Bemühungen der Volksanwaltschaft in zwei Fällen erfolgreich

16. Jänner 2021

Nachgefragt: Ein elektrischer Rollstuhl im Stiegenhaus

Nach einem Zeckenbiss vor 20 Jahren hat Frau Gabriele M. eine Gehbehinderung und ist auf einen elektrischen Rollstuhl angewiesen. Sie wohnt in einem Wiener Gemeindebau, wo die geheingeschränkte Pensionistin ihren elektrischen Rollstuhl seit vielen Jahren am Gang gleich gegenüber dem Aufzug abstellt. Dann rutscht sie auf Knien in ihre Wohnung, in der sie bereits seit ihrer Geburt wohnt. Ihren kompletten Alltag zu Hause erledigt sie auf Knien, nur der elektrische Rollstuhl ermöglicht es ihr, selbständig zu leben und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Da der Rollstuhl aber nicht in ihre kleine Wohnung passt, steht er in einer Nische im Halbstock vor dem Aufzug.

Anfang 2020 bekam Frau M. unerwarteten Besuch der Ordnungsberater von Wiener Wohnen, die sie informierten, dass der Rollstuhl weg müsse und deshalb jederzeit entrümpelt werden könne. Frau M. bemühte sich bei Wiener Wohnen um eine Lösung und suchte um eine Stellplatzgenehmigung an. Diese wurde ihr nicht gewährt, dafür fand sie daraufhin einen Zettel mit einer Entrümpelungsaufforderung auf ihrem Rollstuhl vor. Mit Hilfe des Behindertenanwalts konnte Frau M. die Entrümpelung vorerst stoppen. Allerdings bleibt die Hausverwaltung bei ihrem Standpunkt, dass der Rollstuhl weg müsse. Wiener Wohnen verweist hierbei auf die MA 36, die für feuerpolizeiliche Angelegenheiten zuständig ist. Diese begründet die Ablehnung des Stellplatzgesuchs mit der Brandgefahr, die von dem Rollstuhl ausginge.

Das Angebot von Frau M. eine Brandschutzdecke über den Rollstuhl zu legen, lehnte man ab. Wiener Wohnen stellte die Errichtung einer Abstell-Box in Aussicht, allerdings wäre diese weder versichert noch isoliert, was für den Akku des Rollstuhls nicht zuträglich ist. Zudem wurde nicht erläutert, wo diese Box stehen soll und wie Frau M. den Weg dorthin bewältigen könne. Wiener Wohnen schlägt auch einen Umzug in eine barrierefreie Wohnung vor, aber diese Lösung ist für die Pensionistin schwer zu bewerkstelligen. Neben der emotionalen Ebene sind es vor allem die Kosten, die auf Frau M. abschreckend wirken, da eine barrierefreie Wohnung wesentlich teurer wäre als ihre derzeitige Wohnung. Zudem gäbe es noch gar kein konkretes Angebot von Wiener Wohnen.

„Die Gesamtsituation bringt klar zum Ausdruck, dass Frau M. auf den Rollstuhl angewiesen und hier eine Einzelfallprüfung erforderlich ist. Hier wäre Wiener Wohnen aufgefordert, sich genau mit der Frage auseinanderzusetzen“, so Amon.

Bemühungen der Volksanwaltschaft waren erfolgreich

Kurz vor Weihnachten überprüfte ein Gutachter der MA 68, zuständig für Feuerwehr und Katastrophenschutz, die Gegebenheiten im Stiegenhaus und befand, dass vom Rollstuhl keine Gefahr ausgehe und keine Notwendigkeit bestünde die Abstellung des Rollstuhles zu untersagen. Volksanwalt Amon betont, dass es nun auch seitens Wiener Wohnen nur noch eine Formsache sein könne, die Angelegenheit zu einem positiven Abschluss zu bringen. Tatsächlich reagierte Wiener Wohnen daraufhin und teilte in einem Schreiben mit: „Frau M. kann somit den E-Rollstuhl am von ihr gewünschten Ort abstellen und einen Stromanschluss im Bereich des Abstellortes herstellen lassen.“ Frau M. ist mit dieser Lösung sehr zufrieden und Volksanwalt Amon zeigt sich erfreut, dass durch die Bemühungen der Volksanwaltschaft wieder einmal ein Fall positiv gelöst werden konnte.

 

Nachgefragt: Ist die Badner Bahn endlich barrierefrei?

Seit 2013 bemühte sich der Bürgermeister von Maria Enzersdorf, Johann Zeiner, um einen barrierefreien Zugang zur Haltestelle der Badener Bahn „Maria Enzersdorf Südstadt“. Aus rechtlicher Sicht bestehen zwei Verpflichtungen zur Herstellung eines barrierefreien Zugangs zur Station: die seit 2008 geltende UN-Behindertenrechtskonvention und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG).

Die Wiener Lokalbahnen arbeiten bereits seit 2011 an einem Modernisierungsprogramm. Ziel sei, Fahrgästen mehr Sicherheit und Komfort zu bieten, aber auch die Barrierefreiheit der Stationen solle hergestellt werden. Seither haben 22 von 24 Haltestellen rollstuhlgerechte Zugänge, nur die Haltestellen Maria Enzersdorf Südstadt und Baden Viadukt wurden noch nicht für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer optimiert. Derzeit würden die verschiedenen Varianten für den Umbau in Abstimmung mit der Gemeinde analysiert. Anschließend solle ein vollständiger Umbau bis 2023 folgen, so die Wiener Lokalbahnen. Als Zwischenlösung solle bis Jahresende die Barrierefreiheit der Haltestelle Maria Enzersdorf Südstadt mit Hilfe eines Treppenliftes hergestellt werden.

Die Volksanwaltschaft forderte eine saubere Lösung und die rasche Herstellung vollständiger Barrierefreiheit durch den Bau eines ordentlichen Liftes. Die Wiener Lokalbahnen seien rechtlich verpflichtet die öffentliche Versorgung zu gewährleisten. Die Wiener Lokalbahnen haben auf diese Kritik reagiert und als Zwischenlösung einen Kleinbus mit Hebebühne eingesetzt, um barrierefrei von A nach B zu kommen. Weiters wurde die Station komplett modernisiert, die Bauarbeiten für den letzten wichtigen Schritt sollen demnächst im Frühjahr 2021 starten, damit die Station mit Einbau des Liftes endgültig barrierefrei ist.

„Das ist eine erfreuliche Maßnahme, allerdings sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass bei zukünftigen baulichen Massnahmen im Vorhinein die Barrierefreiheit gegeben ist!“ betont Volksanwalt Amon.