„Fahrerflucht“ ohne Fluchtabsicht
Genau das ist auch Frau F.F. passiert. Als sie im ersten Wiener Gemeindebezirk nahe dem Hohen Markt versuchte, ihr Fahrzeug einzuparken, beschädigte sie, ohne dass es ihr zunächst auffiel, ein Motorrad. Erst nachdem sie von anderen Verkehrsteilnehmern durch Hupen auf das Missgeschick aufmerksam gemacht worden war, sah sie im Rückspiegel, was passiert war. Zunächst hielt sie ihr Fahrzeug an, entschloss sich dann aber wegen der durch das Verharren auf der Straße entstandenen Verkehrsbehinderung, einen Parkplatz zu suchen und erst dann die nächste Polizeidienststelle aufzusuchen. Die Parkplatzsuche nahm jedoch ob der Schwierigkeit, am Hohen Markt einen Parkplatz zu finden, circa 45 Minuten in Anspruch.
Als sie bei der örtlichen Polizeidienststelle eintraf, fühlte sich die schon etwas ältere Dame vom amtshandelnden Polizisten unfreundlich, ja geradezu zynisch behandelt. Der Polizist teilte ihr mit, dass sie von einer Zeugin des Geschehens wegen Fahrerflucht angezeigt worden sei und nunmehr mit einem Verwaltungsstrafverfahren zu rechnen habe. Ihre Erklärungen blieben völlig unbeachtet.
Aus diesem Grund ersuchte Frau F.F die Volksanwaltschaft um Hilfestellung. Im daraufhin eingeleiteten Prüfverfahren konnte die Volksanwaltschaft erwirken, dass das gegen Frau F.F. eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen Fahrerflucht eingestellt wurde. Man gestand ihr zu, dass die Parkraumsituation im ersten Bezirk tatsächlich sehr schwierig sei. Daher könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit von schuldhafter Fahrerflucht ausgegangen werden. Der amtshandelnde Polizist hatte mit seinem Vorgesetzten ein Sensibilisierungsgespräch zu führen, da er selbst zugab, das Gespräch mit Frau F.F. sei nicht „in ruhiger Form“ verlaufen.
Volksanwalt Dr. Fichtenbauer empfiehlt, in mit dem geschilderten Fall vergleichbaren Situationen im Zweifel lieber an Ort und Stelle die Polizei zu rufen.