Budgetausschuss: Volksanwaltschaft erwartet ab 2016 Geldnöte

5. November 2012

Die Volksanwaltschaft wird ab dem Jahr 2015 mit den ihr zur Verfügung stehenden Budgetmitteln nicht mehr das Auslangen finden. Spätestens 2016 droht eine Budgetlücke von zumindest 650.000   €. Auf diese prekäre Situation wies Volksanwalt Peter Kostelka die Abgeordneten heute im Budgetausschuss des Nationalrats hin. Sollte  sich an dem durch das Bundesfinanzrahmengesetz vorgezeichneten Einsparungspfad nichts ändern, werde die Volksanwaltschaft ihre  klassische Prüftätigkeit und ihre neuen Aufgaben zur Folterprävention nicht mehr in vollem Umfang wahrnehmen können, warnte er. Einmal mehr hob Kostelka im Budgetausschuss auch die Notwendigkeit hervor, die Kompetenzen der Volksanwaltschaft auszuweiten: Sie solle,  wie in den meisten anderen europäischen Ländern, auch für ausgegliederte Rechtsträger zuständig sein, um den BürgerInnen im Falle von Beschwerden etwa über Verkehrsunternehmen kostenlose, niederschwellige Hilfe zu bieten. Auffallend ist laut Kostelka, dass sich tendenziell mehr Männer als Frauen an die Volksanwaltschaft  wenden, diesem Umstand soll nun auf den Grund gegangen werden.

Die Volksanwaltschaft wird laut Budgetentwurf 2013 mit 10,21 Mio. €  über deutlich mehr Mittel verfügen als für 2012 budgetiert waren  (7,33 Mio. €). Grund dafür ist der erfolgte Ausbau der  Volksanwaltschaft zu einer zentralen Anlauf- und Monitoringstelle für  Foltervorwürfe im Rahmen des internationalen OPCAT-Übereinkommens.  Sie ist nun auch für die Kontrolle aller Einrichtungen in Österreich  zuständig, in denen Menschen angehalten werden, etwa in  Strafvollzugsanstalten, Asylzentren, der Psychiatrie und in  Pflegeheimen, und hat es sich zum Ziel gesetzt, durch einen wirksamen  Überwachungs- und Präventionsmechanismus jede Form von Ausbeutung,  Gewalt und Missbrauch in diesen Einrichtungen zu verhindern. Konkret  sind laut Bundesfinanzgesetz im kommenden Jahr 700 Visitationen,  Prüfverfahren und andere Maßnahmen geplant.

Gleichzeitig will die Volksanwaltschaft ihre hohe Qualität bei der Erfüllung ihrer klassischen Aufgabe, der Prüfung der Verwaltung  aufgrund von Bürgerbeschwerden, aufrechterhalten.

Kostelka: Einsparungen nur bei Prüftätigkeit möglich

Im Rahmen der Beratungen teilte Volksanwalt Peter Kostelka den Abgeordneten mit, dass die Volksanwaltschaft in den kommenden beiden Jahren mit den ihr zur Verfügung stehenden Budgetmittel zwar noch das  Auslagen finden werde, aber nur weil das Haushaltsrecht sie  zwinge,  "das Eingemachte aufzubrauchen". 2016 droht allerdings bereits eine  Budgetlücke von 650.000 €, also mehr als 5% der zur Verfügung  stehenden Mittel. Kostelka fürchtet, dass die Prüftätigkeit  mittelfristig eingeschränkt werden muss, da man nicht mehr in der Lage sein werde, Planstellen nachzubesetzen.

Als enorme Herausforderung wertete Kostelka den neuen OPCAT- Aufgabenbereich der Volksanwaltschaft. Ihm zufolge werden 4.200 Einrichtungen, in denen Menschen angehalten werden, von Gefängnissen  bis hin zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, der Kontrolle der Volksanwaltschaft unterliegen. Vor allem in der Anfangsphase ist  Kostelka zufolge der Arbeitsaufwand für die drei VolksanwältInnen enorm, so mussten 750 Bewerbungen für die Leitungsfunktionen der  Prüfkommissionen durchgearbeitet und mehr als 150  Bewerbungsgespräche geführt werden. Aus diesem Grund gibt es derzeit auch weniger  Sprechtage der VolksanwältInnen.

Ab 2014/2015 wolle man aber wieder die gewohnte Sprechtagefrequenz  erreichen, unterstrich Kostelka. Zwar kommen ihm zufolge mittlerweile  bereits zwei Drittel der Beschwerden per E-Mail, die Sprechtage seien  aber eine wichtige und gut angenommene Einrichtung für BürgerInnen,  die sich direkt an einen Volksanwalt bzw. eine Volksanwältin wenden  wollen. Der Staat habe nicht nur die Aufgabe korrekt zu handeln,  sondern dem Bürger auch sein Handeln zu erklären, dabei sei die  Volksanwaltschaft behilflich, betonte er.

Kostelka bedauerte in diesem Zusammenhang auch, dass die  Volksanwaltschaft im Gegensatz zum Rechnungshof nicht für  ausgegliederte Rechtsträger zuständig ist. Er erinnerte daran, dass  es seit der Einrichtung der Volksanwaltschaft knapp 100 Ausgliederungen gegeben habe, die Prüfkompetenzen der  Volksanwaltschaft also sukzessive geschrumpft seien. Fast alle europäischen Staaten hätten nachgerüstet und ihren Ombudsstellen etwa  die Überprüfung aller Einrichtungen und Unternehmen übertragen, in  denen öffentliches Geld stecke, erklärte Kostelka, in Österreich sei die Volksanwaltschaft hingegen nach wie vor nur für die öffentliche Verwaltung zuständig. Die Volksanwaltschaft will bei diesem Thema  dranbleiben, wie Kostelka gegenüber Abgeordnetem Werner Herbert (F)  erklärte.

Männer beschweren sich häufiger als Frauen 

Dass tendenziell mehr Beschwerdeführer männlich als weiblich sind, führt Kostelka darauf zurück, dass sich Frauen eher nicht  beschweren,  selbst wenn sie Probleme haben. Ab dem kommenden Jahr soll der  Genderbezug von Beschwerden nun im Detail erhoben werden, um mit  zielgerichteten Maßnahmen zu reagieren. So könnten Frauen etwa durch  gezielte Informationen stärker motiviert werden, bei Problemen mit  der Verwaltung Kontakt mit der Volksanwaltschaft aufzunehmen.  Generell hängt die Zahl der Beschwerdefälle laut Kostelka stark davon  ab, ob aktuelle Gesetzesbeschlüsse und Verordnungen direkte  Auswirkungen auf BürgerInnen haben.

Was die OPCAT-Prüfungstätigkeit betrifft, zeigen laut Kostelka  allererste Ergebnisse, dass es in psychiatrischen Kliniken und  Pflegeheimen offenbar ganz unterschiedliche Standards gebe. Er wolle  den Prüfberichten der Volksanwaltschaft aber nicht vorgreifen, meinte  er. Die Aufgabenerfüllung in Zusammenhang mit OPCAT ist seiner  Darstellung nach im Übrigen auch der Grund, warum die Budgetposten  der Volksanwaltschaft für Reisekosten und Werkverträge deutlich  steigen.

Kostelka informierte die Abgeordneten schließlich darüber, dass  weltweit regelmäßig Schulungen für Ombudsleute durchgeführt würden, seit Österreich die Funktion des Generalsekretariats der  internationalen Ombudsvereinigung I.O.I. übernommen hat. Die  unabhängigen Ombudsmanneinrichtungen könnten viel voneinander lernen,  betonte er. Gerade in neuen Demokratien spiele der Aufbau  unabhängiger Ombudsstellen eine zentrale Rolle, weil sie oft die  einzigen Stellen seien, an die sich die BürgerInnen direkt wenden  können.

Von Seiten der Abgeordneten hob Abgeordnete Anna Höllerer (V) in der  Debatte die Bedeutung der Sprechtage der Volksanwaltschaft hervor.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) hinterfragte, warum die  Volksanwaltschaft im kommenden Jahr von weniger Beschwerdefällen und  weniger Sprechtagen ausgehe. Abgeordneter Ewald Sacher (S) und  Abgeordneter Harald Stefan (F) sprachen die Auswertung der Beschwerdefälle nach dem Genderbezug an. Abgeordneter Wolfgang Zinggl  (G) äußerte die Befürchtung, dass der Volksanwaltschaft  mittelfristig das Geld ausgehen werde. Abgeordneter Gerhard Huber (B) ging auf das  Thema Verwaltungsgebühren ein und machte geltend, dass die  Ausstellung des Reisepasses etwa in Bayern deutlich günstiger sei als  in Österreich.

 

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