Kinderbetreuungsgeld: Benachteiligung für Krisenpflegeeltern

14. August 2012

Nur wer mindestens zwei Monate lang Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hat, bekommt diese finanzielle Unterstützung auch tatsächlich ausbezahlt – so sieht die Situation zumindest laut gängiger Praxis des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend aus. Da dadurch mitunter auch Krisenpflegeeltern der Bezug dieser finanziellen Unterstützung verwehrt wird, hat das Kollegium der Volksanwaltschaft nun eine kollegiale Missstandsfeststellung ausgesprochen.

Anlass war die Beschwerde einer Flüchtlingsfamilie. Nachdem die Eheleute aus Syrien die Asylberechtigung erhalten hatten, beantragten sie Kinderbetreuungsgeld für ihren neugeborenen Sohn. Der Antrag wurde jedoch von der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse abgelehnt - obwohl alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt wurden. Als Grund für die Ablehnung gab die Krankenkasse an, dass der Familie das Kinderbetreuungsgeld nur für einen Zeitraum von sieben Wochen zustand, eine tatsächliche Auszahlung aber erst ab einem Bezugszeitraum von mindestens zwei Monaten erfolgt.

Diese „Zweimonatserfordernis“ zeigt auch Auswirkungen im Fall von Krisenpflegeeltern, die Kinder üblicherweise nur wenige Wochen betreuen. Seit Einführung des Kinderbetreuungsgeldes wurde dieses auch für nur wenige Tage an die Krisenpflegeeltern ausbezahlt. Seit 2010 ist das nicht mehr der Fall. Vor der Novellierung des Kindergeldbetreuungsgesetzes (KBGG) lag der Mindestbezug zwar noch bei drei Monaten, allerdings hat das Ministerium diese Regelung nie auf Krisenpflegeeltern angewandt, und das Geld trotzdem ausbezahlt. Seit der Novellierung steht das BMWFJ jedoch auf dem Standpunkt, dass eine solche Praxis nicht mehr möglich sei, und forderte daher bereits ausbezahlte Beträge zurück.

Die Volksanwaltschaft geht jedoch davon aus, dass sich der Gesetzestext lediglich auf den Fall eines Betreuungswechsels zwischen den beiden Elternteilen beziehe, um allzu kurze Anspruchszeiten zu verhindern. Die Mitglieder der Volksanwaltschaft sind jedenfalls davon überzeugt, dass der Gesetzestext nicht das Ziel hat, jene Menschen, die aus verschiedenen Gründen nur kurze Zeit Anspruch auf diese staatliche Unterstützung haben, vollkommen vom Bezug des Kinderbetreuungsgeldes auszuschließen. Dafür spricht nicht zuletzt die bisher gängige Verwaltungspraxis. Zudem ist es rechtlich äußerst bedenklich, ausbezahlte Gelder nur aufgrund einer geänderten Rechtsauffassung zurückzufordern, wie die Mitglieder der Volksanwaltschaft wissen ließen.

Daher erteilt die Volkanwaltschaft den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend die Empfehlung, das so genannte „Zweimonatserfordernis“ allein auf die Aufteilung des Kinderbetreuungsgeld zwischen den Elternteilen anzuwenden und damit auch jene Personen, die lediglich für einen kürzeren Zeitraum anspruchsberechtigt sind, in den Genuss dieser Hilfestellung kommen zu lassen. Zudem empfehlen Stoisits, Kostelka und Brinek, dass jene Rückforderungen die bereits an Krisenpflegeeltern ausgesprochen wurden, wieder zurückgenommen werden sollen.

Den genauen Wortlaut der kollegialen Missstandsfeststellung können Sie über den Downloadbereich herunterladen.