Ein Kompromiss als beste Lösung

26. April 2014

Seit etwa 30 Jahren wohnt Frau E. mit ihrer Tochter in einem älteren Bauernhaus in der kleinen Gemeinde Mortantsch in der Steiermark. Vor 6 Jahren wurden direkt vor dem Haus der Betroffenen zwei Tennisplätze zu einem „Fun Court“ umfunktioniert. Der Sportplatz ist Teil der Volksschule Mortantsch, welcher in den Vormittags- und Nachmittagsstunden von den Schülerinnen und Schülern genutzt wird. Nach Schulschluss würden sich auf dem Gelände jedoch auch Jugendliche und Erwachsene treffen und bis spät am Abend ihre Ruhe stören. Außerdem beschwert sich Frau E. über den Lärm, der durch das Aufschlagen von Fußbällen an eine Holzbande entsteht.

Die Betroffene wendete sich mehrmals an den Bürgermeister der Gemeinde Mortantsch, Alois Breisler. Dieser sah sich jedoch rechtlich zu keinen Änderungen verpflichtet. Volksanwältin Brinek bestätigt zwar, dass es „nicht viele rechtliche Möglichkeiten gibt“, betont aber gleichzeitig, „dass es das Ziel sein sollte, dass beide Seiten einen Schritt aufeinander zugehen“. „Ein Kompromiss müsse ja auch im Sinne des Bürgermeisters sein, der für alle Bürgerinnen und Bürger da zu sein hat“, schließt Brinek. Die Volksanwältin fordert die Gemeinde daher auf, zunächst die Frage der Bewilligungspflicht für die Holzbande klären zu lassen und für die Nachbarschaft zumutbare Öffnungszeiten festzulegen, den Platz abzusperren und entsprechend zu kontrollieren.

Eine Gemeinde, ein Badeteich und zu viele „Gäste“

Seit 5 Jahren werden Beschwerden an die Volksanwaltschaft herangetragen, die den Erwerb von Saisonkarten für den Zutritt zum Freizeitareal „Karteich“ in Wiener Neudorf betreffen. Alles begann 2009, als die Gemeinde Wiener Neudorf keine Saisonkarten für Nichtansässige vergab. Der Bürgermeister der Marktgemeinde stellte eine Ungleichbehandlung nicht in Abrede, meinte jedoch, dass es sachlich gerechtfertigt sei, die Bürgerinnen und Bürger „seiner“ Gemeinde zu bevorzugen. Die Volksanwaltschaft teilte diese Meinung nicht und ein Prüfverfahren bestätigte, dass die diskriminierende Tarifgestaltung das Diskriminierungsverbot des Europäischen Gerichtshofs verletze.

Auf diese Kritik reagierte die Gemeinde Wiener Neudorf insoweit, als der Erwerb der Saisonkarte seit 2011 für jedermann möglich ist – mit einem Haken:  Nichtansässige können eine Karte nur zeitlich eingeschränkt beim Bürgerservice des Gemeindeamtes kaufen. Die Volksanwaltschaft kritisierte erneut, dass die Gemeinde durch die zeitliche Einschränkung des Verkaufs auf eine sachlich nicht gerechtfertigte Weise zwischen Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde und "Gästen von außerhalb" unterscheidet.

2013 verschärfte die Gemeinde diese Restriktion noch, indem sie Anzahl der Saisonkarten für Nicht-Wiener Neudorferinnen und Neudorfer auf 200 Stück limitierte und diese am 15. April ab 07:30 Uhr ausgeben ließ.  Frau K, die den Badeteich in Wiener Neudorf seit ihrer Kindheit besucht, wollte eine solche Saisonkarte für Nichtansässige erwerben und begab sich in den frühen Morgenstunden zum Gemeindeamt. Sie berichtet, dass sich bereits eine Stunde vor Kartenverkauf eine Schlage vor der Bürgerservicestelle am Gemeindeamt bildete. Als sie gegen 07:36 das Amt verließ, zählte sie 104 angestellte Personen. Kurze Zeit später waren die Saisonkarten für Nichtansässige ausverkauft.

Die Volksanwältin sieht nicht ein, dass die Gemeinde nun schon die fünfte Badesaison nicht in der Lage ist, eine nichtdiskriminierende Lösung in diesem Fall zu finden. „In die Gemeindekassa fließt das Geld aller Österreicherinnen und Österreicher. Die Regelung der Gemeinde Wiener Neudorf ist eindeutig gesetzeswidrig“, betont Brinek. Der Bürgermeister der Gemeinde wollte an der Diskussion der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ nicht teilnehmen. Trotz des Nichterscheinens ist für Volksanwältin Brinek klar: „Die Gemeinde kann diese Ungleichbehandlung nicht aufrecht erhalten“ und betont, dass die Volksanwaltschaft gegen diese Vergabepraxis vorgehen wird.