Bahnhof nach Umbau nicht mehr barrierefrei

18. Mai 2013

Die ÖBB veranlasste im Sommer 2012 den Umbau des Bahnhofes in Angern an der March in Niederösterreich. Zur Überraschung der Fahrgäste erfolgte der Umbau allerdings nicht barrierefrei. Vor dem Umbau war der Bahnhof barrierefrei, wies aber Sicherheitsrisiken auf. Denn die Fahrgäste mussten unter Aufsicht eines Fahrdienstleiters die Gleise überqueren.

Die neue bauliche Situation stellt zahlreiche Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, aber auch Eltern mit Kinderwägen, vor große Probleme. Eine junge Mutter mit Zwillingen beklagt, auf die Bahn angewiesen zu sein, nun aber ihren Kinderwagen rund 70 Stufen hinauf und hinunter tragen zu müssen.

Die ÖBB wies darauf hin, beim Umbau der Bahnhöfe zur Erlangung der Barrierefreiheit nach einem Etappenplan vorzugehen. Dieser orientiert sich an der Höhe der Kundenfrequenz und der Wichtigkeit des Bahnhofes im Verkehrsnetz. Stationen mit mehr als 2.000 Fahrgästen pro Werktag hätten Priorität. Bahnhöfe mit niedriger Frequenz, in Angern sind es etwa 850 Ein- und Aussteiger pro Tag, werden nachgereiht. Die ÖBB betonte außerdem, dass in Angern beim Umbau bereits bauliche Vorkehrungen (beispielsweise Liftschächte) für einen späteren Einbau der Lifte getroffen worden sind. Der betroffenen Mutter schlug man vor, auf einen barrierefreien Bahnhof in der Umgebung, zwischen 3,5 Kilometer und 8,5 Kilometer entfernt, auszuweichen. Für die junge Frau stellt das allerdings keine Option dar, da ihr Kinderwagen zu breit für die Fahrt mit einem Bus sei und sie auch keinen Führerschein besitze.

„Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichten Österreich und die ÖBB zur Beseitigung von Barrieren. Menschen mit Behinderung haben ein Anrecht auf gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. In Angern an der March hat man statt Barrieren zu beseitigen, neue errichtet“, kritisierte Volksanwalt Dr. Peter Kostelka in der Sendung.

Es ist verständlich, dass die ÖBB beim barrierefreien Umbau der Bahnhöfe nach einem Etappenplan anhand betriebswirtschaftlicher Kriterien vorgehe. Nach Ansicht der Volksanwaltschaft ist es aber nicht sinnvoll, durch einen Umbau Barrieren zu schaffen, die ein Jahr später bereits wieder abgebaut werden. „Es wäre für die Bürgerinnen und Bürger besser und wohl auch wirtschaftlich sinnvoller gewesen, gleich den Umbau barrierefrei zu gestalten.“

Ein Vertreter der ÖBB zeigte sich in der Sendung einsichtig und betonte, dass man bemüht sei, auch für frequenzschwächere Verkehrsstationen Lösungen auszuarbeiten. In Angern an der March seien bereits Gespräche mit dem Bürgermeister von Angern und dem Land Niederösterreich im Gange, um eine Lösung zur gemeinsamen Finanzierung des barrierefreien Bahnhofszugangs zu finden.

 

Nachgefragt: Pflegegeldentzug aufgrund Behördenfehler

Die 20-jährige Claudia ist infolge eines Tumors geistig behindert. Bis Anfang September 2009 war sie in einem Behindertenwohnheim der Lebenshilfe im steirischen Trofaiach untergebracht und bezog Pflegegeld der Stufe zwei. Aus beruflichen Gründen zog die Mutter schließlich nach Ritzing ins Burgenland. Die Tochter sollte deshalb in eine Behinderteneinrichtung nach Deutschkreutz übersiedeln. Zuvor musste sie stationär im Landeskrankenhaus Leoben behandelt werden und konnte erst am 20. Oktober 2009 in das Pflegeheim im Burgenland ziehen.

Für die Zeit des Krankenhausaufenthaltes hatte die Mutter ihre Tochter an der neuen Adresse im Burgenland angemeldet. Dieser Schritt hatte weitreichende Auswirkungen. Das Land Steiermark lehnte die Fortzahlung des Pflegegeldes mit der Begründung ab, dass sich der Hauptwohnsitz der jungen Frau in einem anderen Bundesland befinde und der Umzug nicht zum Zwecke der Pflege erfolgt sei. Die Behörden zogen zur Prüfung nur den Eintrag im Melderegister heran, wonach die Betroffene an der burgenländischen Privatadresse der Mutter angemeldet war.

Die Einstellung des Pflegegeldes erfolgte zu Unrecht. Voraussetzung für die Weitergewährung des Pflegegeldes im Falle der Verlegung des Wohnsitzes in ein anderes Bundesland war, dass der Umzug zum Zwecke der Pflege erfolgte. Die 20-jährige Claudia zog auch von der Behinderteneinrichtung in der Steiermark in eine Behinderteneinrichtung ins Burgenland, dazwischen lag nur ein notwendiger Spitalsaufenthalt.

In der Zeit vom 1. Oktober 2009 bis 30. November 2012 erhielt die junge Frau kein Pflegegeld. Die Kosten für die Heimunterbringung konnte Claudias Mutter nicht alleine finanzieren und fühlte sich von der Republik Österreich im Stich gelassen.

Bereits in der ORF-Sendung vom 16. Februar 2013 lenkte ein Vertreter der steiermärkischen Landesregierung ein und kündigte eine Nachzahlung des Pflegegeldes an. Die Landesregierung erließ schließlich am 20. März 2013 einen Bescheid, der die Entziehung des Pflegegelds nachträglich aufhebt. Das Pflegegeld vom 1. Oktober 2009 bis 21. Dezember 2011 wird Claudia nachträglich ausbezahlt werden.

Claudia hat nun noch Anspruch auf das Pflegegeld für die Zeit vom 1. Jänner 2012 bis 30. November 2012. Durch das Inkrafttreten des Pflegegeldreformgesetzes am 1. Jänner 2012, das die Zuständigkeit der Länder für die Pflegegeldfälle auf den Bund übertrug, ist die Pensionsversicherungsanstalt für die weitere Abwicklung zuständig. Volksanwalt Dr. Kostelka versicherte in der Sendung, dass es bereits Gespräche mit der Pensionsversicherungsanstalt gebe und man auch hier mit einer Lösung rechnen könne.