Versorgungsmangel in der Kinder- und Jugendpsychiatrie

15. Oktober 2016

An der Seite von Volksanwalt Günther Kräuter diskutierte der Patientenanwalt des Vertretungsnetzes, Mag. Bernhard Rappert, mit den Vertreterinnen des Gesundheitsministeriums, Dr. Silvia Türk und der Ärztekammer, Dr. Ulrike Schulz.

Der Bedarf an kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtungen steigt stetig. Jeder 16. Jugendliche leidet zumindest einmal an einer schweren Depression. Während bei Kindern Trennungsängste oder Essstörungen auftreten, sind Jugendliche häufig von teils schweren Persönlichkeitsstörungen betroffen. Mit einer Versorgungsdichte von 56 Betten bei gleichzeitigem Bedarf einer Mindestbettenanzahl von 128 Betten, herrscht in Wien besonders großer Mangel an kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtungen. 191 Kinder mussten allein im Jahr 2015 zwangsweise in der Erwachsenenpsychiatrie stationär untergebracht werden. Die Stadt Wien stellt eine längerfristige Aufstockung auf 95 Betten im stationären Bereich in Aussicht.

Eine kindgerechte und adäquate Betreuung ist für den Heilungsverlauf unerlässlich. Speziell geschultes Personal und die Unterbringung mit Gleichaltrigen bei stationärer Behandlung ist für den Behandlungserfolg unerlässlich. Die Konfrontation mit psychisch erkrankten Erwachsenen kann den Kindern nicht zugemutet werden und muss daher unbedingt vermieden werden.

Anlässlich eines amtswegigen Prüfungsverfahrens der Volksanwaltschaft hat das Gesundheitsministerium die Versorgung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie untersucht und die Kritik der Volksanwaltschaft bestätigt. Neben Mängeln im ambulanten und stationären Bereich sowie der Ausbildung, gibt es auch wesentliche Unterschiede in den Bundesländern. Während die Versorgung in Kärnten und Niederösterreich weitgehend sichergestellt ist, spricht Volksanwalt Kräuter von einem „eklatanten Versorgungsdefizit“ in der Steiermark, in der es etwa keine einzige Kassenstelle für einen Facharzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie gibt.

 

Nachgefragt: Sterben in Eisenerz

Nach dem Tod der Großmutter bemühte sich die Enkelin vergeblich, einen Arzt für die Totenbeschau zu erreichen. Keiner der zuständigen Ärzte war an jenem Freitagabend verfügbar. Die steiermärkische Landesregierung gab nach der Sendung die Entwicklung eines Konzepts zur besseren medizinischen Versorgung der beiden peripheren und strukturschwachen Regionen Mariazell und Eisenerz in Auftrag.

Volksanwalt Kräuter freut sich über das nun beginnende Pilotprojekt. Durch dieses Maßnahmenpaket soll 24 Stunden 7 Tage in der Woche ärztliche Hilfe verfügbar sein. Während der Wochentage ist die Erreichbarkeit durch niedergelassene Allgemeinmediziner, ergänzt durch diverse Fachärzte, gegeben. Am Wochenende ist die Erreichbarkeit durch verpflichtende Wochenendbereitschaftsdienste gewährleistet. Neu ist auch, dass von Montag bis Donnerstag 19.00 bis 7.00 Uhr bzw. Freitag ab 13.00 Uhr ein Telefon- sowie Visitenarzt verfügbar sein soll.