Lohn statt Taschengeld in Beschäftigungswerkstätten
Menschen, deren Leistungsfähigkeit unter 50% eines nicht behinderten Menschen reicht, sind regelmäßig in einer Tagesstruktur oder Werkstätte beschäftigt. In diesen Beschäftigungswerkstätten erhalten sie völlig unabhängig vom Umfang ihrer Arbeitsleistungen jedoch nur ein Taschengeld in der Höhe von durchschnittlich 65 Euro im Monat. Diese Beschäftigungen werden rechtlich nicht als Arbeitsverhältnis angesehen. Die Beschäftigten sind nur unfall-, aber aus ihrer Beschäftigung weder kranken- noch pensionsversichert.
Nach Art. 27 UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) haben Menschen mit Behinderung das gleiche Recht auf Arbeit und Beschäftigung wie Menschen ohne Behinderung. Auch der die Volksanwaltschaft beratende Menschenrechtsbeirat hat eine Verletzung der UN-BRK festgestellt. Hinzu kommt noch, dass der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen die Beschäftigung der rund 19.000 Menschen in Österreich außerhalb des geregelten Arbeitsmarktes kritisiert hat.
In der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ diskutierte Volksanwalt Dr. Günther Kräuter mit dem Vertreter des Sozialministeriums, Herrn Dr. Hansjörg Hofer, und Mag. Schmerold vom Verein „Selbstbestimmt Leben Österreich“.
Dr. Hofer zufolge werde zurzeit über die Errichtung eines Behindertenfonds beraten. Dieser solle, sofern etabliert, eine bessere Absicherung für Menschen mit Behinderung gewährleisten können. Der Behindertenfonds müsse jedoch im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen erst beschlossen werden. Mag. Schmerold berichtete über die Ängste, die die Betroffenen aufgrund der finanziellen Abhängigkeit zu den Eltern oft haben.
Volksanwalt Kräuter hielt fest, dass es unbedingt zu Verbesserungen in diesem Bereich kommen muss. Da die Beschäftigten nur ein Taschengeld für ihre Arbeit erhalten, komme es laut dem Volksanwalt „in Extremfällen auch zu Ausbeutung.“ Eine Durchlässigkeit des sogenannten „dritten Arbeitsmarktes“ und eine Aufwertung von Behindertenwerkstätten sollen für Menschen mit Behinderung auch zu einem angemessenen Lohn führen.
Die Volksanwaltschaft hat bereits im Jahr 2014 in ihrem jährlichen Bericht an das Parlament über die problematische Beschäftigung in Tagesstrukturen und Beschäftigungswerkstätten berichtet und wird dies auch im nächsten Parlamentsbericht festhalten.
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