VfGH hebt rechtswidrige Waisenpensions-Regelung der NÖ Ärztekammer auf
Vor etwa einem Jahr hat die Volksanwaltschaft die niederösterreichische Ärztekammer auf eine rechtswidrige Waisenpensions-Regelung ihres Wohlfahrtsfonds aufmerksam gemacht. „Die Ärztekammer hat die Kritik der Volksanwaltschaft aber ignoriert. Wir haben die Satzung daher beim Verfassungsgerichtshof angefochten und jetzt Recht bekommen“, sagt Volksanwalt Bernhard Achitz. Franz H., der sich ursprünglich an die Volksanwaltschaft gewandt hatte, kann nun bis zu seinem 27. Geburtstag die Halbwaisenpension bekommen. Allerdings nicht rückwirkend. Achitz fordert eine Kulanzlösung: „Wir haben die Ärztekammer ja darauf aufmerksam gemacht, dass die Regelung rechtswidrig ist. Also wäre es nur gerecht, wenn sie an Franz H. rückwirkend eine Entschädigung in Höhe der Waisenpension auszahlt.“
Das Ärztegesetz sieht vor, dass die Kinder von verstorbenen Ärztinnen und Ärzten bis zum 27. Geburtstag eine Waisenpension bekommen, wenn sie Vollzeit-Studierende sind. Die Ärztekammer für Niederösterreich hielt sich aber nicht an diese gesetzliche Regelung, kritisierte Volksanwalt Bernhard Achitz in der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ am 19. Mai 2024. Sie koppelte in der Satzung ihres Wohlfahrtsfonds die Waisenpension an den Bezug der Familienbeihilfe, der aber spätestens mit 25 Jahren endet.
Verordnung darf nicht dem Gesetz widersprechen
„So geht das aber nicht. Die Ärztekammer darf durch die Satzung etwa Details der Auszahlung festlegen, oder eine höhere Pension festsetzen. Was sie aber nicht darf: den gesetzlichen Anspruch kürzen“, erklärte Achitz: „Die Satzung ist eine Verordnung, und eine Verordnung darf dem Gesetz nicht widersprechen, sondern es nur präzisieren.“
Volksanwalt Achitz hat damals gefordert, dass die Ärztekammer ihren Rechtsirrtum korrigiert und die Satzung entsprechend ändert. Andernfalls kündigte er damals den Weg vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) an. Dieser folgte der Rechtsansicht der Volksanwaltschaft und hob die Wortfolge „den Bezug der Familienbeihilfe gemäß Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl NR. 376/1967 nachweist und“ im § 32 Abs. 2 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich auf. „Diese Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist äußerst erfreulich und zeigt die völlig falsche Rechtsansicht der Ärztekammer für Niederösterreich“, so Achitz.
Achitz fordert nachträgliche Entschädigung für Franz H.
Franz H.s Antrag auf Waisenpension war abgelehnt worden, er hat dagegen berufen. Behörden und Gerichte sind aber bis zum Zeitpunkt der Aufhebung der Rechtsgrundlage an die alte Regelung gebunden. Da sich das Gericht auch nicht selbst an den Verfassungsgerichtshof gewandt hat, kommt Franz H. nicht in den Genuss der „Ergreiferprämie“. Die Volksanwaltschaft hat ihm geraten, unverzüglich einen neuen Antrag zu stellen, damit er zumindest ab diesem Zeitpunkt wiederum die Waisenpension erhält. Von der Ärztekammer aber fordert Achitz, dass sie H. auf dem Kulanzweg entschädigt – immerhin hat er wegen einer rechtwidrigen Klausel neun Monate keine Waisenpension bekommen.
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