PVA-Gutachterin empfiehlt höheres Pflegegeld für Mateo (5), aber PVA entscheidet dagegen

11. September 2021

Mateo (5) hat frühkindlichen Autismus. Der Betreuungsbedarf ist hoch, seine Mutter Magdalena B. oder seine Oma sind ständig mit ihm beschäftigt. Ginge es nach der Ärztin, die Mateo im Auftrag der Pensionsversicherung (PVA) begutachtet hat, würde Mateo Pflegegeld der Stufe 3 bekommen. Aber bei den Chefärztinnen und Chefärzten hat man ihm nur Stufe 1 bewilligt – ohne Mateo auch nur ein einziges Mal gesehen zu haben. Rund 300 Euro weniger pro Monat – dramatisch für die alleinerziehende Mutter, die nicht arbeiten gehen kann, weil der Pflegeaufwand für Mateo so hoch ist. Sie hat sich an die Volksanwaltschaft gewandt. Volksanwalt Bernhard Achitz konfrontierte in der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ die PVA mit dem Fall und konnte erreichen, dass Mateo nun neuerlich begutachtet wird.

„Ungefähr als er ein Jahr alt war, habe ich zum ersten Mal bemerkt, dass er ein bisschen anders ist, weil er nicht wirklich zu sprechen begonnen hat“, sagt Mateos Mutter Magdalena B. Weil sie ihren Beruf als Volksschullehrerin aufnehmen wollte, versuchte sie, Mateo dann mit zwei Jahren in den Kindergarten zu geben. Das erwies sich als unmöglich – Mateo habe die vielen Kinder nicht ausgehalten und sei deshalb mitunter aggressiv geworden, erzählt sie.

Auch bei einer Tagesmutter, wo nicht so viele Kinder sind wie im Kindergarten, klappte es nicht. „Selbst die wenigen Kinder waren für ihn schon zu viel. Er war total überreizt. Es waren viel zu viele Eindrücke“, sagt Magdalena B. Nach mehreren psychologischen Untersuchungen im Wiener AKH wurde dann eine Autismus-Spektrum-Störung diagnostiziert, konkret „im kognitiven Bereich eine unterdurchschnittliche non-verbale intellektuelle Leistungsfähigkeit im Sinne einer leichten Intelligenzminderung, wobei der Patient deutlich erhöhte Ablenkbarkeit und motorische Unruhe aufweist.“ Magdalena B.: „Beim Trinken muss ich ihm helfen. Ich muss ihm die Windel noch wechseln. Das sind alles solche Sachen, die ein normaler Fünfjähriger kann.“

Ständig in Bewegung – Magdalena B. kann nicht arbeiten gehen

Mateo ist ständig in Bewegung, bleibt nicht lange bei einer Sache, lässt sich leicht ablenken. Magdalena B. sagt zur „Bürgeranwalt“-Redakteurin, sie tue alles, um ihren Sohn zu fördern – und er fordere sie den ganzen Tag. Zwar gehe Mateo mittlerweile drei Mal in der Woche am Vormittag in den Kindergarten - er hat dort eine eins zu eins Betreuung - doch falle die Stützkraft aus, gehe auch das nicht. Eigentlich hätte die 27-Jährige in diesem Herbst gerne wieder als Volksschullehrerin zu arbeiten begonnen. Das sei wegen des großen Betreuungsaufwands aber undenkbar. Allein für die Therapie braucht sie inklusive Fahrzeit sechs Stunden in der Woche.

Im Frühjahr 2020 sucht Magdalena B. bei der PVA um Pflegegeld für den damals dreijährigen Mateo an und bekommt Pflegestufe 1 zugesprochen. Heuer im März stellte sie einen Antrag auf Erhöhung. Es folgt eine Begutachtung. „Die Ärztin hat ihn angeschaut, hat ein paar Fragen gestellt, Befunde angeschaut. Sie hat gemeint, sie kennt sich aus mit autistischen Kindern, und sie gibt da immer die Erschwerniszulage“, denn bei autistischen Kindern könne der Pflegeaufwand nicht so einfach in Stunden festgehalten werden.

Ärztin hat Mateo noch nie gesehen, entscheidet aber gegen höheres Pflegegeld

Die Gutachterin berücksichtigt also den sogenannten Erschwerniszuschlag im Ausmaß von 50 Pflegestunden im Monat und ermittelt daher insgesamt einen Pflegebedarf von 142,5 Stunden - das ergäbe Pflegegeldstufe 3. Wenige Wochen nach dieser Untersuchung kommt dann der überraschende Bescheid der PVA: nur Pflegestufe 1. In Euro heißt das - rund 162 Euro im Monat, bei Stufe 3 wären es 466 Euro gewesen. „Für mich ist das viel Geld.  Es macht einen großen Unterschied“, sagt B. Sie kann nicht verstehen, dass nun eine Ärztin so entschieden hat, die Mateo noch nie gesehen hat, und wandte sich an die Volksanwaltschaft.

Volksanwalt Achitz: Zuversichtlich, dass PVA Mateo doch noch Stufe 3 gibt

„Mateo steht der Erschwerniszuschlag zu. Er ist – übrigens auf Initiative der Volksanwaltschaft – genau für Fälle wie ihn erfunden worden“, sagt Volksanwalt Bernhard Achitz. Denn bei Kindern, die hyperaktiv sind, besteht einfach mehr Pflegebedarf als bei Erwachsenen, auf die das Einstufungssystem beim Pflegegeld maßgeschneidert wurde. „So hat das ja auch die erfahrene Gutachterin gesehen“, erinnert Achitz. In der „Bürgeranwalt“-Sendung bietet die PVA schließlich zumindest eine neuerliche Begutachtung Mateos an. „Ich bin zuversichtlich, dass dann klargestellt wird, dass Mateo den Erschwerniszuschlag und somit Pflegestufe 3 bekommt. Die Volksanwaltschaft wird jedenfalls dranbleiben und alle weiteren Behördenentscheidungen genau beobachten und überprüfen.“