Rückzahlung von rechtswidrigen Anonymverfügungen
Wenige Tage später erhielt er ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Murtal: Es liege ein Versehen der Exekutive vor, denn in dem Straßenabschnitt gelte nicht eine Beschränkung von 30 km/h, sondern eine 50 km/h - Beschränkung. Seine Frau war also nicht zu schnell unterwegs, die Strafe hinfällig. Diese Nachricht erhielten alle an diesem Tag zu Unrecht Bestraften - insgesamt waren das laut Behörde 57 vermeintliche Verkehrssünderinnen und Verkehrssünder. Der Zulassungsbesitzer hoffte auf eine Rückzahlung des Strafbetrags.
Die Sachlage gestaltete sich jedoch rechtlich schwieriger als angenommen. Anonymverfügungen oder Organstrafverfügungen, die in der höchstgerichtlichen Judikatur nicht als Bescheide gelten, können nicht ohne weiteres aufgehoben werden. Im Beschwerdefall fand die Bezirkshauptfrau von Murtal eine pragmatische Lösung: 550 Euro, die schon im Budget der Gemeinde Weisskirchen verbucht waren, wurden vom Bürgermeister an die Bezirkshauptmannschaft zurückgezahlt und von der Bezirkshauptmannschaft den Betroffenen refundiert. Allerdings musste die Bezirkshauptfrau das Vorgehen vorher vom Verfassungsdienst und der Gemeindeaufsicht abklären lassen.
In der Studiodiskussion plädierten sowohl der Leiter der Rechtsabteilung des ÖAMTC als auch Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer für eine Absicherung im Gesetz. Volksanwalt Dr. Fichtenbauer wies aber ebenso darauf hin, dass die Frage, ob Anonymverfügungen als Bescheide zu qualifizieren sind, in der juristischen Lehre durchaus anders beurteilt wird. Ein namhaftes Lehrbuch spricht sich etwa sehr deutlich gegen die Auslegung der Höchstgerichte aus und betont, dass es sich sowohl bei Anonymverfügungen als auch bei Organstrafverfügungen um Bescheide handle. Die derzeit vorgesehene Bestimmung im Verwaltungsstrafgesetz, die die Abänderung oder Aufhebung von Strafbescheiden erlaube, sei im Jahr 1987 auf Initiative der Volksanwaltschaft geschaffen worden, sie könnte zur Klarstellung ergänzt werden.
Im Bundeskanzleramt sei eine Arbeitsgruppe tätig, die sich mit der Reform des Verwaltungsstrafrechts – und damit auch mit diesem Thema – auseinandersetzen werde, zitierte Dr. Resetarits abschließend aus einer übermittelten Stellungnahme des Bundeskanzleramts.
Nachgefragt: Ungleichbehandlung bei Zulage für Fluglotsen
Vor einem Jahr begleitete der „BürgerAnwalt“ eine Fluglotsin bei ihrer Arbeit am Tulln Tower auf dem Militärflugplatz Langenlebarn in Niederösterreich. Spannend und abwechslungsreich sei die Arbeit, so die 29-jährige Bundesheerangestellte. Sie sei 2008 nach einem harten Auswahlverfahren zur Fluglotsin ausgebildet worden. 20 Monate war sie dafür bei der deutschen Luftwaffe. Die Entlohnung sei allerdings ungerecht, da ältere Kollegen eine Zulage erhielten, die jüngere Fluglotsen nicht mehr erhalten könnten.
Der Grund für die ungleiche Bezahlung: Der Verfassungsgerichtshof erachtete die Zulagen als verfassungswidrig. Somit wurden den Fluglotsinnen und Fluglotsen, wie auch vielen anderen öffentlich Bediensteten, die Zulagen gestrichen. Für einige Behörden konnten Ausnahmeregelungen getroffen werden, um die teilweise sehr hohen Einkommensverluste abzufedern. Auch die dienstälteren Fluglotsinnen und Fluglotsen erhielten eine sogenannte Erschwerniszulage. Doch für neu Eintretende gab es die Zulage seit Herbst 2010 nicht mehr. Besser bezahlte Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft sind daher für Jüngere wesentlich attraktiver.
Die teure Fluglotsenausbildung wird vom Bundesheer aus Steuergeldern finanziert. Eine absurde Situation, kritisierte Volksanwalt Fichtenbauer. Das Bundesministerium für Landesverteidigung lehnte eine Stellungnahme ab, man wisse von dem Problem, teilte man mit. Die zuständige Staatssekretärin für den öffentlichen Dienst im Bundeskanzleramt schickte eine schriftliche Stellungnahme und rechtfertige das Vergehen mit der Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes. Eine Änderung sei nicht geplant.
Leider ist es bei diesem Ergebnis geblieben. Die teuer Ausgebildeten werden – wie die junge Flugotsin - in die Privatwirtschaft abwandern. Für den Staat ist dies ein denkbar schlechtes Geschäft. Das Verteidigungsministerium selbst müsste an einer gerechten Entlohnung interessiert sein, resümiert der Volksanwalt und hofft auf Einsicht bei der neuen Führung des Ministeriums.
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