Volksanwaltschaft präsentiert Wien Bericht 2015

10. Juni 2016

Die Wiener suchen nach wie vor häufig die Hilfe der Volksanwaltschaft: Im Jahr 2015 wurden 1.157 Anfragen verzeichnet (2014: 1.176). In sechs Prozent der Prüffälle wurde Missstand in Verwaltung festgestellt. Die meisten Beschwerden bezogen sich auf die Jugendwohlfahrt und die Mindestsicherung.

Kritik übte Volksanwalt Peter Fichtenbauer vor allem an der langen Dauer von Staatsbürgerschaftsverfahren. Sogenannte Verleihungswerber für die Staatsbürgerschaft haben einen grundsätzlichen Anspruch, dass über ihren Antrag nach sechs Monaten entschieden wird. Die zuständige MA 35 missachte seit Jahren ihre Verpflichtung, Verfahren binnen angemessener Frist abzuschließen, so Fichtenbauer. "Es gibt Fälle, in denen Beamte im Laufe eines halben Jahres nicht einmal den Akt aufgemacht haben", kritisierte er. Schlüssige Erklärungen für die lange Verfahrensdauer gebe es vonseiten der MA 35 nicht.

Volksanwalt Günther Kräuter wies erneut auf die "Versorgungsdefizite" bei psychisch erkrankten Jugendlichen hin. Es sei "ein eklatanter Missstand", dass Kinder und Jugendliche immer wieder zu Aufenthalten in der Erwachsenenpsychiatrie gezwungen seien. Ebenso stellte Kräuter einen Missstand in der Verwaltung im Prüfverfahren Dr. Rainer-KAV fest. Im Detail kritisierte er die Vorgangsweise des KAV. Kräuter: "Die Personalakte enthält keine Feststellung, die negative Beurteilung rechtfertigen!" Der Volksanwalt fordert daher die Abschaffung der Identifizierungsklausel.

Volksanwältin Gertrude Brinek kritisierte die Haftbedingungen in der Justizanstalt Josefstadt. "Das vermehrte Aufgreifen von Schleppern wirkt sich auch auf die Justizanstalten aus", sagte Brinek: "Wir haben dort einen Überbelag und dadurch viel zu hohe Einschlusszeiten." Sie erwarte sich mehr Mittel für die Haftanstalten. Ebenso bemängelte die Volksanwältin die Vergabekriterien bei Wiener Wohnen. Brinek erachtet die Bevorzugung von Wienern als nicht EU-rechtskonform.

Einmal mehr forderte die Volksanwaltschaft eine Ausweitung ihrer Prüfkompetenzen, so wie sie der Rechnungshof besitzt. "Wir haben nach wie vor kein Mandat für eine Prüftätigkeit ausgegliederter Rechtsträger", kritisierte Fichtenbauer.