Kostelka: Berufsunfähigkeitspension

16. Oktober 2010

Berufsunfähigkeitspension

Seit acht Jahren kämpft Frau N.N. für eine Pension, die ihr rund 1.000 Euro pro Monat und etwas mehr Lebensqualität verschaffen würde. Sie leidet an Morbus Bechterew und absolviert regelmäßig Kuraufenthalte in Bad Gastein, um im dortigen Stollen ihre Schmerzen zu lindern. Die Versteifungen der Wirbelsäule und der Gelenke können nur verzögert werden. Medikamente, eine Diät und ständiges Bewegungstraining helfen der Frau, sich die verbliebene Mobilität noch möglichst lange zu erhalten.

Im Vorjahr musste Frau N.N. wegen Krankheitsschüben 66 Tage im Krankenhaus verbringen. Auch danach konnte sie sich nicht alleine fortbewegen und musste 10 Wochen im Rollstuhl sitzen. Ihre Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin hat sie schon vor 10 Jahren aufgeben; das lange Sitzen ist ihr medizinisch nicht mehr zumutbar. 2002 stellte Frau N.N. einen Antrag auf Berufsunfähigkeitspension bei der PVA. Diese lehnte jedoch ab. Seit März 2003 ist ein Gerichtsverfahren vor dem Arbeits-und Sozialgericht anhängig.

Seit sieben Jahren läuft nun ein Gerichtsprozess, indem unzählige Gutachten erstellt und erörtert worden sind. Ein Ende des Prozesses ist dennoch nicht absehbar. Zwei Mal bot die PVA einen Vergleich an und wäre bereit gewesen, die Berufsunfähigkeitspension ab August 2005 auszuzahlen. Frau N.N. lehnte dies ab, weil ihres Erachtens die Berufsunfähigkeit schon viel früher eingetreten war. Ihr Vorschlag zu einer vergleichsweisen Bereinigung wurde aber von der PVA ignoriert. 2009 bot die PVA dann die Pensionszuerkennung ab Antragstellung an, widerrief aber dieses Vergleichsanbot kurz darauf selber. Der Versicherungsträger hat in der Folge gegen ein Urteil, dass Frau N.N. die Pension ab dem Jahr 2002 zuerkannt hätte, erfolgreich berufen. Seither haben wieder Verhandlungen vor dem Arbeits-und Sozialgericht stattgefunden. Alle Sachverständigen-Gutachten bestätigen die Berufsunfähigkeit. Frau N.N. könne wegen der entzündlichen Finger keine Schreibarbeiten erledigen, weil sie viel zu viele Pausen machen müsste. Bei ihrer Krankheit gäbe es außerdem keine Heilung - man kann sie nur behandeln, verbessern und hinauszögern.

Im Studio sagte ein Vertreter der PVA, dass der Versicherungsträger auf die Gutachten medizinischer Sachverständiger angewiesen sei.

Dr. Peter Kostelka kritisierte die Vorgangsweise der PVA. "Klar ist, dass der Gutachter nicht erst im Jahr 2005 schon wesentlich früher bestätigten, dass Frau N.N. als Bilanzbuchhalterin arbeitsunfähig ist und sie auch auf keine andere den Berufsschutz erhaltende Tätigkeit verweisen werden kann. Es ist auf Grund der Gutachten seit mindestens fünf Jahren klar, dass ein Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension besteht. Das einzige, was offen ist, ist der Pensionsbeginn. Deshalb kommt es einer Verfahrensverschleppung gleich, wenn von der Klägerin die Vorlage des 10. Kurbefund verlangt wird und sie – wie in der letzten Verhandlung aber geschehen – Rede und Antwort stehen soll, weshalb sie einen elektrischen Dosenöffner bedienen aber keine Tastatur betätigen könne. Immer wieder werden bei Gericht Sachverhalte erörtert, die mit der Entscheidung, ab wann die Pension nun gebührt, nichts zu tun haben. Dies müsste auch den wechselnden Vertretern der PVA in der Verhandlung auffallen".

Der Vertreter der PVA erläuterte, dass alle Bediensteten angehalten wären, vor Gericht korrekt aufzutreten. Keinesfalls dürfen klagende Parteien schikaniert werden. Allerdings müsse die PVA auch Gerichtsgutachten auf ihre Schlüssigkeit prüfen und dürfe im Interesse der Versichertengemeinschaft nur auf Basis gesicherter Gutachten Vergleiche abschließen. "Wenn die Qualität der Gerichtsgutachten dies nicht zulasse, müssten Verfahren fortgesetzt werden. Die Einwände von Frau N.N. werden nun aber nochmals überprüfen werden", hielt der Vertreter der PVA fest.

Volksanwalt Dr. Kostelka verweise darauf, dass er hoffe, dass die Prüfung der PVA ein vergleichsweise Bereinigung der Causa ermögliche. "Ein derart langes Verfahren zur Lösung einer vergleichsweise einfachen Rechtsfrage ist nicht vertretbar", hielt der Volksanwalt fest.

Nachgefragt: Persönliche Assistenz für Behinderte

Persönliche Assistenz für Behinderte verspricht das Oberösterreichische Chancengleichheitsgesetz. Doch die gibt es nicht für einen spastisch gelähmten 26-jährigen, der bereits berufstätig ist und seine Familie nun entlastet wissen möchte.

Noch wohnt der Oberösterreicher, der zu 80 Prozent gelähmt ist, bei seinen Eltern. Seit Dezember 2009 ist er mit seiner Lehre zum Bürokaufmann fertig und seit Jänner 2010 arbeitet er als Bürokraft in Linz. Der Vater kündigte seinen Job, um den Sohn täglich eine Stunde zur Arbeit zu fahren und danach wieder abzuholen – insgesamt sind das vier Stunden Autofahrt pro Tag. Weil die Familie auch den 90-jährigen Großvater und zwei minderjährige Kinder versorgt, möchte der 26-Jährige demnächst nach Linz ziehen und sich und seinem Vater den zeitaufwändigen Transport ersparen. Doch die dafür notwendige persönliche Assistenz wurde ihm vom Land Oberösterreich aus budgetären Gründen verwehrt.

Ein Vertreter der Sozialabteilung des Landes Oberösterreich erklärte in der Sendung vom 3. Juli 2010, dass die Behörden bei Personen, die um eine derartige Assistenz ansuchen, Hausbesuche zur Erhebung des Bedarfs durchführen. Dies habe der Vater aber abgelehnt, als ihm erklärt wurde, es würde zurzeit keine Hilfe möglich sein.

Der Hausbesuch hatte nun stattgefunden. Eine Vormerkung für die persönliche Assistenz im höchst möglichen Stundenmaß sei anschließend auch angeregt wurden, doch ist die Warteliste lang. Der junge Behinderte ist für die persönliche Assistenz an die 13. Stelle gereiht worden, für mobile Betreuung und Hilfe an 3. Stelle. Es müssen erst Ressourcen frei werden, damit vorgemerkte Personen nachrücken können. An der Situation des Behinderten und seiner Familie ändert sich vorerst daher leider nichts.

Volksanwalt Dr. Peter Kostelka: "Es fehlen im Sozialbudget rund 10 Millionen Euro. So lange diese Mittel nicht aufgebracht werden, werden in Oberösterreich auch keine neuen Fälle übernommen. Wir werden uns schriftlich an sämtliche Abgeordnete des Oberösterreichischen Landtags wenden und sie darauf aufmerksam machen, dass bereits mehr Behinderte auf der Warteliste für die persönliche Assistenz gereiht als in Betreuung sind. Hier geht es um existenzielle Bedürfnisse und ich hoffe, dass dies auch im Rahmen der künftigen Budgetplanung eingesehen wird."