Finanzamt möchte eigenen Fehler und die daraus entstandenen Kosten auf betroffene Bürgerin abwälzen

27. Februar 2021

Familie W. aus der Obersteiermark wurde ein Einheitswertbescheid zu spät zugestellt. Frau W. wurden dadurch zu hohe Steuer- und Sozialversicherungsabgaben vorgeschrieben. Obwohl das Finanzamt den Fehler eingestand, bekommt Frau W. die zu viel bezahlten Versicherungsbeiträge nicht zurück. Das Finanzamt vergaß einen Bescheid zu erlassen, den sogenannten Einheitsbescheid: Dadurch musste Frau W. zu viel an Sozialversicherungsbeiträgen bezahlen. Volksanwalt Werner Amon fordert eine Wiedergutmachung.

Der pensionierte Forstwirt Herr W. aus der Obersteiermark vergrößerte seinen Betrieb über die Jahre schrittweise. Ein Waldverband schlägerte das Holz aus seinen Wäldern verkaufte es an Sägewerke weiter. Seine Tochter pachtete den Betrieb 2017 von ihm und führt ihn nun im Nebenerwerb fort.

2014 forderte das Finanzamt Herrn W. auf, Unterlagen über die bewirtschafteten Flächen zu übermitteln, damit der Einheitswert des Betriebes neu berechnet werden kann. Der Einheitswert ist in der Regel Grundlage für Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge bei Land- und Forstwirten. Er wird von den Finanzämtern per Bescheid festgestellt.

Auf Basis des Einheitswertbescheides werden dann neben der Einkommensteuer durch das Finanzamt auch die Sozialversicherungsbeiträge von der Sozialversicherung der Selbständigen vorgeschrieben. Durch die Hauptfeststellung von 2014 verringerte sich der Einheitswert von Familie W. um 1.000 Euro. Der neue Bescheid, der mit Anfang 2015 in Kraft getreten wäre, ließ auf sich warten. Familie W. hatte alle Unterlagen eingereicht und schlussendlich begonnen nachzuhaken. Das Finanzamt teilte daraufhin im April 2019 mit, dass der Bescheid aufgrund eines Systemfehlers nicht erstellt wurde. Dieser Fehler wurde korrigiert und der Bescheid mit vierjähriger Verspätung zugestellt.

Da durch diesen Fehler aber auch die Sozialversicherungsanstalt nicht über den geänderten Einheitswert informiert worden war, seien die Vorschreibungen zu hoch gewesen. 698 Euro habe Frau W. daher zu viel bezahlt. Das Finanzamt wollte aber nicht rückdatieren und die SVS (Sozialversicherung der Selbständigen) empfahl der Familie, sich das Geld auf dem Wege der Amtshaftung von der Republik zurückzuholen.

Die Finanzprokuratur, die den Staat in dieser Angelegenheit vertritt, lehnte dies aber mit der Begründung ab, die Familie hätte sich früher melden müssen. Sie sei ihrer Rettungspflicht nicht nachgekommen. Enttäuscht wandte sich Familie W. an Volksanwalt Amon und bat ihn um Hilfe.

Die Volksanwaltschaft befragte das Finanzministerium zu dieser Problematik. Dort hieß es, dass man Verständnis habe und sich für die IT Probleme entschuldige, die für den Fehler verantwortlich ware. Ob aber eine nachträgliche Berichtigung möglich sei, müsse erst erörtert werden.

Volksanwalt Amon hingehen sieht die Sache ganz klar: Da es unbestritten sei, dass das Finanzamt einen Fehler gemacht habe und diesen ja auch zugegeben hat. Weiters sei auch klar, dass man diesen Fehler und die Folgekosten nicht auf Familie W. abwälzen könne.

Eine sogenannte Rettungspflicht sei nur bei einem Antrag gültig. Bei einer Angelegenheit, die hingegen von Amtswegen durchgeführt wird, kann der betroffene Bürger nicht urgieren. Die Sozialversicherung kann in diesem Fall nur auf Grundlage eines rechtsgültigen Bescheides die Höhe der Beiträge bestimmen und da der Bescheid viel zu spät eingetroffen ist, kam es zu der zu hohen Forderung.  „Das Finanzamt ist gefordert, den Schaden gutzumachen. Und das rasch und unbürokratisch“, stellt Volksanwalt Amon klar.

Nachgefragt: Wurden die bürokratischen und altersdiskriminierenden Hürden für die Förderung von Treppenliften beseitigt?

Ein 90-jähriger Pensionist aus Niederösterreich benötigte einen Treppenlift, um in seinem Haus weiterhin in das obere Stockwerk zu gelangen. Da solche behindertengerechten Maßnahmen vom Land Niederösterreich im Rahmen der Wohnförderungsrichtlinien gefördert werden, beantragte der betroffene Herr eine solche Förderung. Er legte alle dafür nötigen Informationen vor, bekam aber dennoch keine Förderungszusage, da eine Finanzierung des Treppenliftes zwingend über einen Bankkredit abgewickelt werden müsse. Bei der finanzierenden Bank wurde man daraufhin allerdings informiert, dass an über 90-jährige keine Kredite vergeben werden. Die Bank lehnte somit einen Kredit aufgrund des Alters ab. Die Familie des Betroffenen wandte sich schließlich hilfesuchend an die Volksanwaltschaft, die den Fall prüfte.

Volksanwalt Amon wandte sich an die NÖ Landesregierung und sprach mit der Landeshauptfrau, die so Amon: „auch der Meinung ist, dass Altersdiskriminierung nicht in Ordnung ist und zugesagt hat, dass diese Richtlinien geändert werden.“

Das Thema Altersdiskriminierung ist ebenso ein Fall für den Seniorenrat, der oft mit derartigen Fällen konfrontiert ist. Ingrid Korosec, die Sprecherin des Seniorenrates stellt klar, dass es hierbei nicht nur um Kredite, sondern beispielsweise auch um Bankkarten, die eingezogen werden, gehe. Das verunmöglicht es der älteren Bevölkerung online etwas zu kaufen und ähnliches. Das derzeitige Gleichbehandlungsgesetz gelte nur für die Arbeitswelt, das müsste man dahingehend ändern, dass ältere Menschen miteinbezogen werden.

Der Banken- und Versicherungsverband reagierte ebenfalls auf die Vorwürfe der Volksanwaltschaft und formulierte einen Appell an die Banken keine Altersdiskriminierung vorzunehmen. Volksanwalt Amon sagte abschließend: „Wir leben in einer aging society und müssen schauen, dass auch unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger ihr Leben weiter genießen können. Man kann mit der angebotenen Lösung gut leben. Was offen bleibt ist aber, dass dieser Appell in eine Richtlinie umgewandelt wird.“

Der gegenständliche Fall des niederösterreichischen Pensionisten konnte jedenfalls positiv abgeschlossen werden und die Volksanwaltschaft wird am Thema Altersdiskriminierung auch weiterhin dranbleiben.

Wurden die Förderrichtlinien nach einer Diskussion in der Sendung „Bürgeranwalt“ geändert?

Das Land Niederösterreich änderte prompt die Richtlinien. Nun besteht die Möglichkeit einen Antrag zu stellen, um 10 % der Investitionssumme in Form einer Direktförderung zu erhalten. „Es ist sehr positiv, dass das Land hier so reagiert hat“, so Volksanwalt Amon. Die Benachteiligung aufgrund des Alters bleibt dennoch bestehen: Denn mit einer Finanzierung über einen Kredit, den der betagte Betroffene von der Bank jedoch nicht bewilligt bekam, hätte er nicht 10 %  sondern 30 % der Errichtungskosten erhalten. Es sei zwar üblich, dass Direktförderungen geringer ausfallen als Zuschüsse zu Krediten, so der Volksanwalt, dennoch sei die Weigerung der Bank einen Kredit an ältere Personen zu vergeben, altersdiskriminierend.

Die Volksanwaltschaft wird weiterhin am Thema Altersdiskriminierung dranbleiben. „Es muss in unserer Gesellschaft selbstverständlich sein, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben“, betont Volksanwalt Amon abschließend.