Brinek: Verkauf von Flächenwidmungen?
Der Streit innerhalb der burgenländischen Gemeinde entbrannte an einer Flächenumwidmung für eine 110 qm große Teilfläche eines Grundstückes, welches von "landwirtschaftlich genutzte Grünfläche" in "Grünfläche – nicht landwirtschaftliche Bauten zur Grünlandnutzung" umgewidmet werden sollte. Ein beinahe alltäglicher Vorgang, bei dem allerdings schwerwiegende Probleme zum Vorschein traten.
Das Eigentümer-Ehepaar zahlte der Gemeinde nämlich rund 1.700 Euro als Kostenersatz für die besagte Änderung der Flächenwidmung, die der Gemeinderat allerdings einstimmig ablehnte. Als die Gemeindevertretung sich dann auch noch weigerte, die bezahlte Summe – angesichts der nicht erbrachten Leistung – zurückzuerstatten, wandten sich die Betroffenen an die Volksanwaltschaft, die einstimmig etliche Mängel mit weitreichender Wirkung feststellte.
So enthält die von der Gemeinde aufgesetzte „Erklärung über die Tragung der Verfahrenskosten“ weder die Höhe der Verfahrenskosten noch die aufschiebende Bedingung, dass die Vereinbarung erst dann rechtswirksam wird, wenn der Gemeinderat die Umwidmung beschlossen hat. Anstatt die bereits bezahlten Verfahrenskosten zurückzuerstatten, erklärte die Gemeindeverwaltung einem zu erwartenden gerichtlichen Verfahren nicht vorgreifen zu wollen, und den von den Grundeigentümern bezahlten Betrag nicht zu retournieren. Zudem behielt sich der Bürgermeister der Gemeinde - ohne jede Rechtsgrundlage - vor, die Kosten einer Gemeinderatssitzung zu diesem Fall in Höhe von ca. € 700,- auf die Beschwerdeführerin und ihren Ehemann zu überwälzen.
Daher richtete die Volksanwaltschaft – aufgrund ihrer verfassungsrechtlich bestimmten Aufgaben - an den Gemeinderat der Marktgemeinde Horitschon die Empfehlung, den Betroffenen die bezahlten Verfahrenskosten samt Zinsen zurückzuerstatten und das Bezug habende Sitzungsprotokoll samt Beleg über die Rücküberweisung vorzulegen, sowie klarzustellen, dass die für die angesprochene Gemeinderatssitzung angefallenen Kosten nicht auf die Beschwerdeführerin und ihren Ehemann überwälzt werden. Als Reaktion auf diese Empfehlung beschloss der Gemeinderat einerseits, die Verfahrenskosten von rund 1.700 Euro nicht zurückzuerstatten, andererseits aber die Sitzungskosten nicht zu verrechnen.
Daraufhin klagte das Ehepaar die Marktgemeinde Horitschon auf Rückzahlung der Raumplanungskosten von € 1.700,-. Das Bezirksgericht Oberpullendorf schloss sich der Rechtsansicht der Volksanwaltschaft an und verurteilte die Gemeinde zur Rückzahlung dieses Betrages. Das Landesgericht Eisenstadt gab der Berufung der Gemeinde gegen dieses Urteil am 17. April 2012 keine Folge. Wie schon zuvor die Volksanwaltschaft stellte das Landesgericht fest, dass nach dem Burgenländischen Raumplanungsgesetz (§ 19 Abs. 5) nur Änderungen von Flächenwidmungsplänen auf Grundstückseigentümer überwälzt werden dürfen. Im vorliegenden Fall hatte der Gemeinderat die von den Eigentümern angeregte Änderung aber nicht beschlossen.
Die Volksanwaltschaft hegt darüber hinaus verfassungsrechtliche Bedenken gegen die von der Marktgemeinde Horitschon angewandte Bestimmung des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes:
Sie gibt der Gemeinde nämlich die Möglichkeit, Flächenwidmungen von der Entrichtung eines der Höhe nach nicht begrenzten Entgelts abhängig zu machen. Der Eigentümer hat bloß die Wahl, entweder den von der Gemeinde verlangten Betrag zu bezahlen oder sich mit der bestehenden Widmung abzufinden. Weigert sich die Gemeinde, trotz Kostenübernahme die Umwidmung vorzunehmen, steht den Betroffenen nach dem geltenden öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzsystem kein Mittel zur Verfügung, eine Änderung des Planes durchzusetzen.
Diese Verknüpfung von Vertrag und Hoheitsakt birgt daher die Gefahr eines rechtsmissbräuchlichen Einsatzes von Verträgen und eines „Verkaufs von Flächenwidmungen“ in sich. Zwar sieht das Burgenländische Raumplanungsgesetz keine zwingende Verknüpfung von Vertrag und Hoheitsakt vor, doch hat die Gemeinde faktisch die Macht, die Umwidmung bloß deshalb zu versagen, weil sich der Grundeigentümer weigert, die geforderten Planungskosten zu übernehmen. Er kann zudem nicht verhindern, dass die Gemeinde – wie hier - trotz Kostenübernahme die Umwidmung verweigert.
Nach Ansicht der Volksanwaltschaft sollte der Burgenländische Landesgesetzgeber daher den Vertragsinhalt näher vorherbestimmen, wie dies etwa im Steiermärkischen Raumordnungsgesetz 2010 (§ 43 Abs. 1) geschehen ist, oder die Vorschreibung eines Kostenbeitrags mit Bescheid vorsehen.