Salzburger Landtag behandelt Berichte der Volksanwaltschaft

17. November 2021

Am 17. November 2021 diskutieren die Salzburger Abgeordneten vier Berichte der Volksanwaltschaft. Auf der Tagesordnung des Finanzüberwachungsausschusses stehen der Bericht über die Salzburger Landes- und Gemeindeverwaltung 2019 – 2020, die Berichte betreffend die „Präventive Menschenrechtskontrolle“ aus den Jahren 2019 und 2020 sowie der COVID-19-Bericht. Die Volksanwälte Walter Rosenkranz, Werner Amon und Bernhard Achitz nehmen via Webzuschaltung am Ausschuss teil.

Eine der wichtigsten Aufgaben der Volksanwaltschaft ist die Kontrolle der öffentlichen Verwaltung. Jede Bürgerin und jeder Bürger kann sich wegen eines behaupteten Missstandes in der Verwaltung an die Volksanwaltschaft wenden. Sie prüft, ob behördliche Entscheidungen den Gesetzen entsprechen. Über die Ergebnisse der Prüfverfahren informiert die Volksanwaltschaft nicht nur die Betroffenen, sondern berichtet darüber auch an den zuständigen Landtag. Der Bericht dient dazu, Schwachstellen und Fehlentwicklungen in der Verwaltung aufzuzeigen, aber auch auf Chancen zur Verbesserung hinzuweisen.

In den Berichtsjahren 2019-2020 wandten sich 283 Salzburgerinnen und Salzburger mit einer Beschwerde an die Volksanwaltschaft, das sind um rund 15 % weniger Beschwerden als im Berichtszeitraum davor. „In 31 dieser Fälle stellte die Volksanwaltschaft einen Missstand in der Verwaltung fest, was einem Anteil von rund 10,5 % aller erledigten Verfahren entspricht“, sagt der derzeitige Vorsitzende der Volksanwaltschaft Walter Rosenkranz. Keinen Anlass für eine Beanstandung gab es bei 124 Beschwerden, in 139 Fällen war die Volksanwaltschaft nicht zuständig.

Inhaltlich betrafen die meisten Beschwerden den Bereich Raumordnung und Baurecht (90 Beschwerden), gefolgt von Mindestsicherung und Jugendwohlfahrt (81 Beschwerden) sowie Staatsbürgerschaft, Wählerevidenz und Straßenpolizei (23 Beschwerden).

Präventiver Schutz der Menschenrechte

Eine weitere Aufgabe der Volksanwaltschaft ist, die Einhaltung von Menschenrechten zu schützen und zu fördern. Dafür werden regelmäßig und meist unangekündigt öffentliche und private Einrichtungen überprüft, in denen Menschen in ihrer Freiheit beschränkt sind. Darüber hinaus kontrolliert die Volksanwaltschaft Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und überprüft die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch die Exekutive, etwa bei Demonstrationen, Großveranstaltungen, Versammlungen oder Abschiebungen. Durch die Kontrollen sollen Verletzungen von Menschenrechten möglichst verhindert werden. Auf diese Weise konnten im Lauf der Jahre viele Missstände und Gefährdungen beseitigt werden.

In den Berichtsjahren führte die zuständige Kommission insgesamt 64 Kontrollbesuche in Einrichtungen durch und beobachtete 12 Polizeieinsätze.

Aufgaben nach dem Heimopferrentengesetz

Seit Juli 2017 ist bei der Volksanwaltschaft eine unabhängige Rentenkommission eingerichtet. Sie wird von Volksanwalt Bernhard Achitz geleitet und befasst sich mit Anträgen auf Heimopferrente. Lt. Gesetzt steht Personen, die zwischen 1945 und 1999 in einem Heim, in einer Pflegefamilie, in Krankenhäusern, psychiatrischen Einrichtungen oder Heilanstalten Gewalt erlitten haben, ab Pensionsantritt eine monatliche Rente von derzeit 337,30 Euro vor.

In den Berichtsjahren wurden 932 Anträge auf Heimopferrente direkt bei der Rentenkommission eingebracht oder von anderen Stellen an die Rentenkommission weitergeleitet. Die Rentenkommission erteilte im Berichtszeitraum 664 Vorschläge an das Kollegium der Volksanwaltschaft, in 617 Fällen sprach sie sich für die Zuerkennung der Heimopferrente aus, in 47 Fällen dagegen.

Anhand konkreter Beispiele diskutierten die Volksanwälte einzelne Beschwerden aus allen Bereichen mit den Abgeordneten, um Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen:

Biotop musste Betrieb weichen

Ein Betrieb in der Stadt Salzburg beantragte eine Bewilligung der Naturschutzbehörde für eine Erweiterung auf eigenem Grund. Nach dem Hinweis einer Frau leitete die Volksanwaltschaft ein amtswegiges Prüfverfahren ein, da sich im geplanten Erweiterungsgebiet ein geschützter Lebensraum für Wildbienen, Zauneidechsen u.a. befand. Die Volksanwaltschaft kritisierte, dass die Behörde das angebotene Ersatzgrundstück nicht hätte akzeptieren dürfen, da weder die Widmung des Grundstücks als Ersatzfläche noch seine Pflege sichergestellt waren. Auch die Begründung eines öffentlichen Interesses an der Erweiterung mit 70 zu schaffenden und 180 bestehenden Arbeitsplätzen war weder belegt noch überprüft worden. „Ein unmittelbar besonders wichtiges öffentliches Interesse, das einen Vorrang vor dem Naturschutz gerechtfertigt hätte, war aus Sicht der Volksanwaltschaft nicht vorhanden“, begründet Volksanwalt Walter Rosenkranz die Missstandsfeststellung.

Ortstaxe verdoppelt

Eine Frau mit Zweitwohnsitz in Neukirchen beschwerte sich, weil sich die Vorschreibung für die Ortstaxe bzw. den Zuschlag zur besonderen Ortstaxe von 513 Euro (2019) auf 1.007 Euro (2020) nahezu verdoppelt hatte. Gerade 2020 sei es durch Covid-19 noch dazu sehr schwer gewesen, das Objekt überhaupt zu vermieten. Die Gemeinde rechtfertigte sich damit, dass die Vorschreibung lange Zeit zu gering gewesen und nun angemessen sei. „Die Volksanwaltschaft bemängelte hierbei, dass einerseits Anpassungen in kürzeren, aber moderaten Abständen für Bürgerinnen und Bürger leichter verträglich und verständlich wären. Andererseits könnten die Gemeinden auch schon früher von den höheren Einnahmen profitieren“, erklärt Volksanwalt Rosenkranz.

Entfernung von Flutlichtmasten

Schon seit den frühen 80er Jahren gibt es in der Gemeinde Strobl Diskussionen um Belästigungen durch einen Fußballtrainingsplatz und die Flutlichtanlage direkt gegenüber einem Anrainergrundstück. Gemeindevertreter haben den Betroffenen bereits 1983 zugesichert, dass der Trainingsplatz eine reine Übergangslösung sei und nur 5 bis max. 10 Jahre bestehen werde. Danach werde er verlegt. 2011 wandte sich einer der Anrainer schließlich an die Volksanwaltschaft, da die Gemeinde ihrem Versprechen nicht nachgekommen sei. Bemühungen die widmungsmäßigen Voraussetzungen für eine Sportanlage an anderer Stelle zu schaffen, scheiterten. 2019 war die Flutlichtanlage noch immer nicht demontiert. Erst auf Druck durch eine neuerliche Darstellung in der Sendung „Bürgeranwalt“ und nach Einschaltung der Aufsichtsbehörde, erließ der Bürgermeister Ende Oktober 2019 einen Bescheid. „Zur Erleichterung der Betroffenen wurden die Flutlichtmasten schlussendlich im Spätherbst demontiert“, so Volksanwalt Amon.

Heimopferrente irrtümlich als Einkommen gewertet

Die Behörde lehnte das Ansuchen einer Salzburgerin um Wohnbeihilfe ab. Grund dafür war, dass die Behörde für die Berechnung ihres Einkommens auch die Heimopferrente heranzog, obwohl diese nicht als Einkommen gezählt werden darf. Nach Einschalten der Volksanwaltschaft prüfte die Salzburger Landesregierung den Sachverhalt und veranlasste eine rückwirkende Richtigstellung der Berechnung der Wohnbeihilfe. Volksanwalt Amon sah Handlungsbedarf und meint: „Wir haben diese Beschwerde zum Anlass genommen, die Abteilung Wohnbauförderung um Überprüfung zu ersuchen, ob in der Vergangenheit schon einmal so ein Fehler passiert ist. Zum Glück konnte kein weiterer Fall festgestellt werden, bei dem die Heimopferrente irrtümlich als Einkommen gewertet wurde.“

Kinder- und Jugendhilfe: Zu wenig Plätze für verhaltensauffällige Kinder in Salzburg

Erfreulicherweise hat Salzburg die ambulanten Hilfen für Kinder und Jugendliche ausgebaut. Große Lücken gibt es aber bei den Betreuungsplätzen in Wohngemeinschaften. Auch der aktuelle Bericht enthält wieder eine Beschwerde einer Mutter, deren fünfjährige Tochter ins Südburgenland übersiedelt wurde, weil es in Salzburg zu wenig Unterbringungsplätze gibt. Davor lebte die Tochter bei einer Salzburger Pflegemutter, was aber wegen massiver Verhaltensauffälligkeiten nicht mehr möglich war. Volksanwalt Bernhard Achitz: „Salzburg muss endlich mehr Unterbringungsplätze für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten einrichten. Die großen Entfernungen machen es den Eltern sehr schwer, den Kontakt zu ihren Kindern zu halten, wenn diese am anderen Ende Österreichs leben müssen.“

Heimopfer können unbefristet Entschädigung beantragen – aber nicht bei Unterbringung außerhalb Salzburgs

Viele Jahrzehnte hindurch wurden Kinder und Jugendliche in Einrichtungen und Pflegefamilien misshandelt und gequält. Sie können als symbolische Entschädigung eine Heimopferrente beantragen. Die Volksanwaltschaft bearbeitet einen großen Teil dieser Anträge. Automatisch haben jene Menschen ein Recht auf die Rente, die zuvor eine Pauschalentschädigung der Einrichtung bekommen haben, die für die Misshandlung verantwortlich war. Salzburg richtete hierfür eine eigene Anlaufstelle ein, bei der – im Gegensatz zu anderen Bundeländern – bis heute Anträge auf Entschädigung gestellt werden können. Von Salzburg gibt es Geld, wenn man im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe des Landes misshandelt wurde. Volksanwalt Achitz: „Aber leider entschädigt Salzburg nicht, wenn das Kind außerhalb des Bundeslandes untergebracht war und misshandelt wurde – auch nicht, wenn Salzburg verantwortlich für die Unterbringung war.“ Die Rentenkommission der Volksanwaltschaft weiß aber aus zahlreichen Fällen, dass Salzburg häufig Kinder und Jugendliche in anderen Bundesländern und sogar in Deutschland untergebracht hat. Achitz: „Salzburg muss auch für diese Fälle Verantwortung übernehmen.“

Eltern wurde Kostenersatz für Behindertenhilfe vorgeschrieben – rechtswidrig

Ein Salzburger Gesetz sieht vor, dass für Hilfen für Menschen mit Behinderung die Angehörigen einen Kostenbeitrag leisten müssen. Ein Ehepaar, dessen Sohn eine Tageswerkstätte besucht, wurde davon eiskalt erwischt, denn niemand hat sie vorher informiert. Plötzlich wurden 3.000 Euro verrechnet, die sich die Familie nicht leisten konnte. Die Volksanwaltschaft intervenierte, und schließlich sah auch die Salzburger Landesregierung ein, dass es so nicht geht. Sie räumte ein, dass die Bezirkshauptmannschaft die Eltern mangelhaft informierte und die Vorschreibung des Kostenbeitrags zu lange dauerte. Achitz: „Wir konnten erreichen, dass das Land auf die Forderung verzichtet. Die Volksanwaltschaft fordert, dass Familien künftig immer vor der Genehmigung einer Hilfe über den Kostenbeitrag informiert werden.“

Diese und weitere Details können den aktuellen Berichten entnommen werden.