Ungleichbehandlung bei Kosten für Nachmittagsbetreuung an Wiener Pflichtschulen
Eine alleinerziehende Mutter hatte sich an die Volksanwaltschaft gewandt, da ihr in der Wiener Volksschule ihrer Tochter für die Nachmittagsbetreuung monatlich zweihundert Euro verrechnet würden. An einer anderen Schule, wo sie ihre Tochter eigentlich hätte anmelden wollen, jedoch keinen Platz bekommen habe, sei die Nachmittagsbetreuung kostenfrei.
Rund die Hälfte der Kinder in Nachmittagsbetreuung befindet sich in Ganztagsschulen mit verschränktem Unterricht und die Hälfte in offenen Schulen. In verschränkten Schulen werden Kinder praktisch den ganzen Tag unterrichtet und dazwischen betreut, wogegen sie in der offenen Schule bis Mittag unterrichtet und am Nachmittag betreut werden. Dass in einem Fall die Nachmittagsbetreuung zu bezahlen ist, im anderen jedoch nicht, sieht Volksanwalt Walter Rosenkranz als Ungleichbehandlung. Dies umso mehr, als die Mutter keine Wahlfreiheit hatte.
Der Bildungsdirektor argumentierte, dass in Ganztagsschulen der Unterricht über den ganzen Tag verteilt werde. Da Unterricht kostenfrei sei, wäre dies auch die nachmittägliche Betreuung der Kinder zwischen den Unterrichtsstunden. Schulen, wo der Unterricht allerdings zu Mittag ende, aber am Nachmittag eine Betreuung angeboten werde, könnten hingegen nicht kostenlos angeboten werden, da die Betreuung alleine (ohne Unterricht) prinzipiell nicht kostenlos sei. Die Stadt Wien zahle allerdings Förderungen aus, weshalb 40 Prozent der Eltern aufgrund ihres Einkommens die Nachmittagsbetreuung ohnehin nicht bezahlen müsste.
Volksanwalt Rosenkranz vermutete, dass mit dem Gratisangebot ein sanfter Druck auf die Eltern ausgeübt werden sollte, sich für Schulen mit verschränktem Ganztagsunterricht zu entscheiden und konnte die Argumentation nicht nachvollziehen: „Nicht immer können sich Eltern aussuchen, in welche Schule ihr Kind geht – so auch in dem Beschwerdefall. Die Mutter hätte für ihr Kind sogar einen Platz an einer Schule mit verschränktem Ganztagsunterricht bevorzugt, hat aber keinen bekommen. Die Stadt Wien möchte diese Schulform zwar fördern, bietet aber zu wenig Plätze an.“
Der Bildungsdirektor versprach den Fall aufzugreifen und nach einer Möglichkeit zu suchen, wie künftig österreichweit die schulische Ganztagsbetreuung kostenlos angeboten werden kann. Das Angebot an Schulen mit verschränktem Ganztagsunterricht werde auch laufend ausgebaut.
Nachgefragt: Präzisierung der Anrainerparkplatz-Verordnung in Wien
Eine von der Stadtregierung im Jahr 2018 geplante Änderung bei den Anrainerparkplätzen stieß auf Widerstand in zwei Bezirken: Neben den Anrainerinnen und Anrainern sowie Menschen mit Behinderung sollten auch ansässige Gewerbetreibende die Parkplätze nützen dürfen.
Ein vom Bezirksvorsteher des 1. Bezirks und der Bezirksvorsteherin des 8. Bezirks in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten bescheinigte dem Verordnungstext eine mögliche Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof. Die beiden Bezirke weigerten sich daher, die neue Verordnung umzusetzen. Sie änderten die Zusatztafeln in den Anrainerparkzonen nicht, weshalb die Verkehrszeichen nicht mehr mit dem Text der Verordnung übereinstimmten.
Die Volksanwaltschaft kam zum Ergebnis, dass die Verordnung auch ohne Verkehrszeichen rechtlich gültig war, die Verkehrszeichen dienten daher nur der zusätzlichen Information. Aber sie waren zu ungenau formuliert: Auf Zusatzschildern wurde lediglich auf die Verordnung im Kundmachungsblatt hingewiesen („Laut Amtsblatt Wien 41/2018“). Der Verordnungstext bezog sich indessen auf Hausnummern. Bei einem Lokalaugenschein der Volksanwaltschaft stellte sich heraus, dass bei ausgesuchten Adressen mit Anrainerparkplätzen mehr Parkplätze vorhanden waren als im Verordnungstext angegeben.
Es war daher nicht eindeutig, wo genau sich an den Adressen die Anrainerparkplätze befanden, da nicht das jeweilige Verkehrsschild vor Ort, sondern allein der Verordnungstext gültig war.
Nach der Sendung Bürgeranwalt im Februar 2020, in der die Problematik erneut diskutiert wurde, berücksichtigte die MA 46 die Kritik der Volksanwaltschaft. Die Begrenzung der Anrainerparkplätze ist nun durch Meterangaben genauer definiert.
Volksanwalt Walter Rosenkranz zeigte sich mit der nunmehrigen Präzisierung zufrieden. Ob der Ausbau von Anrainerparkplätzen sinnvoll sei, wollte er nicht beurteilen, da dies Aufgabe der Politik und nicht Volksanwaltschaft sei. Die gewählte Vorgehensweise der MA 46 sei jedenfalls rechtskonform, sodass nach Abschluss der Umsetzung auch die Volksanwaltschaft zufrieden sein werde, so Rosenkranz.
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