Das Kreuz mit den Formularen

27. Oktober 2012

„Irren ist menschlich, aber auf Irrtümern zu bestehen ist teuflisch“, heißt es in einer lateinischen Redewendung. Mit diesem Satz kann man wahrscheinlich die Situation einer oberösterreichischen Familie zusammenfassen, der kurz nach der Geburt der ersten Tochter ein folgenschwerer Schnitzer unterlief – beim Ausfüllen des Antragsformulars für das Kinderbetreuungsgeld setzte die Mutter ein Kreuz an die falsche Stelle. Anstatt der einkommensabhängigen 12+2 Variante für das Kinderbetreuungsgeld, kreuzte die Oberösterreicherin irrtümlich die pauschalierte 12+2 Variante an. Ein Fehler der die Familie jeden Monat rund 200 Euro kostet.

Trotz rascher Kontaktaufnahme mit der zuständigen Gebietskrankenkasse, bekam die junge Familie die Auskunft, dass eine einmal getroffene Auswahl nicht mehr abgeändert und der Antrag auch nicht zurückgezogen werden könne. Weil niemand dem Ehepaar weiterhelfen konnte wandten sich die beiden an Volksanwalt Dr. Peter Kostelka, der sich des Falles gerne annahm, hatte er doch bereits in der Vergangenheit aufgrund ähnlicher Sachverhalte auf dieses Problem auch in Tätigkeitsberichten an den National- und Bundesrat hingewiesen. Zuletzt erschien auch im Standard am 12. Oktober 2012 ein Bericht über eine selbstständige Unternehmerin, die die einkommensabhängige Variante wählte, obwohl das pauschale Kinderbetreuungsgeld für sie günstiger gewesen wäre. Auch sie bemerkt den Fehler erst nach der Verständigung durch die Sozialversicherung.

Die verschiedenen Varianten des Kinderbetreuungsgeldes richten sich an unterschiedliche Personengruppen mit zum Teil sehr unterschiedlichen Lebenskonzepten, was zu begrüßen ist. Das Kinderbetreuungsgeldgesetz enthält laut Kostelka in § 26a KBGG aber auch eine weitere Besonderheit. In allen anderen Verwaltungsverfahren ist eine Änderung des „verfahrenseinleitenden Antrages“ bis zur Entscheidung durch die Behörde möglich – heißt also, dass etwaige Fehler noch korrigiert bzw. Anträge auch zurückgenommen werden können. Nur beim Kinderbetreuungsgeld gibt es diese Möglichkeit nicht, wie Kostelka in der Studiodiskussion erläutert. „Die wirkliche Problematik kann nur durch eine Gesetzesänderung gelöst werden“ zeigt sich der Volksanwalt überzeugt. Schließlich befänden sich die jungen Familien nach der Geburt ihres Kindes in einer Ausnahmesituation in der auch Fehler passieren können. Kostelka fordert daher, dass im Gesetz ein Zeitfenster für eine einmalige Korrekturmöglichkeit verankert wird. Eine Forderung, die bald Wirklichkeit werden könnte.

Noch in der Sendung erklärt Sektionschefin Dr. Ingrid Nemec, die Vertreterin des zuständigen Ministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend, dass das Problem bekannt sei und im Ressort nun eine Gesetzesänderung angedacht werde. Volksanwalt Kostelka zeigt sich über diese Entwicklung erfreut, und verspricht den Fall weiter zu verfolgen. Immerhin gehe es auch um die Gleichstellung zwischen AntragstellerInnen und Verwaltung, wie Kostelka abschließend betont, gibt doch das Gesetz den Behörden eine Korrekturmöglichkeit, die AntragstellerInnen aber vorenthalten wird.

 

Nachgefragt: Wachkoma – Behandlung nur innerhalb der Landesgrenzen?

 

Eine Stunde bevor er ins Wochenende gehen wollte, war das Leben von Herrn L. noch ganz normal. Er telefonierte mit seiner Familie und bereitete sich auf die Heimfahrt vom Burgenland, wo er auf einer Baustelle gearbeitet hatte, nach Salzburg vor. Der Herzinfarkt, den Herr L. wenig später erlitt, änderte alles. Der Mann wurde zum Wachkomapatienten, kam in verschiedene Krankenhäuser, und wurde schließlich vor vier Monaten in das Herz-Jesu-Heim in der Stadt Salzburg verlegt – ein Seniorenheim, das nicht auf die Therapie und Pflege von Wachkomapatienten ausgerichtet ist.

Seither bemüht sich die Familie des vierfachen Vaters um eine Verlegung in eine geeignete Einrichtung, da jede Besserung in den ersten beiden Jahren die spätere Pflege wesentlich erleichtern würde. Eine solche Institution fand die Familie auch, allerdings nicht innerhalb der Salzburger Landesgrenzen, sondern in Graz.  Der Antrag auf Kostenübernahme für die Albert-Schweitzer-Klinik die auch auf Wachkomapatienten spezialisiert ist, wurde aber von der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg abgelehnt, da diese keine Einrichtung nach vergleichbaren Vorschriften des Salzburger Behindertengesetzes sei.

Aus Sicht der Volksanwaltschaft sprach jedoch nichts – auch nicht das Salzburger Behindertengesetz – gegen eine Verlegung nach Graz. Die, von der Salzburger Landesregierung angekündigte Überprüfung des Falles, sei am Laufen, berichtete Kostelka im Juli 2012. An diesem Stand der Dinge hat sich innerhalb der letzten vier Monate nur wenig geändert. Die Verlegung in die Albert-Schweitzer-Klinik ist bisher nicht erfolgt. Seit Ende September gibt es allerdings ein neues ärztliches Gutachten, welches eine „aktivierende Behandlungspflege“ empfiehlt.

Die Unterbringung in der Grazer Klinik bedeutet dies allerdings nicht zwingend, wie der Volksanwalt Kostelka in der Sendung erklärt: „Es bringt ihn eine Einrichtung, die eine aktivierende Behandlungspflege anbieten kann. Spezialisierte Langzeitbetreuungseinrichtungen für Wachkoma-PatientInnen sind nicht nur Salzburg rar. Dabei stehe vor allem auch der Zeitfaktor im Vordergrund, wie der Volksanwalt betont, denn auch in diesem Fall könnten gerade in den ersten Monaten die größten Fortschritte erzielt werden. Daher verspricht Kostelka auch weiterhin an diesem Fall „dranzubleiben“, bis das Ziel auch in diesem Fall endlich erreicht ist.