Kostenloses Kindergartenjahr doch nicht kostenlos
Die Tochter eines in Kittsee lebenden Paares besucht den Kindergarten in der Gemeinde. Es ist das letzte Kindergartenjahr vor Schulbeginn, das verpflichtend ist und laut Politik eigentlich kostenlos sein sollte.
Die Eltern sind berufstätig, weshalb das Mädchen nicht nur am Vormittag, sondern den ganzen Tag im Kindergarten betreut wird. Bis März 2018 betrug der Elternbeitrag 100 Euro für die Ganztagsbetreuung einschließlich Mittagessen. Davon erhielten die Eltern 45 Euro vom Land Burgenland zurück. Diese Förderung müssen sie regelmäßig beantragen. Die Betreuung im Kindergarten kostete deshalb bis März 2018 faktisch 55 Euro.
Der Gemeinderat beschloss im Februar 2018, die Gebühr auf 130 Euro zu erhöhen. Das Land Burgenland stellte nach einer Aufsichtsbeschwerde dreier Mitglieder des Gemeinderats fest, dass die Gemeinde keine ermäßigten Beiträge für besuchspflichtige Kinder im letzten Kindergartenjahr vorsah. Der Gemeinderat beschloss daraufhin einen ermäßigten Beitrag für die halbtägige Betreuung dieser Kinder von höchstens 20 Wochenstunden in Höhe von 30 Euro. Warum der Beitrag für den ganztägigen Besuch nicht auch reduziert wurde, konnten weder die Gemeinde noch das Land Burgenland den Eltern nicht schlüssig begründen.
Die Volksanwaltschaft wies aufgrund der Beschwerde der Eltern die Burgenländische Landesregierung auf das Missverhältnis zwischen dem ermäßigten Beitrag für 20 Betreuungsstunden und der über vierfach höheren Gebühr für die Ganztagesbetreuung (ca. 51 Betreuungsstunden) hin. Das Land Burgenland konnte nicht aufklären, warum sich der ermäßigte Beitrag nicht auf die Höhe der Gebühren für die ganztägige Betreuung besuchspflichtiger Kinder niederschlägt, sondern stellte vor allem die problematische finanzielle Situation der Gemeinde Kittsee in den Vordergrund.
Volksanwalt Peter Fichtenbauer äußerte sein Unverständnis über die Vorgangsweise der Gemeinde Kittsee und die Erklärungsversuche des Landes Burgenland. „Wir haben einen Bundesländervergleich angestellt. Die Regelungen im Burgenland sind für die Familien am wenigsten kinder- und bürgerfreundlich“, so der Volksanwalt. Er plädierte dafür, dass Kinderbetreuung generell kostenlos sein sollte und verwies auf das Bundesland Wien als bestes Beispiel dafür, dass diese für alle Familien gute Lösung funktionieren kann.
Nachgefragt: Extragebühr am Standesamt
Im Februar 2017 und Oktober 2017 wurde über folgenden Fall berichtet: Eine Burgenländerin und ihr Lebensgefährte schlossen 2016 den Bund fürs Leben. Zur Überraschung des künftigen Ehepaares erfolgte ein Anruf vom Standesamt knapp zwei Wochen vor der Trauung. Das Brautpaar müsste zusätzlich 250 Euro bezahlen, ansonsten müsste der Trauungstermin abgesagt werden.
Ein Erlass des Landes vom Mai 2015 sah nämlich vor, dass eine Gebühr zusteht, sobald Standesbeamte zur Abhaltung einer Trauung ihr Büro verlassen müssten, auch wenn es sich um den nur wenige Schritte entfernten Festsaal des Standesamtes handelte.
Die Volksanwaltschaft, die mit mehreren gleichgelagerten Beschwerden konfrontiert war, kritisierte den Erlass der Burgenländischen Landesregierung, mit dem das Wort „Amtsraum“ derart einschränkend ausgelegt wurde. Auch das Bundesministerium für Inneres, das in personenstandsrechtlichen Angelegenheiten oberste Behörde ist, pflichtete der Kritik der Volksanwaltschaft bei und legte der Burgenländischen Landesregierung eine Änderung nahe.
Das Amt der Burgenländischen Landesregierung änderte den Erlass und stellte Rückzahlungen der Gebühren in Aussicht. Zunächst waren aber nicht alle Gemeinden bzw. Standesamtsverbände dazu bereit. Im letzten noch offenen Beschwerdefall zahlte der betroffene Standesamtsverband nach langem Schriftverkehr nun auch die Gebühren zurück.
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