Volksanwaltschaft im Dialog mit der Zivilgesellschaft

8. April 2013

Um die Zivilgesellschaft in die neuen Aufgaben der Volksanwaltschaft als Nationaler Präventionsmechanismus für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte miteinzubeziehen, luden die Vorsitzende der Volksanwaltschaft, Mag.a Terezija Stoisits, Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek und Volksanwalt Dr. Peter Kostelka am 8. April 2013 zum NGO-Forum.

Rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer fanden sich bei der Volksanwaltschaft ein und reflektierten die bisherige Arbeit der Volksanwaltschaft als Nationaler Präventionsmechanismus. Vertreten waren NGOs aus ganz Österreich, die Vorsitzende und Vizevorsitzende des Menschenrechtsbeirates DDr. Renate Kicker und Dr. Gabriele Kucsko-Stadlmayer sowie weitere Mitglieder des Menschenrechtsbeirates. Auch KommissionsleiterInnen und -mitglieder nahmen an der Veranstaltung teil. Mit der langjährigen Präsidentin des Europäischen Anti-Folter Ausschusses (CPT), Dr. Silvia Casale, war das NGO-Forum auch international vertreten.

"Zur Aufgabe des Nationalen Präventionsmechanismus zur Folterverhütung gehört auch  der gesetzliche Auftrag mit der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten. Mit diesem Forum wollen wir mit jenen NGOs, die nicht im Menschenrechtsbeirat vertreten sind und sich im Menschenrechtsbereich engagieren, intensiv in Dialog treten", begrüßte die Vorsitzende der Volksanwaltschaft, Mag.a Terezija Stoisits die TeilnehmerInnen. Im Rahmen einer Präsentation legte sie die bisherigen Arbeitsschwerpunkte als Nationaler Präventionsmechanismus sowie die Kontrolltätigkeit der Kommissionen dar. Rund 260 Kontrollen in ganz Österreich haben die von der Volksanwaltschaft eingesetzten Kommissionen bisher durchgeführt. Auf Grundlage der in den Prüfprotokollen festgehaltenen Wahrnehmungen der Kommissionen hat die Volksanwaltschaft entsprechende Prüfverfahren eingeleitet.

Das Europäische System der Folterverhütung

Dr. Silvia Casale gab einen Überblick über das Europäische System der Folterverhütung, das auf der Umsetzung des UN-Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT) basiert. 67 Staaten haben bisher das UN-Protokoll unterzeichnet, darunter 35 in Europa. 46 Staaten haben einen Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) bestimmt, um das UN-Übereinkommen innerstaatlich umzusetzen, davon 29 in Europa. In 21 Staaten übernimmt eine unabhängige Volksanwaltschaft die Rolle als Nationaler Präventionsmechanismus. In vier wurde eine neue unabhängige Anstalt gegründet. In drei weiteren Staaten übernimmt eine unabhängige Aufsichtsbehörde diese Aufgabe. "Es ist schon viel gute Arbeit hinsichtlich präventivem Menschenrechtsschutz passiert, aber es gibt noch immer viel zu tun", schloss Dr. Casale ihre Präsentation.

Der Menschenrechtsbeirat übernimmt Schlüsselrolle in der Übersetzung internationaler Standards

"Der neue Menschenrechtsbeirat könnte eine Schlüsselrolle in der Übersetzung von internationalen in nationale Standards einnehmen", betonte DDr. Renate Kicker im Anschluss an Dr. Casales Sichtweise von außen. Kommissionsleiter Mag. Franjo Schruiff ermutigte die NGOs, sich aktiv am Prozess des präventiven Menschenrechtsschutzes zu beteiligen und regt einen intensiven Austausch mit allen Kommissionen an. "Schon bisher haben NGOs viele nützliche Informationen an die Kommissionen weiter gegeben und auch in Zukunft sollen sie diese Möglichkeit nutzen", so Schruiff.

Diskussion im Forum

Bei der anschließenden Diskussion im Forum wurden unterschiedliche Themenbereiche angesprochen. Es ging um Fragen der Zuständigkeit der Volksanwaltschaft, also wo sie konkret gegen Menschenrechtsverletzungen tätig werden kann sowie um die Themen Sachwalterschaften und Rechte für Menschen mit Behinderung. Die TeilnehmerInnen beschäftigte außerdem die Frage, wie die Kommissionen die zu besuchenden Einrichtungen aussuchen und in welcher Form die Öffentlichkeit über die Wahrnehmungen der Kommissionen informiert wird. Zuletzt wurden auch konkrete Bespiele menschenrechtlicher Defizite wie die Verwendung von Netzbetten in Psychiatrien angesprochen.

Verfassungsgesetzliches Mandat zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte

Seit Juli 2012 hat die Volksanwaltschaft ein verfassungsgesetzliches Mandat für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte. Die Volksanwaltschaft nimmt diesen Auftrag gemeinsam mit ihren Kommissionen als Nationaler Präventionsmechanismus (NPM) wahr. Damit werden das UN-Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT) sowie die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt.

Die Volksanwaltschaft ist verpflichtet, die Zivilgesellschaft in diese neuen Aufgabenbereiche miteinzubeziehen. Diese ist durch die NGOs im neuen Menschenrechtsbeirat, dem beratenden Organ der Volksanwaltschaft, prominent vertreten. Aber auch mit NGOs, die sich für Menschenrechte einsetzen und nicht im Menschenrechtsbeirat vertreten sind, tritt die Volksanwaltschaft in Dialog. Diesen haben die Volksanwältinnen und der Volksanwalt mit einer Informationsveranstaltung über OPCAT sowie die Zusammensetzung des Menschenrechtsbeirates im Februar 2012 eröffnet. Mit dem NGO-Forum am 8. April haben sie den Austausch nun fortgesetzt.

Im Vorfeld des NGO-Forums führten die Vorsitzende des Menschenrechtsbeirates, DDr. Renate Kicker und Dr. Silvia Casale ein Gespräch über die österreichische Konstruktion des NPM sowie die Rolle des Menschenrechtsbeirates. Das Gespräch können Sie hier nachlesen.