Ein gesunder junger Mann will zum Bundesheer. Weil er früher eine Frau war, darf er das nicht.
Der 20-jährige Herr P. kam 2000 in Niederösterreich als Mädchen zur Welt. 2016 wuchs dann der Wunsch ein Junge zu sein, woraufhin ein Transformationsprozess, begleitet von Psychologen, begann. Seine Familie unterstützte den jungen Mann dabei liebevoll. Letztlich wurde eine Mastektomie durchgeführt und eine Hormontherapie folgte. Im Jahr 2018 ließ Herr P. dann endgültig seinen Namen und Personenstand ändern. Er ist nun ganz offiziell ein Mann. Nach der offiziellen Änderung des Personenstands, suchte er um einen Stellungstermin an. Nach einigen Untersuchungen, die Herr P. gut absolvierte, wurde ihm mitgeteilt, dass er aufgrund seines „Zustands“ untauglich sei. Erst bei vollständiger Geschlechtsangleichung sei eine Tauglichkeitsbescheinigung eventuell möglich. Sein größter Traum schien zu zerplatzen.
In seiner Verzweiflung wandte sich Herr P. hilfesuchend an die Volksanwaltschaft, wo sich Volksanwalt Amon der Sache annahm. Im Studio des Bürgeranwalts diskutierte er dazu mit Oberst Bauer, Sprecher des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Der Volksanwalt fragte nach, warum Herr P. seine Berufslaufbahn nicht beim Bundesheer starten dürfe, wo es doch auch bereits bekannte Fälle von transgender Personen beim Bundesheer gäbe.
Oberst Bauer verteidigte die Absage und erklärte, dass die Stellungskommission immer auch zum Schutz des Betroffenen entscheidet. „Die Untauglichkeit ist uns als Volksanwaltschaft sehr schwer nachzuvollziehen“, so Volksanwalt Amon. „Wir sehen hier eine Gleichbehandlungsverletzung“, unterstreicht er die Situation. „Herr P. ist nach dem Personenstandsgesetz als männlich eingetragen. Und das ist entscheidend. Streng genommen wäre er sogar wehrpflichtig“, betonte Amon im Studio.
Die Bewertung der Stellungskommission von Herrn P. ergab eine Bewertung von 8 auf einer Skala von 1-9 (9 wäre das beste). Der Volksanwalt regt an, dass man sich Gedanken machen müsse über die medizinische Bewertungshilfe der Abteilung des militärischen Gesundheitswesens, wo es heißt „... ein Stellungspflichtiger bei Fehlen eines äußeren Genitals für untauglich zu befinden ist“ und ob diese überhaupt noch zeitgemäß sei. Volksanwalt Amon unterstreicht, dass zudem auch die gängige Judikatur sagt, dass der Personenstand entscheidend sei und der überwiegende äußere Eindruck ob jemand männlich oder weiblich ist und ein fehlendes Genital kein Hindernis darstelle, weshalb diese medizinische Bewertungshilfe tatsächlich kritisch zu betrachten sei.
Oberst Bauer erklärte, dass sich das Endergebnis immer aus dem medizinischen und dem psychologischen Aspekt gemeinsam zusammensetze. Weiters führte er an, dass wenn sich die Entwicklung des Herrn P. geändert habe, es jederzeit möglich wäre, formlos einen Antrag auf neuerliche Stellung zu beantragen, was ihm sicherlich auch gewährt werden würde. Zusätzlich werde er Herrn P. anbieten, einen Schnuppertag beim Militärhundezentrum zu verbringen, um einen Einblick in die Arbeit dort zu bekommen.
„Ich nehme Oberst Bauer beim Wort und gehe davon aus, dass Herr P. noch einmal die Möglichkeit bekommt, beim Bundesheer vorstellig zu werden“, so Amon abschließend. Die Volksanwaltschaft bleibt an dem Fall dran.
Nachgefragt: Bekommen ausländische 24-Stunden-Betreuerinnen nun doch Unterstützung aus dem Härtefallfond?
Die Abhängigkeit des heimischen Pflegesystems von 24-Stunden-Betreuerinnen aus dem Ausland ist in der Corona-Krise einmal mehr deutlich geworden. Trotz hoher Verdienstrückgänge wegen geschlossener Grenzen bekamen viele von ihnen aber nichts aus dem sogenannten Härtefallfonds. Etwa weil sie kein inländisches Bankkonto haben. Volksanwalt Werner Amon sah im Oktober 2020 Änderungsbedarf in den Förderbedingungen, vor allem, weil die Forderung nach einem inländischen Bankkonto klar EU rechtswidrig sei. „Es ist ein Faktum, dass es eine Verordnung der Europäischen Union gibt, die sogenannte SEPA (Single Euro Payments Area) Verordnung“, stellte Amon klar – „das heißt jedes Konto im EU Ausland ist genauso gut wie ein österreichisches Konto.“ Die Volksanwaltschaft konnte aus diesen Gründen nicht nachvollziehen, welchen Missbrauch das Finanzministerium hier befürchtete.
Was hat sich seither getan?
Mittlerweile hat das BMF auch hier eingelenkt, und es ist den Pflegerinnen und Pflegern möglich, erneut einen Antrag zu stellen und Unterstützung aus dem Härtefallfonds zu erhalten, auch ohne österreichisches Bankkonto.
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