Zahnlose Geschwindigkeitsmessungen

15. September 2018

Bis 2015 war Tumeltsham eine Unfallhäufungsstelle. 2012 etwa gab es in der kleinen Gemeinde elf Unfälle mit Personenschaden. Zum Vergleich: Im nahegelegenen, etwa gleich großen St. Martin gab es im selben Jahr einen Unfall. Seit es in Tumeltsham Radarkästen gibt, gibt es auch weniger Verkehrsunfälle. Trotzdem fahren viele Autofahrerinnen und Autofahrer zu schnell, so die Anrainerschaft.

Auf Anfrage bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, ab welcher Geschwindigkeit man als Lenkerin bzw. Lenker von den Radargeräten geblitzt wird, wurde die Auskunft gegeben, dass ab 66 km/h „geblitzt“ würde. Für die Anrainerschaft Grund genug, sich an die Volksanwaltschaft zu wenden.

Eine Prüfung durch Volksanwalt Dr. Fichtenbauer ergab Folgendes: Zentral geregelt ist die sogenannte Eichmesstoleranz, die in ganz Österreich gilt. Diese liegt je nach verwendeter Messtechnik bei maximal fünf km/h über dem jeweiligen Tempolimit. Toleranzgrenzen, die darüber hinausgehen, können von den Landesregierungen festgesetzt werden.

Ein Erlass der Oberösterreichischen Landesregierung aus dem Jahr 1992 legte bisher die Toleranzgrenze von 11 km/h über der Eichmesstoleranz fest - also ein Blitzen erst ab 66 km/h bei Tempolimit 50 km/h. Die Landesregierung begründete diese Entscheidung damit, dass eine restriktivere Toleranzgrenze Autofahrer dazu verleiten würde, ständig auf den Tachometer zu schauen, damit sie ja nicht zu schnell fahren - das mache sie unaufmerksam und könne zu Unfällen führen.

Voraussetzung für das sichere Lenken eines Kraftahrzeuges ist, dass die Lenkerinnen und Lenker in der Lage sind, die gesetzlich vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit einzuhalten, ohne dabei die Verkehrssicherheit zu gefährden, hielt Volksanwalt Fichtenbauer fest. Ebenso liege keine bloß geringfügige Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit vor, wenn statt 50 km/h 66 km/h im Bereich einer Ortsdurchfahrt gefahren werde.

Obwohl in der Studiodiskussion kein Vertreter der Behörden anwesend war, konnte die Volksanwaltschaft doch eine Verbesserung nicht nur für Tumeltsham, sondern für sämtliche Ortsgebiete in Oberösterreich erwirken: Mit einem neuen Erlass, der seit September 2018 gültig ist, wurde die Toleranzgrenze deutlich nach unten gesetzt.

 

Nachgefragt: Lärm trotz neuer Lärmschutzwand

Im Juni 2016 befasste sich die Volksanwaltschaft erstmals mit dem Lärmschutz an der A9 Pyhrnautobahn nahe Gratkorn. 2014 sollte eine neue Lärmschutzwand lärmberuhigend wirken. Jedoch sei nach Wahrnehmung der Anwohnerinnen und Anwohner das Gegenteil der Fall: Die Lärmbelastung sei schlimmer geworden.

Die Vertreter der ASFINAG zeigten in der Studiodiskussion Verständnis für die Beschwerden, der Lärm sei aber nicht „wegzuzaubern“, man könne nur zu seiner Reduktion beitragen. Die ASFINAG werde sich bemühen, Betroffenen zu helfen. Deshalb sei auch der Bau der neuen Lärmschutzwand im Jahre 2014 veranlasst worden. Volksanwalt Fichtenbauer entgegnete, dass gut gemeint oft das Gegenteil von gut geglückt sei. Durch den Umbau sei es zwar zu einer vermeintlich objektiven Verbesserung gekommen, das subjektive Empfinden der vom Lärm Betroffenen bestätige dies aber nicht.

Als Verbesserungsvorschlag für die Zukunft stellte die ASFINAG einen lärmarmen Asphalt im Streckenabschnitt in Aussicht. Man verwende seit einigen Jahren ein neues Verfahren, das den Belag haltbarer mache und eine Geräuschreduktion von bis zu vier Dezibel verspreche. Volksanwalt Fichtenbauer schlug darüber hinaus eine Geschwindigkeitsbeschränkung im betroffenen Streckenabschnitt vor. Außerdem sollten die noch veralteten Lärmschutzwände an der Autobahnausfahrt  dringend erneuert werden.

Im März 2017 wurde im Zuge einer Bürgeranwaltssendung nachgefragt: Die Lärmsituation hatte sich nicht verbessert. Die ASFINAG teilte schriftlich mit, dass der sogenannte „Flüsterasphalt“ frühestens in vier Jahren aufgetragen werden könne. Die Lärmschutzwände an der Autobahn seien auf aktuellstem Stand, eine Veränderung sei nicht geplant. Auch das Verkehrsministerium sah keinen Grund, die 100 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung im betroffenen Streckenabschnitt zu verlängern. Nur die desolaten Lärmschutzwände an der Autobahnausfahrt sollten in absehbarer Zeit saniert werden. Volksanwalt Dr. Fichtenbauer war nicht zufrieden, räumte aber ein, dass die Volksanwaltschaft „nur“ Empfehlungen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger aussprechen könne.

Doch nun gibt es gute Nachrichten: Wie der Verkehrsminister mitteilt, würden im November 2018 die Lärmschutzwände an der Autobahnauffahrt saniert bzw. an die neuesten Standards angepasst. Ein neuer „Flüsterbelag“ wurde in Aussicht gestellt und ist in den nächsten fünf Jahren geplant.