Mangelnde Fehlerkultur bei der Rückzahlung einer fälschlicherweise zu viel verrechneten Gebühr

19. März 2020

Der Bürger einer kleinen steirischen Gemeinde hatte sich nach einem 5-jährigen Streit mit ebendieser an die Volksanwaltschaft gewandt. Die Gemeinde hatte ihren Bürgern jahrelang um tausende Euro zu viel für eine Wasseranschlussgebühr berechnet. Die Rücküberweisung lässt indessen auf sich warten.

1998 hatte die Gemeinde eine Wassergebührenordnung erlassen und seit damals eine für alle Gemeindebürger gleich hohe „Wasseranschlussgebühr“ verrechnet. Diese fiel in vielen Fällen jedoch viel zu hoch aus und entsprach auch nicht dem Landesgesetz. Das Land Steiermark als Aufsichtsbehörde hatte zwar einmal den Gemeinderat auf diesen Missstand aufmerksam gemacht. Nachdem die Gemeinde diesbezüglich jedoch nicht reagiert hatte, blieb fürderhin auch die Aufsichtsbehörde untätig. Insgesamt hatten so bis 2015 zwischen 200 und 300 Familien um je 1.500 bis 2.500 Euro zu viel bezahlt. Einer der Betroffenen wandte sich schließlich an die Volksanwaltschaft.

Zur Sendung „Bürgeranwalt“ sandte das Land Steiermark keinen Vertreter, nur eine Stellungnahme. Nach achtzehn Jahren könne man nicht mehr rekonstruieren, wer die Entscheidung getroffen habe, dass alle Hausbesitzer für den Wasseranschluss gleich viel zu zahlen hätten, so das Land. In Österreich gelte auch der Rechtsgrundsatz, dass Rechtssicherheit vor Rechtsrichtigkeit gehe.

In der Gemeinde ist mittlerweile bereits der vierte Bürgermeister mit dem Fall befasst. Er würde den Schaden gerne beheben und die zu viel bezahlten Gebühren retournieren, dürfe dies jedoch mangels Rechtsgrundlage nicht tun. Der damalige Gemeinderat habe freilich nach bestem Wissen und Gewissen entschieden, warum, sei auch für ihn nicht mehr nachvollziehbar. Die Volksanwaltschaft konnte auch seinen Standpunkt nachvollziehen und konstatierte in dem Fall ein aufsichtsbehördliches Versagen. Durch deren Untätigkeit könnten nun die Bürger aufgrund Verjährung ihre Schäden nicht mehr geltend machen.

Der betroffene Bürger, der sich an die Volksanwaltschaft gewandt hatte – selbst Jurist – wies darauf hin, dass es für ihn bedenklich sei, wenn die Aufsichtsbehörde selbst entscheiden könne, ob sie dem Begehren der geschädigten Bürger nähertrete oder nicht. Dies solle eigentlich der Landesverfassungsdienst entscheiden.

Dass sich das Land auf die Aussage, es sei eben ein Rechtsbruch passiert und man bleibe nun dabei, zurückziehe, wollte Volksanwalt Walter Rosenkranz jedenfalls nicht gelten lassen: „Dass man sich seitens des Landes noch nicht einmal bei den betroffenen Bürgern entschuldigt hat, werde ich auch noch beim Landeshauptmann zur Sprache bringen. Dieses Nichteingestehen eines Fehlers ist unzumutbar und Zeichen einer mangelnden Fehlerkultur. Bei Rechtsanwälten gehört es zu den Standespflichten, dass sie sich bei eigenen Fehlern nicht auf eine Verjährung berufen dürfen. Das Land sollte dies hier ebenso sehen“, so Volksanwalt Rosenkranz.

Nachgefragt: Verbesserung der barrierefreien Zugänge zu öffentlichen Gebäuden am Beispiel Kunsthistorisches Museum

Ein Bürger hatte beim Betreten des Kunsthistorischen Museums (KHM) Probleme, da es auf der Stiege vor dem Haupteingang keinen Handlauf gab. Ohne Begleitung hätte er das Museum nicht betreten können. Darauf angesprochen, erfuhr er von Museumsmitarbeitern, dass man sich des Problems bewusst sei, dem der Denkmalschutz aber entgegenstehen würde.

Im Jänner 2018 wandte er sich an die Volksanwaltschaft. Auf Nachfrage erfuhr diese vom Bundesdenkmalamt, dass es in den letzten zehn Jahren keinen Antrag auf Bewilligung von Handläufen beim KHM gegeben habe.

Die Volksanwaltschaft ist sich zwar des Spannungsfeldes zwischen Umbau alter, unter Denkmalschutz stehender Gebäude und Barrierefreiheit bewusst, erachtet jedoch einen Ausbau der Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden als wichtiger. Sie möchte daher den weiteren Ausbau der Barrierefreiheit, insbesondere in Museen und sonstigen wichtigen öffentlichen Gebäuden, unterstützen und vorantreiben. Im vorliegenden Fall regte die Volksanwaltschaft daher auch eine Gesetzesänderung an, wonach im Denkmalschutzgesetz (DMSG) die Barrierefreiheit von Gebäuden bei der Interessensabwägung zwischen Veränderung oder unveränderter Erhaltung eines Denkmals künftig miteinbezogen werden solle.

„Positiv festzuhalten ist, dass laut Schreiben des Burghauptmannes beim KHM und NHM inzwischen Handläufe angebracht wurden. Es kann sich hierbei aber trotzdem nur um eine Zwischenlösung handeln, da es für Rollstuhlfahrer auch jetzt noch immer keinen barrierefreien Zugang dort gibt“, zieht Volksanwalt Walter Rosenkranz Bilanz.