Streit um Flächenwidmung: Modellsportflieger gegen Modellsportautos

10. Oktober 2020

Seit mehr als 20 Jahren versucht Familie P. aus Hartberg, das Grundstück, auf dem sie eine Modellautobahn betreibt, von Freiland in „Sondernutzung Modellsportfläche“ umwidmen zu lassen. Erfolglos. Und das, obwohl das Nachbargrundstück des örtlichen Modellfliegerclubs die entsprechende Widmung schon lange bekommen hat. Familie P. bat die Volksanwaltschaft schon einmal im Jahre 2003 um Unterstützung. Schon damals stellte die Volksanwaltschaft eine „rechtsgrundlosen Verweigerung einer Umwidmung“ fest. Dennoch wurde dem Wunsch nach Sondernutzung nicht entsprochen. Volksanwalt Werner Amon sieht darin eine Ungleichbehandlung durch die Stadtgemeinde.

Die Gemeinde begründet die Entscheidung so: „Eine solche Ausweisung ist aufgrund der Nähe zum benachbarten Modellsportflugplatz und der Tatsache, dass die vorgesehene Fläche im Hochwasserabflussgebiet liegt, aus raumordnungsfachlicher Sicht nicht möglich.“ Der Gemeinderat hält sich hierbei an eine Empfehlung eines Sachverständigen, der mit der örtlichen Raumplanung beauftragt wurde. Dieser schreibt: „Es gibt in diesem Bereich seit Jahren intensive Nutzungskonflikte, diese würden durch eine Neuausweisung einer Sondernutzung noch verschärft werden.“

Volksanwalt Amon stellt klar, dass auch die Aufsichtsbehörde, das Amt der steiermärkischen Landesregierung, in ihrer Stellungnahme der Volksanwaltschaft Recht gibt und darauf aufmerksam macht, dass ein Nutzungskonflikt kein Grund sei, in der Flächenwidmung nicht voranzuschreiten. Ein Nutzungskonflikt sei auch kein Grund, die Flächenwidmung zu verweigern. Daher wird die Gemeinde Hartberg vom Amt der steiermärkischen Landesregierung aufgefordert und darauf hingewiesen, dass auf die verfassungsrechtliche Frage der Gleichbehandlung Rücksicht zu nehmen sei. Das Land Steiermark schreibt: „Aufgrund der von der Volksanwaltschaft geäußerten Bedenken wurde die Gemeinde dahingehend belehrt, dass die Einwendungsbehandlung des Herrn P. auch aus Sicht der Aufsichtsbehörde unzureichend ist und hier jedenfalls eine vertiefende Auseinandersetzung erforderlich sein wird.“

Aus Sicht der Volksanwaltschaft liegt jedenfalls eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung vor. Seit 20 Jahren gibt es keine Entscheidung, was dazu führt, dass der nachbarschaftliche Konflikt immer stärker wird. Deshalb sei es höchste Zeit, dass man zu einer Lösung komme. „Abseits aller nachbarschaftlichen Konflikte muss die Ungleichbehandlung beseitigt werden“, unterstreicht Amon die Situation. Der Bürgermeister der Gemeinde Hartberg schreibt, es habe viele Versuche zur Lösung des Konfliktes gegeben, Familie P. habe die Lösungsvorschläge wie z. B. einen Grundstückstausch stets abgelehnt. Familie P. argumentiert damit, dass bei diesem Angebot der Grundstückspreis viel zu hoch gewesen wäre und damit nicht leistbar für den Verein. Der Bürgermeister schreibt weiter in seiner Stellungnahme: „Selbstverständlich werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass es beiden Vereinen möglich ist, ihre sportlichen Aktivitäten in unserer Stadt auszuüben, da dieses Angebot auch eine Bereicherung für unsere Bevölkerung darstellt.“

Volksanwalt Amon betont, es sei wichtig, dass das Amt der Landesregierung der Gemeinde Auflagen erteilt hat und hofft, dass damit endlich eine Entscheidung herbeigeführt werde. Nach dieser Entscheidung werde diese geprüft und dann werde man sehen, ob man diese Entscheidung vom Verfassungsgerichtshof prüfen lassen müsse oder nicht. Fest stehe, „dass eine Entscheidung getroffen werden muss, damit die beiden Vereine wieder miteinander arbeiten können“, fasst Volksanwalt Amon die Situation zusammen.

Nachgefragt: Darf ein Wasserzählerschacht eingefriedet werden?

Im Juni dieses Jahres war Frau S. aus Matzendorf-Hölles in Niederösterreich in der Sendung „Bürgeranwalt“ zu Gast. Es ging dabei um den neuen Gartenzaun, den Frau S. errichten wollte und der ihren Wasserzählerschacht miteinschließen würde. Das möchte allerdings die Gemeinde nicht. Sie meint, dass der Wasserzählerschacht jederzeit frei zugänglich sein müsse. „Der Wasserzählerschacht ist so zu errichten, dass er für Wartungsarbeiten frei zugänglich ist (Garagenzufahrt oder privater Autoabstellplatz)“, heißt es in der Wasserleitungsverordnung. Das Amt der niederösterreichischen Landesregierung interpretierte diese freie Zugänglichkeit folgendermaßen: „Wie aus der Bestimmung der Wasserleitungsverordnung zu entnehmen ist (hervorgehoben), hat der Wasserzählerschacht „frei zugänglich“ zu sein. Hieraus ist zu schließen, dass dieser grundsätzlich vor einer Einfriedung zu errichten ist.“ In einem zweiten Schreiben wiederum heißt es da: „Die Situierung des Wasserzählerschachtes ist, unserer Ansicht nach, auch innerhalb einer Einfriedung zulässig… Die jederzeitige Zutrittsmöglichkeit zum Schacht kann z.B. dadurch erreicht werden, dass das Gartentor unversperrt bleibt.“

„Es geht nicht darum, dass der Wasserzähler jederzeit zugänglich sein muss, sondern es muss eine freie Zugänglichkeit möglich sein“, unterstrich Volksanwalt Amon bereits in der Sendung vom Juni. „Insofern ist der Bescheid rechtswidrig und aufzuheben.“ Dieser Bescheid wurde dennoch bis heute vom Gemeindevorstand nicht aufgehoben. Allerdings teilt das Amt der Landesregierung die Meinung der Volksanwaltschaft. Eine Gesetzesbegutachtung ist zu Ende gegangen, die der Gemeinde die Möglichkeit gibt die Wasserzählermessung per Fernablese durchzuführen. „Alles spricht dafür, dass der Bürgermeister endlich einen rechtsgültigen Bescheid erlässt“, so Amon abschließend.