OPCAT: Umfassendes Menschenrechtsmonitoring durch die Volksanwaltschaft
Im Dezember 2011 beschlossen der Nationalrat und Bundesrat ein Verfassungsgesetz mit dem die Aufgaben der Volksanwaltschaft erheblich erweitert werden. Es ist die bislang größte Kompetenzerweiterung für die Volksanwaltschaft seit ihrer Gründung 1977. Mit der Verfassungsänderung wird in Österreich das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 18.12.2002 (OPCAT), sowie auch Regelungen der UN- Behindertenrechtskonvention, insbesondere deren Art. 16 Abs. 3, umgesetzt. Die Volksanwaltschaft und die von ihr eingesetzten Expertenkommissionen sollen die Aufgaben als Nationaler Präventionsmechanismus (NPM) erfüllen.
Zusätzlich beauftragen das Verfassungsgesetz und die weiteren gesetzlichen Durchführungsbestimmungen, die mit 1. Juli 2012 in Kraft treten werden, die Volksanwaltschaft auch das Verhalten der zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigten Organe zu beobachten und begleitend zu überprüfen.
Der gesamte Gesetzgebungsprozess erfolgte unter Einbeziehung der nicht-staatlichen Organisationen der Zivilgesellschaft (NGO) und der Volksanwaltschaft.
Ausdrückliches Menschenrechtsmandat
Bereits bislang galt eine Verletzung in Menschenrechten als der von der Volksanwaltschaft denkbar schwerste feststellbare Missstand in der Verwaltung. Aus diesem Grund und zur Förderung der Bewusstseinsbildung in der öffentlichen Verwaltung, weist die Volksanwaltschaft ihre diesbezüglichen Beobachtungen und Wahrnehmungen in einem gesonderten Menschenrechtsteil in ihren Jahresberichten an das Parlament aus. Der Verfassungsgesetzgeber trug nunmehr diesem Umstand Rechnung. Schon bisher konnte sich jede Person bei der Volksanwaltschaft wegen „behaupteter Missstände in der Verwaltung" beschweren. Nunmehr wird verfassungsgesetzlich hervorgehoben, dass dies insbesondere auch für ‚behauptete Verletzungen in Menschenrechten' gilt. Darüber hinaus verpflichtet das Verfassungsgesetz die Volksanwaltschaft ihre neuen Aufgaben „zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte" auszuüben. Ausdrücklich wurde in den Gesetzesmaterialien festgehalten, dass der Verfassungsgesetzgeber den Begriff „Menschenrechte" im Sinn der internationalen Menschenrechtsstandards verstanden wissen will.
Ermöglicht wird der Volksanwaltschaft auch die Erstattung von themenbezogenen Einzelberichten an das Parlament.
NPM und Kontrollorgan von Einrichtungen und Programmen für Menschen mit Behinderungen
Zur Erfüllung der Aufgaben als NPM und Organ im Sinne des Art. 16 Abs. 3 UN-Behindertenrechtskonvention hat die Volksanwaltschaft zumindest sechs interdisziplinären und multiethnischen Kommissionen, bestehend aus mindestens 42 Mitgliedern, einzurichten. Diese sollen die -auch unangemeldeten - Kontrollbesuche bundesweit durchführen. Derzeit geht die Volksanwaltschaft davon aus, dass dies über 4000 Einrichtungen, in denen Personen angehalten werden, betrifft. Sichergestellt ist, dass der Volksanwaltschaft und ihren Kommissionen uneingeschränkter Zutritt zu allen Orten einer Freiheitsentziehung sowie zu Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen gewährt werden muss, sowie alle relevanten Informationen erteilt werden müssen.
Als ausschließlich beratendes Gremium wird bei der Volksanwaltschaft zusätzlich ein Menschenrechtsbeirat eingerichtet, dessen Mitglieder paritätisch von Nichtregierungsorganisationen und Ministerien vorgeschlagen werden.
Berichte und Öffentlichkeitsarbeit
Die Volksanwaltschaft wird Parlament, Zivilgesellschaft und Öffentlichkeit in Zukunft noch detaillierter über ihre Tätigkeit informieren. Sie ist verpflichtet, jährlich einen NPM-Bericht zu veröffentlichen und dem UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter übermitteln. Ermöglicht wird der Volksanwaltschaft auch die Erstattung von themenbezogenen Einzelberichten an das Parlament. Ebenso wurde eine gesetzliche Grundlage für legislative Anregungen der Volksanwaltschaft geschaffen.
Die neuen Rechtsgrundlagen der Volksanwaltschaft sehen überdies explizit eine Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit Wissenschaft, Lehre und sonstigen Bildungseinrichtungen vor.