Volksanwalt Achitz zum Tag der Pflege: Personalmangel gefährdet Menschenrechte

11. Mai 2022

„Der flächendeckende Personalnotstand in der Pflege gefährdet Menschenwürde, Autonomie und Selbstständigkeit der Heimbewohnerinnen und Heimbewohner“, sagt Volksanwalt Bernhard Achitz anlässlich des Internationalen Tags der Pflege am 12. Mai: „Trotzdem ist von der überfälligen Pflegereform weit und breit nichts zu sehen.“ Die Kommissionen der Volksanwaltschaft besuchen Altersheime, Psychiatrien, Einrichtungen für Kinder und Jugendliche sowie für Menschen mit Behinderungen. So unterschiedlich diese Einrichtungen sind, so sehr zieht sich eine Gemeinsamkeit durch die Beobachtungen der Kommissionsmitglieder: „Überall herrscht Personalmangel, und der führt dazu, dass die Kommissionen bei zwei Drittel ihrer Kontrollen Menschenrechtsverletzungen feststellen“, so Achitz: „Die Probleme sind vor allem in der Pflege nicht neu, die Volksanwaltschaft weist seit Jahren darauf hin, aber Corona hat sie noch weiter verschärft.“

Politik tut nichts, um Arbeitsbedingungen zu verbessern

„Die Politik hat in den letzten zwei Jahren keine einzige nachhaltige Maßnahme gesetzt, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Überstunden können nicht abgebaut werden, viele flüchten aus den Pflegeberufen, Betten oder ganze Stationen müssen gesperrt werden“, sagt Achitz und betont, dass er den Personalmangel kritisiert und nicht das Personal. Durch die Pandemie sei es vermehrt zu Ausfällen durch Erkrankungen oder Absonderungsbescheiden gekommen. Dadurch mussten verbleibende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter permanent Überstunden leisten, was zu einer Spirale geführt habe. "Wir können aber keine politischen Maßnahmen erkennen, die versuchen, diesem Missstand entgegenzuwirken", so Achitz. "Die Beschäftigten tun unter schwierigsten Umständen ihr Bestes, aber für die Umsetzung aktivierender Pflegekonzepte bleibt keine Zeit. Für die Bewohnerinnen und Bewohner in den Pflegeheimen kann das gesundheitsgefährdende und menschenunwürdige Ausmaße annehmen.“

Menschenrechtsverletzungen müssen sofort beseitigt werden

Konkret bedeutet das beispielsweise, dass Bewohnerinnen und Bewohner am Abend medikamentös sediert werden. Auch Einsperren, Freiheitsentzug durch schwer zu öffnende Türen oder Liftsperren, Mangelernährung oder Dehydration, Abendessen schon am Nachmittag, vorzeitige Nachtruhe, fehlende Beschäftigungsangebote und fehlende Hygiene müssen immer wieder festgestellt werden. Volksanwalt Achitz warnt seit Jahren, dass steigender Arbeitsdruck das Risiko für Menschenrechtsverletzungen erhöht. „Aber die Politik ist den Beschäftigten und den Pflegebedürftigen bisher eine Reform schuldig geblieben. Klar ist: Menschenrechtsverletzungen müssen sofort verhindert werden!“, fordert Achitz. „Ausreichende finanzielle Mittel und entsprechend qualifiziertes Personal sind der Schlüssel für menschenwürdige Bedingungen. Und damit muss es schnell gehen, sonst wird die Pflegekrise zur Katastrophe.“

 

SERVICE: Die Volksanwaltschaft ist unter post@volksanwaltschaft.gv.at sowie unter der kostenlosen Servicenummer 0800 223 223 erreichbar.