ORF-Bürgeranwalt, 26.05.2012 mit Volksanwältin Terezija Stoisits

26. Mai 2012

Staatbürgerschaft verwehrt: Diskriminierung unehelicher Kinder?

 

Ein in Österreich geborenes Kind eines Österreichers ist auch österreichischer Staatsbürger – könnte man meinen. Dem ist aber nicht so, wie zwei der von der Volksanwältin im BürgerAnwalt gezeigten Fälle verdeutlichen. Dass der Vater eines Kindes Österreicher ist, muss nicht automatisch heißen, dass das Kind auch die österreichische Staatsbürgerschaft bekommt. Denn wenn die Mutter keine Österreicherin und das Paar nicht verheiratet ist, muss die Staatsbürgerschaft erst verliehen werden. Kraft Abstammung geht die Staatsbürgerschaft bei unehelichen Kindern nur von der Mutter auf das Kind über.

Herr E. ist Österreicher und im März Vater geworden, seine Partnerin ist Italo-Argentinierin. Beide leben und arbeiten in Wien, deswegen möchten die Eltern, dass auch ihr Sohn die österreichische Staatsbürgerschaft erhält. Der junge Vater fühlt sich vom Staat jedoch nicht anerkannt: sein Vatersein würde ignoriert, weil er sich mit seiner Partnerin bisher nicht für die anerkannte, herkömmliche Familienstruktur entschieden habe. Die einfachste und praktikabelste Lösung wäre die Eheschließung, deshalb fühle sich Herr E. vonseiten des Staates zur Heirat gedrängt – aus reiner Notwendigkeit wolle er diese Entscheidung aber nicht treffen.

Da die Ausstellung eines italienischen Passes für das Kind aber noch zu dauern scheint, treten finanzielle Sorgen immer mehr in den Vordergrund: das Wochengeld läuft aus, und obwohl die junge Familie Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe hätte, können diese bis auf weiteres nicht gewährt werden. Gemeinsam mit dem Baby die italienische Familie der Mutter zu besuchen, wäre in der jetzigen Situation ebenfalls nicht möglich, von einem Urlaub bei der Familie in Argentinien könne erst gar keine Rede sein. 

Im zweiten Fall war die Mutter Bosnierin, hat sich aber in der Zwischenzeit einem über ein Jahr dauernden – teilweise mühsamen - Staatsbürgerschaftsverfahren unterzogen.  Auch  in diesem Fall ist für den österreichischen Vater die Gesetzeslage nicht nachvollziehbar, vielmehr würden ihm seine Rechte als – unverheirateter – Vater abgesprochen werden. Auch wenn sein Kind mittlerweile durch die Einbürgerung der Mutter ebenfalls österreichischer Staatsbürger geworden ist: an der Forderung nach einer Änderung der gesetzlichen Bestimmungen wolle er weiter festhalten. 

Im ORF-Studio diskutierte Volksanwältin Terezija Stoisits gemeinsam mit den beiden betroffenen Vätern und Mag.a Beatrix Hornschall (Abteilungsleiterin der MA 35 für Einwanderung, Staatsbürgerschaft, Standesamt) über das herrschende Problem  und mögliche Lösungen.

Mag.a Hornschall zeigte für das Anliegen der beiden Väter Verständnis  und erläuterte die Position des Landes Wien, welches die Ansicht vertritt, dass in Österreich geborene Kinder automatisch die österreichische Staatbürgerschaft bekommen sollten. Solange keine Gesetzesänderung vorgenommen würde, müsse sich der Magistrat aber an die geltenden Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes halten.

Volksanwältin Stoisits erneuerte ihre Kritik an der Diskriminierung von unverheirateten Paaren und damit auch von unehelichen Kindern. Es handle sich in diesen Fällen allerdings nicht um einen Missstand in der Verwaltung, sondern vielmehr um einen Missstand im Gesetz bzw. in der Politik. Ziel wäre es, die vorherrschende Diskriminierung aufzuheben – gefragt wären demnach das Bundesministerium für Inneres und der Gesetzgeber.