Sabine G. braucht einen Gehstock, bekommt aber keinen Behindertenparkplatz

26. September 2020

Sabine G. hat Multiple Sklerose und muss mit dem Auto in die Arbeit fahren. Mit einem Behindertenausweis könnte sie gratis parken und müsste weniger weit zu Fuß gehen. Aber das Sozialministerium-Service bewilligt ihn nicht. Das kritisierte Volksanwalt Bernhard Achitz in der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ am 26. September.

Durch die Erkrankung an Multipler Sklerose ist G. in ihrer Mobilität stark eingeschränkt und auf ihr Auto angewiesen. Schon kurze Fußwege sind eine große Herausforderung, ihren Gehstock hat G. immer dabei. „Ich schaffe den Weg ins Büro nur noch mit dem Auto“, schreibt die Sozialarbeiterin an die Volksanwaltschaft. Die Berechtigung, Behindertenparkplätze benutzen zu dürfen, wäre eine große Erleichterung.“ Um solche Erleichterungen beim Parken in Anspruch nehmen zu können, beantragte sie daher mehrfach beim Sozialministeriumservice die Eintragung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in ihren Behindertenausweis. Bewilligt wurde ihr das nicht, weshalb sie zwei Parkplätze mieten muss, einen Zuhause, einen beim Arbeitsplatz. Dafür muss Sabine G. Monat für Monat 300 Euro ausgeben.

Volksanwalt Bernhard Achitz ist der Meinung, dass ihre Anträge nicht abgelehnt hätten werden müssen: „Die Behörde wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass hier besondere Umstände vorliegen: Frau G. steht ja im Berufsleben und hat viele Wege zurückzulegen. Mit diesen besonderen Umständen hätten sich sowohl der Gutachter als auch die entscheidenden Juristen im Sozialministerium beschäftigen müssen.“ Sabine G. kritisiert, dass Gutachten nur aufgrund der Aktenlage gemacht wurden – ohne sie zu untersuchen. Der Neurologe Fritz Leutmezer vom Wiener AKH meint, „offenbar hat der Gutachter überhaupt keine Empathie an den Tag gelegt.“ Das Sozialministeriumservice lenkte auch nach Intervention der Volksanwaltschaft nicht ein und sagte, Sabine G. muss eben warten, bis ein Gericht entscheidet.

Kein Einzelfall

Volksanwalt Achitz ist nicht zum ersten Mal mit so einem Fall konfrontiert: „Die Volksanwaltschaft ist immer wieder mit Beschwerden konfrontiert, wo Menschen sehr lange auf Begutachtungstermine warten müssen. Und dann sind die Begutachtungen oft sehr kurz und oberflächlich. Außerdem sind die Gutachter oft nicht sehr freundlich.“ Auch die Behörden würden ihren Entscheidungsspielraum oft nicht im Sinne der Erkrankten nützen. Vom Sozialministerium fordert Achitz, dass sie den Gutachterinnen und Gutachtern neue Richtlinien vorlegen, damit künftig im Sinne der Betroffenen entschieden wird.