ORF-BÜRGERANWALT, 17.12.2011 MIT VOLKSANWALT DR. PETER KOSTELKA

17. Dezember 2011

Höhere Pflegegeldstufe verweigert

 

 „Die Gutachten sind im Grunde genommen das Problem bei der gesamten Pflegegeldproblematik. Es kommt immer wieder zu Schwierigkeiten“ betont Volksanwalt Dr. Peter Kostelka in der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ am 17. Dezember 2011. Der aufgegriffene Fall einer 83 jährigen Frau aus Pfaffstätten in Niederösterreich ist beispielhaft. Frau S. ist dement, kann seit fünf Jahren nicht mehr alleine gehen, kann nicht alleine sitzen, muss zudem gefüttert werden, und braucht somit rund um die Uhr Betreuung. Gepflegt wird die Dame seit 19 Jahren von Ihrer berufstätigen Tochter Elisabeth, die dabei allerdings Unterstützung braucht, nicht zuletzt deshalb, da sich der Zustand ihrer Mutter laufend verschlechtere. Um eine geeignete Pflegesituation schaffen zu können, suchte Elisabeth S. bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) um eine Erhöhung der Pflegegeldstufe an.

 Das Gutachten der PVA über diese Änderung erwies sich allerdings als problematisch. Innerhalb von nur etwa 15 Minuten sei die Mutter von dem Arzt der PVA untersucht worden, erklärt Tochter Elisabeth, wobei das Wort „Untersuchung“ hier nur schwer anzuwenden sei. Der Arzt habe der demenzkranken Frau nur ein paar Fragen gestellt, habe kurz die vorhandenen Befunde überflogen und verabschiedete sich wieder. Instrumente für eine Untersuchung hatte er nicht dabei berichtet die Tochter, nicht einmal ein Stethoskop. Umso erstaunlicher fiel das Gutachten aus. Laut Aussage des Arztes könne Frau S. ihre Mahlzeiten selbst einnehmen und brauche, obwohl unter Inkontinenz leidend, nur nachts Windeln.

 Weil sich aus diesem  Gutachten für die PVA kein höherer Pflegebedarf ergab, wandte sich Elisabeth S. an die Volksanwalt Kostelka, der Widersprüchlichkeiten ortet. „Diese Gutachten haben schlüssig zu sein“ betont der Volksanwalt und erklärt weiter: „Das Gutachten nimmt Bezug auf Untersuchungen, die gar nicht stattgefunden haben“. Die begutachtenden Stellen, so Kostelka, täten gut daran „die Qualitätsstandards noch ernster zu nehmen und die Gutachter auch entsprechend darauf zu trimmen.“

 „Dieses Gutachten entspricht nicht den Qualitätskriterien, die wir sonst fordern“ bestätigt der stellvertretende Chefarzt der PVA, Dr. Klaus Rudolf Pirich, die Ansichten des Volksanwalts, und gesteht Fehler ein. Noch in der Studiodiskussion stellt Dr. Pirich ein neuerliches Gutachten in Aussicht, welches von einem Spezialisten erstellt werde, um der Demenzerkrankung von Frau S. auch wirklich gerecht werden zu können.

Die Volksanwaltschaft blieb aber natürlich an diesem Fall dran, und berichtete in der Sendung vom 10. März 2012, in der Rubrik "Nachgefragt" über den neuen Stand der Dinge: Schon kurz nach der Sendung wurde die Mutter von Frau N.N. von einer Ärztin für Neurologie erneut untersucht. Das daraufhin erstellte Gutachten führte dazu, dass der Mutter von Frau N.N. problemlos die Pflegegeldstufe 6 zuerkannt wurde. Aufgrund dieser neuen Entwicklung kann sich Frau N.N. nun zusätzliche Hilfe bei der Pflege ihrer Mutter leisten - eine enorme Erleichterung für die berufstätige Frau.

Volksanwalt Kostelka zeigte sich zufrieden über den Ausgang dieses Falles und erfreut über das rasche Handeln der PVA. Er wies aber auch darauf hin, dass falsche Pflegegeldeinstufungen sowohl für die Betroffenen, als auch für ihre pflegenden Familienangehörigen oft ein großes Problem darstellen und appellierte an alle Betroffenen, sich in ähnlich gelagerten Fällen an die Volksanwaltschaft zu wenden.

 

 Nachgefragt: Schiefe Optik bei Augen-OP

 

 In der Sendung Bürgeranwalt vom 22. Oktober wurde über Augenoperationen mit Lasertechnik berichtet. Mit solchen Eingriffen können viele Formen von Fehlsichtigkeit behoben werden. Der gezeigte Fall drehte sich jedoch um die grundlegende Frage, wann ein solcher Eingriff medizinisch notwendig ist und wann es sich um eine Schönheitsoperation handelt. Denn anhand dieser Frage entscheidet sich auch, ob der Eingriff privat gezahlt werden muss, oder ob die Krankenkasse die Kosten trägt.

 Nachdem sich bei der stark kurzsichtigen Frau Rosemarie B. nach rund 23 Jahren eine Kontaktlinsenunverträglichkeit eingestellt hatte, wollte sie ihre Fehlsichtigkeit operativ korrigieren lassen. Dieser Eingriff wurde auch von der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse als medizinisch notwendig eingestuft – die Kosten wären also von der GKK übernommen worden. Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder sah man die Sachlage allerdings anders. Nach einer Untersuchung stellte man fest, dass keine medizinische Notwendigkeit gegeben sei und teilte Frau B. mit, dass sie trotz chefärztlicher Bewilligung für diesen Eingriff 5.000 Euro bezahlen müsse. Diese unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Kostenübernahme führten Frau B. zu Volksanwalt Dr. Peter Kostelka, der sich ihres Falles annahm und in der Studiodiskussion betonte, dass Frau B. Anspruch auf Rechtssicherheit habe.

 Inzwischen wurde der Streit zwischen der Krankenkasse und dem Spital beigelegt. Die beiden Institutionen konnten sich über die Kriterien wonach ein operativer Eingriff als medizinisch notwendig anzusehen ist einigen. Zudem konnte man sich auch über den Umgang mit Altfällen einigen, berichtet der Direktor der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse: „Jeder Patient bzw. jede Patientin, die bei der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse versichert ist und von uns eine chefärztliche Bewilligung hat, kann sich operieren lassen. Wenn sie oder er bereits operiert wurde und dabei trotz Bewilligung die Kosten privat getragen hat, wird der Betrag rückerstattet.“

 „Genau das wollten wir“ zeigt sich Volksanwalt Kostelka mit dieser Lösung zufrieden. Beim Vorliegen einer Bewilligung der Krankenkasse könne der Arzt keine zusätzliche private Bezahlung verlangen - das sei unerträglich.