OPCAT: Kommissionsleiterinnen und -leiter bestellt

15. Mai 2012

OPCAT: Volksanwaltschaft bestellt Kommissionsleiterinnen und Kommissionsleiter

Am 1. Juli 2012 tritt die bislang größte Kompetenzerweiterung für die Volksanwaltschaft seit ihrer Gründung 1977 in Kraft. Die Volksanwaltschaft und die von ihr eingesetzten Kommissionen kontrollieren in Zukunft präventiv staatliche und private Einrichtungen, in denen es zum Entzug oder der Beschränkung der Freiheit kommen kann. Darüber hinaus überprüft bzw. besucht die Volksanwaltschaft Einrichtungen und Programme für Menschen mit Behinderungen, um Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch zu verhindern.

Die Mitglieder der Volksanwaltschaft haben nun nach der Bestellung der Vorsitzenden sowie der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Menschenrechtsbeirates (MRB) weitere wichtige Weichenstellungen vorgenommen und die sechs Leiterinnen und Leiter der Kommissionen bestellt. „Die Mitglieder der Volksanwaltschaft waren von der Qualität der eingelangten Bewerbungen und dem Interesse von über 100 namhaften Expertinnen und Experten beeindruckt. Dies spiegelt ein großes Vertrauen in die Volksanwaltschaft und ihre neuen Aufgaben wider. Nach Hearings mit 20 Kandidatinnen und Kandidaten haben sich sechs herausragende Expertinnen und Experten durchgesetzt, die das gesamte zukünftige breite Mandat der Volksanwaltschaft hervorragend abdecken werden“, so die Vorsitzende der Volksanwaltschaft Dr. Gertrude Brinek.

1.       Verfahren zur Bestellung

Sowohl die Mitglieder der Kommissionen als auch deren Leiterinnen und Leiter werden von der Volksanwaltschaft bestellt. Die diesbezüglichen Ausschreibungen erfolgten in Absprache mit den Vorsitzenden des MRB bereits Ende März 2012, um eine fristgerechte Aufnahme der Tätigkeit am 1. Juli 2012 sicherzustellen. Bei der konstituierenden Sitzung des Menschenrechtsbeirates am 11. April 2012 wurde ein Verfahren zur Findung der Kommissionsleitungen festgelegt.

Von insgesamt 108 Bewerberinnen und Bewerbern um Kommissionsleitungen wurden 20 Personen von den Mitgliedern der Volksanwaltschaft zu einem jeweils einstündigen Bewerbungsgespräch eingeladen. Von den Mitgliedern der Volksanwaltschaft wurden nach Beratung mit der Vorsitzenden und der stv. Vorsitzenden des MRB sechs Personen für die Kommissionsleitungen vorgeschlagen. Gemäß den ab 1. Juli 2012 in Kraft tretenden neuen Rechtsgrundlagen der Volksanwaltschaft, die ein Anhörungsrecht des MRB in dieser Angelegenheit vorsehen, erörterten die Mitglieder der Volksanwaltschaft diesen Vorschlag mit dem MRB in seiner Sitzung am 14. Mai 2012. Anschließend erfolgte die formelle Bestellung der Kommissionsleiterinnen und –leiter durch einen einstimmigen Beschluss der Mitglieder der Volksanwaltschaft.

2.       Die neuen Kommissionsleiterinnen und -leiter

Folgende sechs Personen haben sich - alphabetisch gereiht – als besonders herausragend qualifiziert und werden von den Mitgliedern der Volksanwaltschaft mit Wirkung vom 1. Juli 2012 als Kommissionsleiterinnen und –leiter bestellt.

Dr. Ernst BERGERRegion Wien/NÖ/Bgld, ao. Univ. Prof. i.R., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Univ. Doz. f. Neurologie und Psychiatrie d. Kindes- und Jugendalters, Facharztzusatztitel „Kinderneuropsychiatrie“; 1980 – 2010 Lektor an der Universität Wien, insb. am Institut f. Bildungswissenschaften  (Sonder- und Heilpädagogik); 1990 – 2007 Vorstand d Neuropsychiatrischen Abteilung für Kinder und Jugendliche mit Behindertenzentrum am Neurologischen Zentrum Rosenhügel, eingetragener Psychotherapeut, Projektleiter der Stadt Wien f. kinder- und jugendneuropsychiatrische Versorgung in Wien, Ehrenpräsident der österr. Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, mehrere Auszeichnungen, zahlreiche Publikationen

Dr. Reinhard KLAUSHOFER Region Salzburg, OÖ; Privat-Doz. az. Prof. (Lehrbefugnis für das wissenschaftliche Fach „Verfassungs- und Verwaltungsrecht“), vielfach nachgewiesene Menschenrechtsexpertise (ua. in EU-Twinning Projekten, als Konsulent für Krankenanstalten und Behinderteneinrichtungen), Leiter eines großen multidisziplinären Forschungsprojekts zum Thema Datenschutz, Gutachtertätigkeit, mehrfache Mitgliedschaft in Untersuchungs- und Beratungsgremien, Vortrags- und Publikationstätigkeit zu praktischen und theoretischen Fragen der Menschenrechte (insb. auch zu Freiheitsbeschränkungen im Strafvollzug und in Heimen), bisher Kommissionsleiter

Dr. Manfred NOWAKRegion Wien/NÖ/Bgld, Univ. Prof. für Internat. Recht und Menschenrechte d. Univ. Wien, 1986 Habilitation für das Fach Österreichisches Verfassungsrecht an der Universität Wien, 1987 – 1989 Direktor des Niederländischen Menschenrechtsinstituts,  seit 1992 wissenschaftlicher Leiter d. Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte, 2004 – 2010 UNO-Sonderberichterstatter über Folter, umfassende  internationale Lehr-, Forschungs- und Publikationstätigkeit, menschenrechtliche und menschenrechtspolitische hochrangige Funktionen und Leitungsaufgaben, Mitglied des österreichischen Monitoringausschusses (UNO-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung), mehrere Auszeichnungen, bisher Kommissionsleiter

Mag. Franjo SCHRUIFF – Region Wien/NÖ/Bgld, RA, Spezialgebiet Arbeits- und Sozialrecht, vielfältige juristische und menschenrechtliche Erfahrung, 1991 – 1999 Parlamentarischer Referent f. Minderheiten, Menschenrechts- und Migrationspolitik; 1986 – 1990 Radio- und Fernsehredakteur im ORF (Landesstudio Burgenland), Burgenlandkroatisch als zweite Muttersprache, weitere vielfältige Sprachkenntnisse im Bereich Osteuropa, Übersetzungstätigkeiten, mehrfaches ehrenamtliches  Engagement in Menschenrechtsorganisationen (ua. Liga für Menschenrechte, Int. Helsinki-Föderation, Initiative Minderheiten), zahlreiche einschlägige Publikationen, bisher Kommissionsmitglied

Dr. Karin TREICHLRegion Tirol, Vorarlberg, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie sowie Psychiatrie und Psychotherapie, niedergelassene Fachärztin und Konsiliarärztin, Oberärztin mit Leitung von Akut-, gerontopsychiatrischer und  forensischer Abteilung, Leitung der Qualitätssicherheitskommission, dann zuletzt 2009 – 2011 Primaria des Psychiatrischen Krankenhauses Hall in Tirol (dazwischen Abteilungsleitende Ärztin und stellvertretende ärztl. Direktorin im Westfälischen Zentrum für forensische Psychiatrie), Sachverständige für forensische Psychiatrie. Mehrfach Aufgaben der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen, Durchführung entsprechender Projekte, Zusatzausbildungen Medizinrecht und Forensik,, einschlägige Vortragstätigkeit, bisher Kommissionsmitglied.

Mag. Angelika VAUTI-SCHEUCHERRegion Steiermark, Kärnten; Geschäftsführerin der Instyria Kultur-Service GmbH, davor Leiterin des Afro-Asiatischen Instituts Graz, Mitglied des Menschenrechtsbeirates der Stadt Graz, vielfältige Gremientätigkeit im Bereich Interkulturalität, Integration und Antidiskriminierung, Projektleiterin z.B. des Multikultiballes an der Karl Franzens-Universität Graz, Lehrbeauftragte und Trainerin für Interkulturelles Lernen und Interkulturelles Management, mehrfache Auszeichnungen, insb. mit dem ersten Menschenrechtspreis des Landes Steiermark, bisher Kommissionsleiterin

Basis der Auswahl waren neben den im Gesetz vorgesehenen Qualifikationskriterien die persönliche und fachliche Eignung der Kandidatinnen und Kandidaten in Hinblick auf die Aufgabenstellung der Kommissionen, ihre Expertise in der Gesamtschau der Kommissionsleitungen, ihre zeitliche Verfügbarkeit, ihre Sprachkenntnisse, das Streben nach ausgewogener Vertretung der Geschlechter und das Streben nach angemessener Vertretung ethnischer Gruppen und Minderheiten.

3.       Kommissionen: Folterprävention durch Kontrollbesuche

Die Kommissionen sind zentraler Bestandteil der neuen NPM-Struktur, sie führen für die Volksanwaltschaft routinemäßig und flächendeckend bundesweit Kontrollbesuche durch. Die Kommissionen haben uneingeschränkten Zutritt zu allen Orten der Freiheitsentziehung sowie zu Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Bei Kontrollbesuchen müssen den Kommissionen alle relevanten Informationen zur Verfügung gestellt werden.

Die Expertinnen und Experten orientieren sich in ihrer Tätigkeit an von der Volksanwaltschaft vorgegebenen Prüfschwerpunkten. Bei Gefahr im Verzug können sie ebenfalls aktiv werden. Die Kommissionen berichten über ihre Besuche und Überprüfungen direkt an die Volksanwaltschaft und erstatten ihr Vorschläge für Missstandsfeststellungen und Empfehlungen und Anregungen von Maßnahmen der Dienstaufsicht. Kommt die Volksanwaltschaft Vorschlägen oder Empfehlungen der Kommissionen für Empfehlungen und Missstandsfeststellungen nicht nach, sind die Kommissionen berechtigt, den Berichten der Volksanwaltschaft Bemerkungen anzuschließen, die die Tätigkeit der jeweiligen Kommission betreffen.

Bundesweit werden insgesamt sechs Kommissionen mit mindestens 42 nebenberuflich tätigen Mitgliedern gebildet, die jeweils von einer auf dem Gebiet der Menschenrechte anerkannten Persönlichkeit geleitet werden. Die zwei Kommissionen für das Bundesland Wien und die Kommissionen für die Bundesländer Niederösterreich-Burgenland, Steiermark-Kärnten, Oberösterreich-Salzburg, Tirol-Vorarlberg werden von der Volksanwaltschaft gemäß internationalen Vorgaben unter Berücksichtigung der Geschlechterparität multiethnisch und multi-disziplinär zusammengesetzt. Kommissionsmitglieder arbeiten in Teams, in denen unterschiedliche Fachkenntnisse und Fähigkeiten zum Tragen kommen sollen.

Insgesamt haben sich rund 600 Personen für eine Tätigkeit in einer der Kommissionen beworben. Die entsprechenden Hearings werden ab Anfang Juni 2012 abgehalten, um eine fristgerechte Aufnahme der Tätigkeit am 1. Juli 2012 sicherzustellen.