Wer zahlt schafft an? Großbauprojekte in Wien sorgen für Unmut.
Derzeit sorgen gleich zwei geplante Großbauprojekte in Wien für Debatten. In beiden Fällen werden vor allem die ungewöhnlichen Entstehungsgeschichten der Projekte kritisiert: Es scheint, als würden Entscheidungen über Änderungen von Flächenwidmungsplänen, immer öfter nicht mehr unabhängig und zeitlich getrennt von individuellen Bauprojekten getroffen, sondern offenbar von den Verantwortlichen gemeinsam geplant und umgesetzt.
So soll im Uferbereich der Neuen Donau, im Zuge des privaten Projekts „Danube Flats“, das höchste Gebäude Wiens errichtet werden. Auf dem Areal des einstigen Cineplexx-Kinos ist die Entstehung von über 500 neuen Wohnungen, in einem rund 150 m hohen Wohnturm und einem Terrassenhaus, geplant. Als das Grundstück 2011 von der Danube Flats GmbH erworben wurde, war die Errichtung von Wohnungen auf diesem Areal allerdings noch untersagt. Der Projektbetreiber stellte kurz nach dem Kauf einen Antrag auf Umwidmung, welcher sehr detaillierte Vorstellungen über die Gestaltung des neuen Flächenwidmungsplans enthielt. Sowohl ein privater Architektenwettbewerb - an dessen Beurteilungsgremium auch Beamte der Stadt Wien teilnahmen - als auch die Präsentation des Projekts fanden statt, noch bevor die neue Grundstückswidmung den Gemeinderat passierte.
Ein weiterer Kritikpunkt ist ein Vertrag zwischen dem Projektbetreiber und der Stadt Wien. In diesem verpflichtet sich die Danube Flats GmbH, mindestens zehn Millionen, in öffentliche Leistungen und soziale Infrastruktur zu investieren. So sollen in dem neuen Wohnturm etwa ein Kindergarten entstehen, 40 Wohnungen für soziale Zwecke reserviert werden und die Erweiterung einer nahe gelegenen Volksschule mitfinanziert werden. Volksanwältin Brinek dazu: „Verträge, in denen sich Grundstückseigentümer zu einer Beteiligung an den Kosten der Infrastruktur verpflichten, sind zulässig. Es darf jedoch nicht der Eindruck entstehen, dass es - frei nach dem Motto: „Wer zahlt, schafft an!“ - zu Wunschwidmungen kommen kann.“
Auch ein, am Heumarkt-Areal geplanter, 66 Meter hoher Appartement-Turm sorgt für Aufregung. Der Projektbetreiber beabsichtigt, das Areal, auf dem sich das Hotel Intercontinental und der Platz des Wiener Eislaufvereins befinden, völlig neu zu gestalten. Sowohl Architekten als auch Denkmalschützer und Anrainer äußern Kritik an dem geplanten Projekt. Es wird befürchtet, dass Wien dadurch den Status des UNESCO Welterbes verlieren könnte. Die Stadt Wien war von Anfang an in die Planung des Projekts involviert und betont, dass Erwägungen zum Status des Weltkulturerbes stets in den Planungsprozess mit eingeflossen seien. Um den Bau gemäß den Plänen der Projektbetreiber verwirklichen zu können, müsste die Stadt Wien den Flächenwidmungsplan für diesen Bereich allerdings erst neu festsetzen.
Die Volksanwaltschaft betont, dass Änderungen von Flächenwidmungen, stets Bauprojekten und Baubewilligungsverfahren vorangehen sollten – und nicht umgekehrt. Die Entscheidung über etwaige Änderungen des Flächenwidmungsplanes liegt ausschließlich bei der Gemeinde und nicht bei den Projektentwicklern. Volksanwältin Brinek regt an: „Zurück zu korrekten Abläufen! Der Plan bestimmt das Projekt und nicht das Projekt den Plan. Erst legt die Stadt Rahmenbedingungen fest, dann können Projektideen eingereicht werden.“ Auch sollte die Öffentlichkeit bereits in der Planungsphase von Flächenwidmungen miteinbezogen werden und nicht erst bei der Planung konkreter Projekte vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
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