Klagen über zu wenig Aufenthalt im Freien reißen nicht ab – Justizanstalt Wien-Josefstadt

22. Mai 2015

„Die Justizanstalt Wien-Josefstadt wurde darauf hingewiesen, das Recht auf Aufenthalt im Freien möglichst uneingeschränkt zu gewähren. Die Nichtdurchführung des Aufenthaltes im Freien darf – nach Anweisung der Vollzugsdirektion – nur nach entsprechender Prüfung durch den Justizwachkommandanten bzw. eines Stellvertreters angeordnet werden. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird durch vermehrte Nachschau vor Ort überprüft“.

Dies teilte das Bundesministerium für Justiz der Volksanwaltschaft vor etwa einem Jahr mit, nachdem von Gefangenen wiederholt Kritik geübt wurde, dass in Österreichs größter Justizanstalt mit mehr als 1.100 Insassen das Recht auf den täglichen Aufenthalt im Freien nicht eingelöst werden kann.

Dieses Recht steht jedem Insassen zu, gleich ob er Untersuchungs- oder Strafgefangener ist. Er darf sich, wenn auch unter Aufsicht, täglich mindestens eine Stunde im Freien aufhalten, wenn es die Witterung nicht ausschließt.

Beobachtungen der Kommission

Das Wetter wird häufig als Vorwand genommen, die Zeit für den Aufenthalt an der frischen Luft zu kürzen oder überhaupt entfallen zu lassen. Während nach der Kommentarliteratur Witterungsverhältnisse, die einen Aufenthalt in Freien unmöglich machen, mit Hagel, schweren Regen, Schneefall oder Sturm sowie Gewitter umschrieben werden, heißt es in der Justizanstalt Wien-Josefstadt oft schon bei den ersten Regentropfen sofort wieder „hinauf“.

Statt einer vollen Stunde ist es oft nur die Hälfte. Beim letzten Besuch der Kommission berichteten zwei Häftlinge davon, dass die Spazierzeit durchschnittlich rund 35 bis 40 Minuten, niemals jedoch eine Stunde betrage. Einer gab an, täglich die Zeit zu stoppen.

Der wahre Grund für die viel zu kurze Dauer des Hofganges liegt freilich nicht daran, dass das Wetter in der Justizanstalt Wien-Josefstadt schlechter ist als sonstwo in Österreich, sondern an dem Personalmangel in Österreichs größter Justizanstalt. Dies wurde der Kommission gegenüber auch ganz offen im Abschlussgespräch eingeräumt.

Während das Gesetz sogar vorsieht, dass der Aufenthalt im Freien über die tägliche Stunde auszudehnen ist, wenn dies ohne Beeinträchtigung des übrigen Dienstes und der Ordnung in der Anstalt möglich ist, müssen die Insassen in der Justizanstalt Josefstadt regelmäßig mit weniger auskommen, als vom Gesetzgeber als Minimum vorgesehen ist.

Die Volksanwaltschaft stellt fest

Die Volksanwaltschaft kritisiert mit Nachdruck, dass es seit nunmehr eineinhalb Jahren regelmäßig Klagen darüber gibt, dass der Hofgang in der Justizanstalt Wien-Josefstadt nicht im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß konsumiert werden kann.

Für die Gesundheit der Insassen ist der tägliche Aufenthalt an der frischen Luft ebenso wichtig wie die Bewegung im Freien, die dem Stressabbau dient. Besonders leiden Untersuchungshäftlinge unter diesen Einschränkungen, die mit Ausnahme des Hofganges Tag und Nacht auf engstem Raum eingeschlossen sind.