Bürgeranwalt: Angehörige dürfen Wachkomapatientin nicht besuchen

30. Mai 2020

Angehörige von Wachkomapatienten üben Kritik. Sind die Corona-Regeln zu restriktiv? Wer bestimmt, wann pflegende Angehörige ihre Liebsten wiedersehen können? Mühsam erarbeitete Fortschritte in der Genesung könnten durch die Isolation zunichte gemacht werden.

Wachkomapatienten sind seit Wochen Corona-bedingt von ihren Angehörigen isoliert. Ein unerträglicher Zustand, klagt die Mutter einer Tochter, die nach einem schweren Unfall in einem Pflegewohnhaus untergebracht ist. Sind die Regeln in den Heimen zu restriktiv? Im ORF-Bürgeranwalt-Studio diskutierte ein Vertreter des Wiener Krankenanstalten-verbundes (KAV) mit Volksanwalt Bernhard Achitz und der Angehörigen einer Wachkoma-Patientin.

Markus Pederiva vom KAV rechtfertigte die Besuchsbeschränkungen mit der Sondersituation in der Coronakrise, kündigte aber Erleichterungen an. Volksanwalt Achitz hat zwar prinzipiell Verständnis, dass die Bewohnerinnen und Bewohner besonders geschützt werden sollten, verweist aber auf eigentlich vorgesehene Ausnahmen, die angewandt werden müssten: „Eine dieser Ausnahmen sagt, Besuche sind zuzulassen bei Menschen in besonderen, kritischen Lebenslagen – und Wachkomaptientinnen und -patienten fallen da wohl eindeutig darunter.“

Allerdings kritisiert Achitz, dass die Entscheidung über solche Ausnahmen bei der Leiterin bzw. dem Leiter der einzelnen Pflegeeinrichtung liegt – „denen halst die Politik hier sehr viel Verantwortung auf. Was fehlt, sind klare Richtlinien der Politik.“

Cornelia Svatek, Angehörige einer Wachkomapatientin, weist auf einen grundlegenden Unterschied hin: Während andere Besucherinnen und Besucher eben nur zu Besuch in Spitäler und Pflegeeinrichtungen kommen würden, nehmen die Angehörigen der Wachkomapatienten auch pflegerische Aufgaben wahr. Volksanwalt Achitz: „Die Angehörigen werden alles tun, um die Patientinnen und Patienten nicht zu gefährden. Die Einrichtungen könnten in sie das gleiche Vertrauen setzen wie in das eigene Personal.“ Auch das Personal geht ja nach der Arbeit aus dem Spital und kommt erst am nächsten Tag wieder.

Eine Mutter-Kind-Pass-Bestätigung wurde nicht weggeschickt: Müssen 1.300 Euro zurückbezahlt werden?

Silvia Bruni hat zwei kleine Kinder. Derzeit bezieht sie Kinderbetreuungsgeld – doch das wurde ihr um 1.300 Euro gekürzt. Sie hat zwar die im Mutter-Kind-Pass vorgesehenen Untersuchungen machen lassen, aber leider nicht alle Bestätigungen an die Krankenkasse geschickt. Bestraft werden also nicht Eltern, die Untersuchungen nicht gemacht haben und dadurch die Gesundheit des Kindes gefährden, sondern die nur auf das Abschicken einer Bestätigung vergessen haben.

Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen müssen spätestens bis zum 14. Lebensmonat durchgeführt, die Bestätigungen darüber bis zum 18. Lebensmonat an die Krankenkasse geschickt werden. Fehlende Bestätigungen führen zu Kürzungen des Kinderbetreuungsgelds – für jeden Elternteil um 1.300 Euro. Für Volksanwalt Achitz „nicht bürgerinnen- bzw. bürgerfreundlich.“ Um Spielraum zu schaffen, müssten das Familienministerium und der Nationalrat die Initiative ergreifen und das Kinderbetreuungsgeldgesetz ändern.

Die Volksanwaltschaft kritisiert außerdem einen weiteren Punkt: Werden die Untersuchungen von einem Kassenarzt bzw. einer Kassenärztin durchgeführt und mit der Krankenkasse verrechnet, dann weiß letztere ohnehin, dass die Untersuchungen stattgefunden haben. Die Gesetzeslage sanktioniert also, wenn man die Bestätigung jener Stelle nicht vorlegt, bei der sie ohnehin vorliegt. Achitz: „Diese kafkaeske Gesetzeslage sollte bereinigt werden.“