber der speziellen Situation, der die Betroffene ausgesetzt ist. Nachdem nicht zuletzt auch die behandelnde Ärztin der Mutter betonte, dass der Familienanschluss und vor Allem der regelmäßige Kontakt zur Tochter für den weiteren Behandlungserfolg entscheidend sind, verlangt Kostelka, dass diesem Umstand auch entsprechend Rechnung getragen wird. „Ich möchte nur ein wenig mehr Flexibilität zur Optimierung des Ergebnisses“, betont er. Für den Volksanwalt käme auch eine Unterbringung in einem näher gelegenen Altersheim in Frage, da die Nähe zur Familie in diesem Fall erste Priorität hat. Da der Fall in der Studiodiskussion noch keine Lösung fand, verspricht Volksanwalt Kostelka, der Familie weiterhin beizustehen, und sich für eine zufriedenstellende Lösung einzusetzen.

 

Kein neuer Rollstuhl

 

„Nicht um eine Lappalie, sondern um etwas Lebensnotwendiges“ hatte eine Wiener Familie. bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau angesucht und wurde doch mit wenigen Zeilen abgewiesen. Ersucht hatte die Familie um die Aufrüstung eines 15 Jahre alten Rollstuhles, um Sohn Hannes auch weiterhin ein gewisses Maß an Mobilität garantieren zu können.

Seit inzwischen 40 Jahren muss Hannes, der als Kind einen Hirnschaden erlitten hatte, von seiner Mutter gepflegt werden. Mehrere Schlaganfälle und Bandscheibenvorfälle erschweren diese Aufgabe jedoch ungemein, sodass sich die Familie eine Aufrüstung des Rollstuhles ihres Sohnes wünschte, um nicht im Haus bzw. im Garten eingesperrt zu sein. Der Hausarzt der Familie stellte auch eine Verordnung über die Aufrüstung des Rollstuhls aus, wonach motorisierte Räder am alten Rollstuhl angebracht werden sollten, um so den Transport zu erleichtern. Doch die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau schickte der Familie lediglich einen Standardbrief mit der Information, dass eine Kostenübernahme in diesem Fall nicht möglich sei.

Daher wandte sich die Familie schließlich an die Volksanwaltschaft, die einige Kritikpunkte an der Vorgehensweise der Sozialversicherung äußerte. „Mobilität ist ein Grundrecht, sowohl laut UN-Behindertenrechtskonvention als auch aufgrund der österreichischen Verfassung“ betonte Volksanwalt Dr. Peter Kostelka in der ORF-Studiodiskussion vom 23. Juni 2012. „Die Versicherung hat offensichtlich nach dem Motto reagiert: das ist keine absolute Pflichtleistung, da schwindeln wir uns heraus.“ Kostelka äußerte sich verärgert darüber, dass erst eine entsprechende Argumentation der Volksanwaltschaft und die ORF Sendung ein Umdenken eingeläutet haben.

Denn anstelle eines Mitarbeiters hatte die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau eine kurze Notiz in die Studiodiskussion geschickt – die Kosten für die Aufrüstung des Rollstuhls können nun doch übernommen werden. Und die Versicherungsanstalt hielt auch Wort. In der Rubrik „Nachgefragt“ widmet sich der „ORF-Bürgeranwalt“ nochmals dem Fall der Wiener Familie und zeigt, dass Hannes den lange ersehnten Motorantrieb tatsächlich bekommen hat. Der Mutter steht die Freude über diese Entwicklung geradezu ins Gesicht geschrieben, konnte sie noch im Sommer wieder etliche Ausflüge mit ihrem Sohn unternehmen.

Volksanwalt Dr. Peter Kostelka ist mit der neuen Situation „vollkommen zufrieden“. Nur rund einen Monat nach der Sendung sei der neue Antrieb bereits installiert worden, erklärt Kostelka, der sich über das rasche Handeln der Versicherungsanstalt erfreut zeigt.