Einhaltung von Fristen bei Mehrphasenführerschein trotz Toleranzerlass nicht möglich

24. April 2021

Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz diskutierte diesmal im ORF den Fall einer jungen Wienerin und ihrer Probleme mit dem Mehrphasenführerschein: Sie hatte den Führerschein im August 2019 gemacht und war gemäß Führerscheingesetz dazu verpflichtet, binnen zwölf Monaten die zweite Ausbildungsphase zu absolvieren. Diese besteht aus zwei Perfektionsfahrten und einem Fahrsicherheitstraining, wobei zwischen der ersten und zweiten Perfektionsfahrt mindestens drei Monate liegen müssen.

Aufgrund eines Lockdowns konnte die Frau bereits fixierte Fahrstunden für die erste Perfektionsfahrt nicht wahrnehmen. Nach Ende des Lockdowns gab es einen großen Ansturm auf die Fahrschulen, was zu sehr langen Wartezeiten führte, sodass sie erst im August 2020 ihre erste Perfektionsfahrt machen konnte. Nach der Perfektionsfahrt schrieb ihr die Landespolizeidirektion Wien als Verkehrsbehörde: Für den Mehrphasenführerschein dürfe man höchstens zwölf Monate brauchen, weswegen sie sich bereits in der viermonatigen Nachfrist befände.

Durch eine zwischenzeitige symptomlose Coronaerkrankung sowie einen neuerlichen Lockdown im Dezember 2020 war es der Frau jedoch nicht möglich, die geforderte zweite Perfektionsfahrt innerhalb des verlangten Zeitraums zu absolvieren. Ihre zweite Perfektionsfahrt konnte die Frau schließlich mit einer knappen Verspätung im Jänner 2021 absolvieren. Aufgrund der Nichteinhaltung der Fristen hätte sie ihren Führerschein abgeben und 49,50 Euro bezahlen müssen. Die Probezeit hätte sich um ein Jahr verlängert, sodass der neue Führerschein nunmehr mit vier Probejahren verbunden gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin kritisierte, dass die Fristen des Mehrphasenführerscheins nicht an die Umstände der Corona-Pandemie angepasst worden seien.

Die Begründung für die Ablehnung einer Fristerstreckung ohne Probezeitverlängerung sah Volksanwalt Rosenkranz als sehr bedenklich an. Es sei hier nicht – wie erforderlich – der Einzelfall geprüft und die Lebensumstände der Frau berücksichtigt worden. Ausgemachte Termine für die offenen Fahrstunden seien immerhin auch nicht für den letztmöglichen Tag vereinbart worden, sondern fristgerecht. Laut Toleranzerlass des Verkehrsministeriums sollten alle Fristen großzügig unter Berücksichtigung des Corona-bedingten Engpasses bemessen werden. Für Maßnahmen, die nicht rechtzeitig absolviert werden konnten, sollen auf informellem Weg angemessene Fristen festgesetzt werden. Als besonders ärgerlich bezeichnete Volksanwalt Rosenkranz den Umstand, dass das Ministerium sogar die Möglichkeit gehabt hätte, den Bescheid aufzuheben, aber nicht reagiert habe.

Das Verkehrsamt Wien und das Verkehrsministerium übermittelten vor der Sendung schriftliche Stellungnahmen: Fristen seien dazu da, um eingehalten zu werden. Eine ausnahmsweise Fristerstreckung könnte nur dann gewährt werden, wenn der betroffenen Person die Einhaltung der Frist aufgrund Corona-bedingter Umstände nicht möglich gewesen ist.

Im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführerin genau aus diesem Grund die Einhaltung der Fristenläufe des Mehrphasenführerscheins nicht möglich. Volksanwalt Rosenkranz forderte daher eine neuerliche Prüfung des Falles durch das Verkehrsministerium und die Aufhebung der ergangenen Entscheidung.

Nachgefragt: Steinschlagschutzzaun neben Kapelle

2018 berichtete „Bürgeranwalt“ über die Errichtung eines Schutzzaunes gegen Steinschlag in Molln/OÖ. Bewohnerinnen und Bewohner der Ortschaft und die Grundeigentümer kritisierten, dass der Zaun die in Eigeninitiative liebevoll renovierte Kapelle „verschandle“. Die Grundeigentümer fühlten sich, weil kein Bauverfahren stattgefunden hatte, übergangen und wandten sich an die Volksanwaltschaft. Auch die Volksanwaltschaft vertrat den Standpunkt, dass für ein derartiges Bauprojekt ein Baubewilligungsverfahren erforderlich gewesen wäre, da der Zaun dazu geeignet war, das Landschaftsbild zu stören.

Die Wildbach- und Lawinenverbauung berief sich auf die gesetzes- und richtlinienkonforme Umsetzung des Schutzvorhabens. Schon in der Planungsphase seien die Eigentümer informiert und vor Baubeginn schriftlich um ihre Zustimmung ersucht worden, welche sie erteilt hätten. Einen Vorschlag, den Zaun zu bepflanzen, lehnte das Landwirtschaftsministerium im Zuge des Prüfverfahrens der Volksanwaltschaft zunächst ab.

Eine neuerliche Nachschau der Lage vor Ort zeigte, dass inzwischen von der Wildbachverbauung Sträucher gepflanzt wurden, die in einigen Jahren einen Sichtschutz bieten werden. Die Grundeigentümer zeigten sich zufrieden. Volksanwalt Rosenkranz kritisierte abschließend, dass die Gemeinde die vertragliche Zusage, mit den Eigentümern die Errichtung der Anlage detailliert abzusprechen, nicht eingehalten hatte. Er begrüßte aber, dass die Wildbach- und Lawinenverbauung der Anregung der Volksanwaltschaft folgte und die Anlage ohne Beeinträchtigung der Schutzwirkung bepflanzte, um eine bessere Orts- und Landschaftsbildverträglichkeit herzustellen.