Defizite in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung
Eine wesentliche Forderung der UN-Behindertenrechtskonvention besteht in der bedingungslosen Anerkennung der Menschenwürde aller Menschen, unabhängig von Art und Intensität ihrer Erkrankung und/oder Behinderung. Behindertenpolitik unter der Perspektive der Menschenrechte und nicht primär unter der Perspektive der Sozialpolitik zu betrachten, ist eine relativ neue Entwicklung. Sie setzt nicht nur einen Abbau von Barrieren und Diskriminierungen voraus, sondern verlangt auch nach aktiver Hilfe und Unterstützung für eine volle und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe durch Bund und Länder. Menschen mit Behinderung sollen von gemeindenahen Diensten oder auch persönlicher Assistenz unterstützt werden und müssen entscheiden können, wo und wie sie leben wollen, ohne in besondere Wohnformen gezwungen zu werden.
Die Kommissionen stellten wiederholt Defizite im Bereich der Barrierefreiheit und der Unterstützung beim Zugang ins Freie fest. Menschen mit Behinderung werden zuweilen durch ein institutionelles Regelkorsett in ihrer Autonomie stark eingeschränkt, sodass Entwicklungspotenziale nicht ausgeschöpft und Selbstbewusstsein nicht ausreichend gefördert werden. Sowohl in Wohnheimen, Wohngruppen als auch in Werkstätten kommt es vor, dass Menschen mit Behinderung stark bevormundet und zu wenig in Entscheidungsprozesse mit eingebunden werden.
Über das Thema Gewalt wird in einigen Einrichtungen kaum reflektiert und es fehlt an speziellen Deeskalationstrainings oder Supervision. Auch werden Betroffene zu wenig über ihre Rechte informiert und sie haben aufgrund des fehlenden Beschwerdemanagements wenige Möglichkeiten, ihren Wünschen nach Veränderungen Ausdruck zu verleihen.
Der Rechtschutz für minderjährige Menschen mit Behinderung gegen altersatypische Freiheitsbeschränkungen muss gestärkt werden; der Bundesgesetzgeber ist aufgefordert klarzustellen, dass alle Minderjährigen mit psychischen Krankheiten oder geistigen Behinderungen den gleichen Rechtschutz wie Erwachsene genießen.