Erstes Jahr als nationales Menschenrechtshaus

26. Juni 2013

Mit 1. Juli 2012 hat der Gesetzgeber der Volksanwaltschaft das verfassungsgesetzliche Mandat zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte übertragen. Nach einem Jahr lässt sich bilanzieren, dass die Volksanwaltschaft gemeinsam mit ihren Kommissionen und dem Menschenrechtsbeirat  einen wertvollen Beitrag für den präventiven Menschenrechtsschutz leistet. Die Kommissionen haben bisher rund 400 Kontrollen in Einrichtungen, wo es zu Freiheitsentzug oder Misshandlung kommt oder kommen kann, durchgeführt. In einigen Fällen, wo menschenrechtliche Defizite zu erkennen waren, wurden bereits Maßnahmen zu deren Behebung gesetzt.

So konnte die Volksanwaltschaft im Justizbereich erreichen, dass Häftlinge, die in Toiletten mit Kameras überwacht werden, auf den Bildern nur mehr schemenhaft erkennbar sind. Das Justizministerium veranlasste, in der Justizanstalt Innsbruck lichtdurchlässige Klebestreifen auf der Kamera anzubringen. Ebenfalls in der Justizanstalt Innsbruck erwirkte die Volksanwaltschaft, dass Probebehälter für Urintests im Zuge von Drogenkontrollen künftig vor der Harnabgabe beschriftet werden. Damit wird das Verwechslungsrisiko bedeutend vermindert. In der Justizanstalt Sonnberg konnte die Volksanwaltschaft eine deutliche Verbesserung der Zustände der Besuchsräumlichkeiten herbeiführen. Außerdem ist die Errichtung eigener Räumlichkeiten für Langzeitbesuche in Planung.

Aufgrund der Kritik der Kommissionen setzte das Innenministerium Maßnahmen, um Mängel in Polizeieinrichtungen zu beheben. So wurde im Polizeianhaltezentrum in Bludenz ein Sichtschutz für die Toiletten in den Zellen montiert. Im Polizeianhaltezentrum in Salzburg wurde die Überwachungszelle mit Infrarotkameras ausgestattet, sodass in der Nacht keine künstliche Beleuchtung mehr erforderlich ist. In der Polizeiinspektion in Vösendorf wurde der feuchte und teilweise schimmelige Keller, in dem sich auch Zellen befinden, trocken gelegt und ausgemalt. Andere Hafträume, die erhebliche Mängel aufwiesen, wurden außer Betrieb genommen. So etwa in Schwechat, wo die zuständige Kommission Gegenstände wie Glasspiegel, Metallhaken, etc. gefunden hat, die zur Selbst- oder Fremdverletzung verwendet werden könnten.

Die Volksanwaltschaft verweist darauf, dass bislang keine menschenrechtsbezogenen Handlungsanleitungen für die alltägliche Betreuungsarbeit in sozialen Einrichtungen existieren. Dies, obwohl gerade auch verdeckte Formen der Gewalt aufgrund der in Institutionen vorzufindenden Strukturen Eingriffe in Menschenrechte begünstigen können. Die Volksanwaltschaft hat dies etwa in Bezug auf die Verwendung von Netzbetten in psychiatrischen Einrichtungen und Alten- und Pflegeheimen erkannt. Sie betont, dass gezielte Interventionen und verbesserte Arbeitsbedingungen erforderlich sind, um unrechtmäßige Freiheitsbeschränkungen, Isolation, nicht adäquate medizinische oder medikamentöse Versorgung, fehlende Aktivierung, Mangelernährung, etc. zu vermeiden. Besondere Achtsamkeit ist bei teils prekären Lebens- und Aufenthaltsbedingungen von Kindern und Jugendlichen sowie Menschen mit Behinderungen geboten. Hilfebedürftigkeit, die mit Alter, Behinderungen und Pflegebedürftigkeit einhergehen kann, dürfe auch bei steigendem Betreuungsbedarf nicht dazu führen, dass Menschenrechte missachtet werden.

Der Menschenrechtsbeirat führte bisher neun Sitzungen mit der Volksanwaltschaft durch. Er erstellte einen Katalog von Prüfschwerpunkten für die Kontrollbesuche und beriet die Volksanwaltschaft in rechtlichen Belangen. So stellte er fest, dass den Kommissionen im Sinne des Menschenrechtsschutzes umfassender Zugang zu medizinischen Daten von Häftlingen in Polizeianhaltezentren zu gewähren ist. Damit kann die Volksanwaltschaft umfassend überprüfen, ob medizinische Behandlungen an Orten der Freiheitsentziehung angemessen sind und zu keiner Erniedrigung oder unzulässigen Freiheitsbeschränkung etwa in Form einer medikamentösen „Ruhigstellung“ führen.