Böses Erwachen
Im Bereich der Bau- und Raumordnung liegen Theorie und Praxis oft weit auseinander. Immer wieder ignorieren Bauherrinnen und Bauherren gesetzliche Bestimmungen oder weichen eigenmächtig von bereits bewilligten Plänen ab. Doch auch die, für die Kontrolle der Einhaltung von Bauvorschriften zuständigen Baubehörden, reagieren nicht immer mit der gebotenen Effizienz. In Extremfällen können Behörden noch nach Jahrzehnten auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften drängen und so für böses Erwachen bei den Betroffenen sorgen.
In einem besonders skurrilen Fall wandte sich etwa ein Salzburger Hilfe suchend an die Volksanwaltschaft. Er hatte das Haus seiner Mutter geerbt und war äußerst erstaunt, als das Bauamt ihn dazu aufforderte, binnen vier Wochen Formulare zu Bescheiden vorzulegen, deren jüngster bereits 34 Jahre alt ist. Die Aufforderung betraf unter anderem die Lage eines Lichtschalters, im vor 63 Jahren errichteten Badezimmer sowie ein Hausanschlussprotokoll für ein vor 56 Jahren genehmigtes aber niemals errichtetes Nebengebäude.
Bei einem weiteren Fall in Oberösterreich sorgte eine ohne Baubewilligung erbaute Garage für Aufregung. Per Bürgermeisterbescheid hätte der damalige Eigentümer das Gebäude bereits 1986 wieder beseitigen oder um nachträgliche Baubewilligung ansuchen müssen. Der mittlerweile längst verstorbene Eigentümer legte kurz darauf Berufung ein. Der negative Berufungsbescheid wurde allerdings erst 30 Jahre später ausgestellt.
Auch eine Kärntner Familie wurde von einem Schreiben der Baubehörde überrascht. Sie wurde dazu aufgefordert, die Fertigstellung eines – bereits vor 21 Jahren abgeschlossenen - Bauvorhabens zu melden.
Baubehörden sind dazu verpflichtet, bei Verstößen gegen die Bauordnung auch nach Jahrzehnten noch aktiv zu werden. Volksanwältin Brinek ruft dennoch zu mehr Effizienz auf: „Es ist verständlich, dass behördliche Aufforderungen für Unmut sorgen, wenn diese erst nach etlichen Jahren ausgestellt werden. Baubehörden sollten bei der Kontrolle der Einhaltung von Bauvorschriften so rasch wie möglich vorgehen. Dies kommt im Endeffekt sowohl der Verwaltung als auch den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern zugute und stärkt das Vertrauen in Behörden und Verwaltung.“