Kostelka: Kastenstände nicht tierschutzgerecht
Kastenstände nicht tierschutzgerecht
Im Mai 2004 wurde von allen im Nationalrat vertretenen Parteien gemeinsam ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz beschlossen, das am 1.1.2005 in Kraft getreten ist und neue Maßstäbe für die Tierhaltung festlegt. Zeitgleich wurden Durchführungsverordnungen erlassen, wie insbesondere auch die 1. Tierhaltungsverordnung, welche die Haltungsbedingungen für landwirtschaftliche Nutztiere regelt.
In der Schweinemastproduktion werden mehr als 100 Kilo schwere Zuchtsauen in körperengen 70 cm breiten und 1,90 cm langen Metallkäfigen, den sogenannten Kastenständen, gehalten und können sich dort nahezu ihr ganzes Leben kaum bewegen. Ihnen wird durch die Enge das Abliegen und das Aufstehen erschwert, was zu Verletzungen und Verhaltensstörungen führt. Bis zum 1. Januar 2013 müssen sauenhaltende Betriebe zwar auf Gruppenhaltung umgerüstet haben. Auch danach bleibt aber nach EU-Recht der Einzelkastenstand in den ersten 4 Wochen nach dem Decken und die letzte Woche vor dem voraussichtlichen Abferkeltermin weiterhin erlaubt.
Laut der 1. Tierhaltungsverordnung, welche diese einschlägige EU-Mindeststandards enthält, ist das zwar legal, wurde aber von einer Juristin im Rahmen einer Seminararbeit als mit dem österreichischen Tierschutzgesetz als nicht vereinbar angesehen und war der Grund für deren Kontaktnahme mit der Volksanwaltschaft.
Das darauf hin eingeleitete amtswegige Prüfungsverfahren gipfelte unter Zugrundelegungen einer Reihe von tierschutzrechtlichen Äußerungen zu Fragen artgerechter Schweinehaltung in einer Missstandsfeststellung und Empfehlung der Volksanwaltschaft an den Bundesminister für Gesundheit im September 2010. Die in der 1. Tierhaltungsverordnung zugelassene Haltung von Sauen in Kastenständen fügt den Tieren infolge der damit zwangsweise verbundenen massiven Einschränkung der Bewegungsfreiheit Schmerzen, Leiden und Schäden zu, indem ihnen ein Lebensraum vorenthalten wird, der ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen ist. Dies widerspricht gem. § 1 iVm den §§ 5 Abs. 2 Z. 10, 13 Abs. 1 und 2 sowie 16 Abs. 1 und 2 Tierschutzgesetz und belastet die entsprechenden Verordnungsbestimmungen mit Gesetzwidrigkeit. Da Verordnungen im Sinne des B-VG nach dem in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht nur EU-Recht, sondern auch innerstaatlichem Gesetzesrecht entsprechen müssen, ist es ohne Weiteres möglich, dass eine unionsrechtlich zwar zulässige, aber nicht zwingend gebotene Vorschrift auf Grund der nationalen Gesetzeslage im Verordnungswege nicht erlassen werden darf bzw. strengerem nationalen Recht angepasst werden muss. Die Schweinehaltung in Kastenständen wurde in einigen EU-Staaten daher bereits verboten.
Es gibt zweifellos tiergerechtere und ökonomisch sinnvolle Haltungsbedingungen, führte Univ. Prof. Dr. Toxler in der Sendung aus. Man braucht aber dazu das entsprechende Wissen und ein gutes Management. Auch auf Biobauernhöfen gibt es strenge Vorschriften: die Schweine leben in Gruppen, haben genügend Auslauf und ihre Ställe sind mit Stroh ausgelegt. Im Sommer sind sie im Freien, nach der Geburt bleiben die Ferkel sieben Wochen bei der Mutter.
Volksanwalt Kostelka unterstrich, dass nur durch eine Änderung der 1. Tierhaltungsverordnung ein dem Tierschutzgesetz entsprechender Zustand hergestellt werden könne.
Der anwesende Vertreter des Gesundheitsministeriums betonte, dass die Missstandsfeststellung der Volksanwaltschaft sehr ernst genommen werde und in den nächsten Wochen an einem Verordnungsentwurf, der Verbesserungen bringen wird, gearbeitet werde. Das Tierschutzgesetz verlange das Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsministerium für solche Adaptierungen.
Volksanwalt Kostelka: „Wir warten auf den entsprechenden Verordnungsentwurf und werden die Entwicklungen weiter beobachten. Wenn sich nichts ändert, werden wir die geltende Verordnung vor dem Verfassungsgerichtshof anfechten.“
Hilfe für vergessene Contergan-Opfer ?
Schon vier Mal hat der Bürgeranwalt über die Opfer des Contergan-Skandals berichtet und eine Lösung in Aussicht gestellt – bisher konnte der Fall nicht abgeschlossen werden.
Im Februar 2010 kündigte das österreichische Gesundheitsministerium an, den Opfern 2,8 Millionen Euro aus österreichischen Mitteln Ende des Jahres 2010 zur Verfügung stellen zu können. Mehrere Aufrufe wurden gestartet, damit sich Betroffene melden und erhoben werden kann, welche bisher von der deutschen Conterganstiftung noch nicht anerkannten österreichischen Contergan Opfer von einer Einmalzahlung profitieren könnten.
Eine Lösung stehe unmittelbar bevor", hieß es von Seiten des Gesundheitsministeriums immer wieder, zuletzt im Juli 2010; Auszahlungen sind bislang aber noch keine erfolgt.
Der Vertreter vom Gesundheitsministerium teilte in der Sendung vom 8.1. 2011 mit, dass die Budgetmittel auch 2011 weiter zur Verfügung stehen, doch die Untersuchungen durch ein Expertenteam doch länger als ursprünglich andauern würden.
Volksanwalt Kostelka: „Wir diskutieren bereits 1 ½ Jahre und in vier Sendungen über eine Geste gegenüber Betroffenen, die sehr enttäuscht darüber sind, dass Einmalzahlung immer wieder nur in Aussicht gestellt werden. Zumindest Vorauszahlungen könnten an jene erfolgen, bei denen die Conterganschädigung bereits festgestellt worden ist. Die entspricht auch einer Forderung der Selbsthilfegruppe der Contergan-Geschädigten, die baldige Hilfe erhoffen.