Wien-Bericht 2009 im Landtag

16. Dezember 2010

Die Mitglieder der Volksanwaltschaft Dr. Peter Kostelka, Dr. Gertrude Brinek und Mag.a Terezija Stoisits haben am 16. Dezember 2010 im Wiener Landtag den Prüfbericht 2009 präsentiert. 816 Wienerinnen und Wiener beschwerten sich 2009 über die Wiener Landes- oder Gemeindeverwaltung. Nach einem dramatischen Anstieg der Beschwerden 2008 um mehr als 19 Prozent stabilisierte sich die Zahl der Prüffälle 2009 nun auf hohem Niveau.

Als Vorsitzender der Volksanwaltschaft  betonte Kostelka die Rolle der Volksanwaltschaft als Kontrollorgan des Wiener Landtages: „Seit langem machen wir darauf aufmerksam, dass die an sich sinnvollen Ausgliederungen in Wien zu einer Schmälerung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger geführt haben. Die Volksanwaltschaft hat seither für öffentliche Aufgaben wie die Sozialhilfe, aber auch andere Einrichtungen wie die Krankenanstalten, formell keine Prüfzuständigkeit mehr.“ Die Volksanwaltschaft sei offen für unterschiedliche mögliche Lösungen, weise aber nochmals auf die Notwendigkeit einer gesetzlichen Weiterentwicklung hin.

Volksanwältin Brinek unterstützte diese Ausführungen und betonte, dass es um das Erarbeiten einer soliden Rechtsbasis gehe. In ihrem Prüfbereich Bau- und Raumordnung sprach sie eine problematische Verquerung von Verwaltungsabläufen und politischen Entscheidungsprozessen an, von der derzeit rund 70 Familien in Wien betroffen sind. „Eine Familie kaufte vor 13 Jahren ein Bauland, vor dem ein noch nicht ausgebauter öffentlicher Weg lag. Laut Stadt Wien wäre der notwendige Ausbaubeschluss nur eine Formsache. Der Familie wurde empfohlen, den entsprechenden Grund zu kaufen und an die Stadt Wien rück zu übereignen. Tatsächlich weigert sich der Bezirk aber bis heute, die notwendigen Entscheidungen für den Ausbau des Weges zu treffen. Die Familie ist zu kostenintensiven und aufreibenden Gerichtsverfahren gezwungen worden. Hier sehe ich einen deutlichen Handlungsbedarf für die Behörden“, so Brinek.

Volksanwältin Stoisits informierte den Landtag, dass die Volksanwaltschaft im letzten Jahr 54 Sprechtage in Wien abgehalten hatte, die sehr gut angenommen wurden. Aus ihrer Prüftätigkeit hob sie den Themenkomplex Staatsbürgerschaftsrecht hervor: „In Wien finden die meisten Einbürgerungen statt, daher treten auch hier die meisten Härtefälle auf.“ Sie habe den Eindruck, der Nationalrat hätte damals das Gesetz beschlossen, aber nicht im Wissen auf die Auswirkungen auf die Menschen. So ist beispielsweise ein irakischer Flüchtling, der in Österreich Asyl erhalten hat, hier als Folteropfer Saddam Husseins anerkannt und 80% Behinderter ist, vom Erwerb der Staatsbürgerschaft ausgeschlossen, weil er wegen seiner Behinderung keiner vollen Erwerbstätigkeit nachgehen kann. „Ich appelliere in diesem Zusammenhang an den Landtag, den Druck auf den Nationalrat zu verstärken und so eine Gesetzesänderung zu erreichen“, so Stoisits.

Im Jahr 2009 konnten insgesamt 776 Wiener Fälle in der Volksanwaltschaft abgeschlossen werden. Bei 63 Prüfverfahren wurde ein Missstand in der Verwaltung festgestellt. Dies entspricht 8,1 Prozent aller abgeschlossenen Prüfverfahren und stellt einen Rückgang im Vergleich zum Jahr 2008 dar. Bei 475 Prüfverfahren war das Vorgehen der Behörde korrekt.

Am häufigsten beschwerten sich die Wienerinnen und Wiener 2009 bei der Volksanwaltschaft über Gemeindeangelegenheiten. Dabei reichten die 234 Fälle von Schwierigkeiten mit Gemeindewohnungen bis zu Problemen im Verlauf eines Bauverfahrens. Gleich danach folgte der Sozialbereich mit 195 Beschwerden; einer Steigerung um 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die betroffenen Wienerinnen und Wiener hatten Probleme mit dem Jugendamt oder wegen Kürzungen der Mietbeihilfe. Fragen rund um die Staatsbürgerschaft und Probleme mit der Wählerevidenz fallen in einen weiteren Bereich, der im Berichtsjahr zuletzt 112 Prüfverfahren umfasste.

 

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