Schulen und Unterricht im zweiten Lockdown

21. November 2020

Zu Beginn der Sendung beantwortete Volksanwalt Walter Rosenkranz einige Fragen von Zuseherinnen und Zusehern an die Bürgeranwalts-Redaktion. Ob für die aktuellen Corona-Maßnahmen eine Notwendigkeit bestehe, könne er nicht beurteilen, so der Volksanwalt, da er die Entscheidungsgrundlagen – vor allem medizinischer Natur – nicht kenne. Es sei letztlich Aufgabe der Politik, alle Fakten gegeneinander abzuwägen. Auch diesmal gebe es jedoch einige Maßnahmen, die hinterfragenswert erscheinen, etwa, warum Floristen ihre Geschäfte geschlossen halten müssten, Gärtnereien aber geöffnet haben dürften.

Fernunterricht

Dass man den Schulunterricht wieder ins Internet verlegen musste („Homeschooling“), werde aus verständlichen Gründen sowohl von den Schülerinnen und Schülern sowie Eltern als auch von der Lehrerschaft teilweise kritisch gesehen. Dafür hätte sich die Politik nach Einschätzung des Volksanwalts auch Alternativen überlegen müssen, die Volksanwaltschaft werde sich aber die Umsetzung in den Schulen anhand von zu erwartenden Beschwerden ansehen. Vor dem nunmehrigen zweiten, harten Lockdown seien die Eltern erst am Freitag verständigt worden, dass dieser am Dienstag beginne. Hier wäre jedenfalls eine längere Vorlaufzeit nötig gewesen, damit sich alle Beteiligten auf den neuerlichen Fernunterricht vorbereiten können.

Schulbusse

Unverständlich sei für Eltern, warum in den Schulen einerseits ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden müsse, andererseits aber die Schüler in den öffentlichen Verkehrsmitteln wieder „eingepfercht“ würden. Gerade in Zeiten einer Pandemie seien überfüllte Schulbusse noch problematischer. Die Verkehrsregion Ost beantwortete eine Anfrage der Bürgeranwalt-Redaktion dahingehend, dass zu den Stoßzeiten alle zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel im Einsatz wären. Volksanwalt Rosenkranz verwies darauf, dass die Volksanwaltschaft schon seit vielen Jahren gegen die 3:2 - Sitzplatzregelung (3 Kinder : 2 Sitzplätze, wobei Kinder unter 6 Jahren gar nicht zählen) in Schulbussen auftrete. Eine vernünftige generelle Regelung scheiterte bisher aber – wie so oft – an der Kostenteilung zwischen Bund und Ländern.

Betreuungsgelder

Auch Eltern, die etwa für die (nicht erfolgte) Nachmittagsbetreuung und Mittagessen ihrer Kinder im Lockdown weiterhin dieselben Gebühren zahlen mussten wie bisher, hatten sich beschwert. Ob sie dazu verpflichtet sind, könne – da im konkreten Fall die Betreuung von einer GmbH angeboten werde – unter anderem von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen abhängen, so der Volksanwalt. Im Privatrecht verhalte es sich davon abgesehen generell allerdings so, dass man für nicht erbrachte Leistungen nichts bezahlen müsse. Man solle sich die Abrechnungen genau ansehen, ob nicht eventuell Rechenfehler passiert seien. Im ersten Lockdown hatten die privaten Schulen und Kindergärten diese Kosten sowie Schulgeld weiter verrechnet, da sie an ihre finanziellen Grenzen gekommen waren. Die Länder waren damals mit Förderungen eingesprungen.

 

Falsch ausgestellte Bescheide entheben Universität von Gehaltsnachzahlung?

An der Universität für Angewandte Kunst waren dreizehn Professoren ab Mitte der 1990er Jahre in falsche Gehaltsstufen eingestuft worden, und hatten zu wenig bezahlt bekommen. Das Wissenschaftsministerium räumte den Fehler ein und verwies darauf, dass dieser von der Universität behoben und besoldungsrechtlich per 1.1. bzw. 1.12.2016 korrigiert worden sei. Eine weitere, bis Mitte der 1990er Jahre, rückwirkende Aufrollung der Besoldung sei aufgrund von Verjährung allerdings nicht möglich.

2016 seitens der Universität erlassene Abänderungsbescheide, die den Missstand korrigieren sollten, wären nämlich wiederum nicht exakt formuliert worden. Die exakten Einstufungen bzw. Zulagen seien hinsichtlich ihrer Höhe darin nicht festgelegt gewesen. Die dreizehn Betroffenen hätten jedoch im Vertrauen auf ihren Dienstgeber diese Bescheide rechtskräftig werden lassen, weswegen sie auch jetzt bei Universität und Ministerium auf taube Ohren stoßen würden.

Dass man so einer korrekten Abgeltung des Schadens entgehen wolle, sei – so der Standpunkt der Personalvertretung – nicht einzusehen. Bei einem gleich gelagerten Fall zwischen 2004 und 2006 habe sich die Universität anders verhalten und den Schaden komplett ausgeglichen. Im vorliegenden Fall aber ziehe man sich auf juristische Argumente zurück. Die Betroffenen hätten im guten Glauben, dass der Schaden wiedergutgemacht werde, Zeit verstreichen lassen und nun würde sich die Dienststelle auf Verjährung berufen und es sei schwierig, die anerkannten Ansprüche geltend zu machen. Angesichts der komplexen Gehaltsgestaltung im öffentlichen Dienst sei es, so die Personalvertretung, den Professoren ohne spezielle juristische Kenntnisse nicht möglich gewesen zu überprüfen, ob sie korrekt eingestuft worden wären. Selbst die Personalabteilung habe den Fehler jahrelang nicht erkannt, von juristischen Laien werde dies aber erwartet.

Volksanwalt Walter Rosenkranz bezeichnete die Argumentation, dass eine Rückzahlung rechtlich nicht mehr möglich sei, als falsch: Bei der Forderung handle es sich um eine sogenannte Naturalobligation, die durchaus erfüllt werden könnte, sie sei nur seitens der Geschädigten nicht mehr einklagbar. „Hier hätte ich mir vom Staat eine höhere Sorgfalt erwartet, als man sie vielleicht von gewinnorientierten Unternehmen aus der Privatwirtschaft kennt. Dass man einerseits den begangenen Fehler zugibt, sich aber gleichzeitig auf die Verjährung beruft, ist nicht nachvollziehbar. Ich hoffe, dass hier noch eine Lösung gefunden wird“, so Rosenkranz.

 

Nachgefragt: Unterrichtet suspendierte Lehrerin wieder?

Eine Mathematik- und Physiklehrerin an einem Wiener Gymnasium, die ihre Schülerinnen und Schüler nicht korrekt behandelt haben soll, beschäftigt die Volksanwaltschaft bereits seit 2017. Die Lehrerin wurde von der Bildungsdirektion zunächst angewiesen, Fortbildungen im Bereich „Soziale Kompetenz“ und „Konfliktmanagement“ zu besuchen. Im Februar 2019 wandten sich aufgebrachte Elternvertreter erneut an die Volksanwaltschaft. Die Schulleitung bzw. Bildungsdirektion reagiere auf Kritik an der Lehrerin nicht. Die Kinder hätten beispielsweise nicht aufs WC gehen dürfen oder eine gesamte Unterrichtsstunde in der Ecke stehen müssen.

Die Behörden hätten von sich aus Hinweise auf die Lehrerin dokumentieren und ihnen nachgehen müssen, so der Vorwurf der Eltern. Interessiert dafür habe sich die Bildungsdirektion jedoch erst, nachdem die Eltern selbst alle Fälle gesammelt und akribisch dokumentiert hätten.

Bei der Sendung „Bürgeranwalt“ im Mai 2019 hatte auch der Bildungsdirektor für Wien das Interesse seiner Behörde an dem Fall beteuert. Erst nachdem die Elterninitiative ihre gesammelten Fälle übermittelt hätte, habe man aktiv werden und die Lehrerin suspendieren können. Er wies auf die unabhängige Disziplinarkommission bestehend aus Dienstgeber- und Personalvertretern hin, deren Spruch man akzeptieren werde.

Die Suspendierung hatte die Lehrerin vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft, das Verfahren ist nach wie vor anhängig. Sie unterrichtet aber seither nicht.

Peter Resetarits wies darauf hin, dass die ORF-Redaktion nach der ersten Sendung unterschiedliche Reaktionen von Betroffenen erhalten hätte. Ein Teil davon hätte die Vorwürfe bestätigt, ein anderer Teil habe sich positiv über den leistungsorientierten und qualitativ guten Unterricht der Lehrerin geäußert.

Volksanwalt Rosenkranz betonte, dass das Suspendierungsverfahren noch anhängig sei und es der Lehrerin selbstverständlich frei stehe, alle Rechtsmittel zu nützen. Dies sei ein wichtiger Grundpfeiler des Rechtsstaates. Es stelle sich angesichts der von Eltern dokumentierten Äußerungen und auch Berichten von Kollegen über die Lehrerin allerdings schon die Frage, ob jemand, der möglicherweise Angst als erzieherisches Mittel einsetze, für den Lehrberuf genug soziale Kompetenz besitze: „Hier ist eventuell nicht nur ein Disziplinarverfahren angebracht, sondern auch eine Leistungsfeststellung bzw. Maßnahmen zur Verbesserung der pädagogischen Fähigkeiten könnten sinnvoll sein“, so der Volksanwalt.