Volksanwaltschaft fordert Reformen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie

5. September 2016

Günther Kräuter: „Die Volksanwaltschaft wurde im Jahr 2012 vom Gesetzgeber mit einem UNO-Mandat zum Schutz von Menschenrechten in Österreich beauftragt. Insgesamt sechs Experten-Kommissionen besuchen mit dem Ziel des präventiven Menschenrechtsschutzes Einrichtungen, in denen es zur Einschränkung der persönlichen Freiheit kommt oder kommen kann. In der Steiermark wurden mittlerweile rund 200 Besuche durchgeführt.“ Ob Gefängnisse, Abschiebezentren, Alten- und Pflegeheime, Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Krankenhäuser, die Besuche erfolgten meist unangekündigt. Die Kommissionen haben vollen Zugang zu Dokumentationen und führen vertrauliche Gespräche.
Visitationen der Kinder- und Jugendpsychiatrie u.a. im LKH Graz und im LKH Hochsteiermark und Analysen der Rahmenbedingungen hätten gezeigt, dass in der Steiermark erhebliche Defizite festzustellen seien. 

Gabriele Fischer, zuständige Kommissionsleiterin, kritisiert scharf: "Über die letzten Monate haben Fachexperten der OPCAT-Kommission die Versorgung von psychisch kranken Minderjährigen geprüft - mit einem erschütternden Ergebnis. 2016 muss in der Steiermark Anleihe bei Robert Musil (1918-1942) genommen werden ‚die Betroffenen haben nicht nur eine minderwertige Gesundheit, sondern auch eine minderwertige Krankheit‘. Die Verantwortlichen (KAGES, Ärztekammer, Gebietskrankenkasse) ignorieren weitgehend die Bedürfnisse dieser Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern für eine fachgerechte Behandlung, erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang das große Engagement der einzigen kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung in der Steiermark.."

Auch die Universitätsklinik Graz versage in ihrer Verpflichtung zur Ausbildung, Versorgung und Forschung im Fachgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Besonders dramatisch stelle sich die Situation für Betroffene in der Obersteiermark und Süd-Weststeiermark dar, so Fischer. 

Die Volksanwaltschaft fordert daher:

1. Stationäre Behandlung Minderjähriger mit psychiatrischen Diagnosen ausschließlich auf Stationen der Kinder- und Jugendpsychiatrie;

2. Ausbau dezentraler stationärer, tagesklinischer und ambulanter Strukturen der Kinder- und Jugendpsychiatrie in der gesamten Steiermark;

3. Aufstockung der Ausbildungsplätze für Fachärztinnen und Fachärzte der Kinder- und Jugendpsychiatrie durch Schaffung von zusätzlichen Primariaten;

4. Einrichtung von Vertragsfacharztkassenplanstellen für die Kinder und Jungendpsychiatrie;

5. Dringliche Einrichtung eines Lehrstuhles für Kinder- und Jungendpsychiatrie an der Medizinischen Universitätsklinik Graz mit entsprechender Ressourcenfestlegung (ambulant, tagesklinisch, stationär) unter internationaler Ausschreibung (§ 98 UG 2002).